Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 279 Liebfrauen 1637

Beschreibung

Grabplatte für den Dekan Christoph Wulff;1) an der Nordwand des Langhauses, sechstes Objekt von Osten, auf 13 cm hohem Steinsockel; Sandstein, gelblich; Verwitterung im unteren Teil, rechte obere Ecke ausgebrochen und beigeputzt; Relief, im Inneren in einer eingetieften sich nach oben hin verjüngenden Nische, ein bärtiger Kleriker frontal stehend, in Birett, Halskrause, eine Schaube als Talar und Albe gekleidet, in den Händen ein Buch; in den Zwickeln je zwei Vollwappen, am Rand einzeilig umlaufend eingehauen der Sterbevermerk (A), über den Wappen ein- oder zweizeilig eingehauen die Wappenbeischriften (B).

Maße: H. 200,5 cm, B. 112,5 cm, T. 27 cm, Bu. 4,5 cm (A), 2–2,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. A

    AN(N)Oa) 1637b) · DIE 16 MENSIS D[- - -]c) / [- - -] [RE]VERENDVS PRAENOBILIS AC EXIMIVS VIR DOMIN(VS)d) : CHRISTOPHORVSe) WVLFF / CANONI(CVS)f) : DECANVS ET SENI(OR)g) : HVI(VS) ECCL(ESI)AEh) : B(EATAE)i): M(ARIAE)j) : VIRGINIS / HALBERSTAD(ENSIS)k) : AETATIS SVAE 71 · CANONICA(TVS)l) : 53 · DECANA(TVS)m) 14 · SENIORAT(VS) · 6 · REQUIESCAT IN BONA PACE

  2. B

    D(ER)n) . // WULFFE // D(ER) . // WR.//AMPEN // [- - -] // D(ER) . V(ON) . /MAREN//HOLDT // D(ER) . V(ON) . / HORNHA/[V]SEN // D(ER) . V(ON) . SC[HIERST]EDT // D(ER) . V(ON) . GVSTED/Eo) // D(ER) . V(ON) /MEIEND//ORFFn)

Übersetzung:

A: Im Jahre 1637 am 16. Tag des Monats [- - -] [starb] der ehrwürdige, sehr vornehme und außerordentliche Mann, Herr Christoph Wulff, Stiftsherr, Dekan und Senior dieser Kirche der Heiligen Jungfrau Maria zu Halberstadt, seines Alters 71 [Jahre], im 53. Kanonikatsjahr, im 14. Dekanatsjahr, im 6. Senioratsjahr. Er ruhe in gutem Frieden.

Wappen:
Wulffen2)Wrampen3)
Barsewisch4)Mahrenholtz5)
Hornhausen6)Schierstedt7)
Gustedt8)Meiendorf9)

Kommentar

Die Schrift ist sehr klar gestaltet. Die Buchstaben stehen nahe beieinander, teilweise schon fast wie eine Scriptura continua. Etliche Nexus litterarum sind zu beaobachten. Die Serifen sind betont. A kommt ausschließlich spitz vor. Der Bogen des D ragt links ein wenig über den Schaft hinaus. Die seitlichen Schäfte des M sind bei verkürztem Mittelbalken gerade ausgeführt. Die Cauda des R verläuft geschwungen. X ist aus zwei gegenläufig gegeneinander gelehnten Bögen konstruiert. Schrift und Machart des Grabdenkmals gehören in einen Zusammenhang mit Nr. 285 und den Werkstatt H3 genannten Merkmalen der Grabplatten für die Militärs in DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 264, 265 und 267.

Die von Haber zitierte Inschrift kann wegen der Irrtümer darauf nicht die der Grabplatte sein. Vielleicht hat der Text zu einem anderen, 1625 entstandenen Gegenstand gehört. Wappen und Inschrift des Christoph von Wulff(en) sind auch auf der Taufe von 1614 zu sehen (vgl. Nr. 243). Er war im Jahr nach dem Tod seines Vorgängers Johann von Britzke im Jahr 1623 zum Dekan gewählt worden. Haber nennt ihn in seiner Liste der Dekane des Liebfrauenstiftes unter der Nr. 24 nach Georg von Britzke, der im Jahr 1622 gestorben war (Nr. 261 †).10) Wulff, Sohn eines gleichnamigen Vaters und dessen Frau Elisabeth von Hornhausen, war am 8. März 1567 geboren.11) Er hatte Schulen in Quedlinburg und Aschersleben besucht und die Universitäten in Frankfurt (Oder), Helmstedt, Marburg und Wittenberg bezogen. Er war Erbherr auf Neindorf und starb nach seiner Leichenpredigt, die von Pfarrer Magister Blasius Meisner stammt, am 16. Dezember 1637 im Alter von 70 Jahren und wurde am 10. Januar des Folgejahrs begraben.

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] CHRISTI fügt hinzu Haber.
  2. 1637] MDCXXV Haber.
  3. D[- - -] Vermutlich zu ergänzen zu DECEMBRIS.
  4. DOMINVS] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  5. CHRISTOPHORVS] CHRISTOPH Haber.
  6. CANONICVS] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  7. SENIOR] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  8. ECCLESIAE] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  9. BEATAE] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  10. MARIAE] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  11. HALBERSTADENSIS] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  12. CANONICATVS] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  13. DECANATVS] Durch nachfolgenden Doppelpunkt gekürzt.
  14. DER–MEIENDORFF] Sämtlich durch nachfolgenden Punkt gekürzt.
  15. GVSTEDE] Sämtliche Buchstaben beschädigt.

Anmerkungen

  1. BKD, S. 353 Nr. 24; Haber 1737, S. 27.
  2. Ein aus einem Busch springender Wolf, HZ: über Krone der Wolf wachsend; vgl. Siebmacher Pr, S. 71 mit Taf. 92, 460 mit Taf. 499.
  3. Drei aufrecht gestellte, zweizinkige Gabeln, HZ: zwischen Hörnern eine Gabel mit zwei Zinken; vgl. Siebmacher SaA, S. 191 mit Taf. 124; ebd. SaAE, S. 33 mit Taf. 26.
  4. Ein Fisch (Barsch) begleitet von drei Kleeblättern 2:1, HZ: fehlt; Siebmacher PrAE, S. 81 mit Taf. 101; ebd. BrA, S. 3 f. mit Taf. 1; ebd. PrE, S. 11 mit Taf. 7.
  5. Eine Rose; vgl. Siebmacher Pr, S. 254 mit Taf. 304; Siebmacher AhaA, S. 39 mit Taf. 22; ebd. BraA, S. 58 f. mit Taf. 34.
  6. Drei Widderhörner 2:1, HZ: über Krone Büffelhörner; Siebmacher SaA, S. 77 mit Taf. 48.
  7. Drei schräggestellte, aufwärtsfliegende Armbrustbolzen, HZ: vor belaubtem Baum ein schräggestellter Armbrustbolzen; Siebmacher Pr, S. 352 mit Taf. 405; ebd. PrA, S. 79 mit Taf. 58; ebd. Anh, S. 6 mit Taf. 7.
  8. Drei Kesselhaken, HZ: über Krone zwei Kesselhaken; Siebmacher Han, S. 21 mit Taf. 23; ebd. Pr, S. 155 mit Taf. 202.
  9. Quadriert, HZ: über Wulst sieben Pfauenfedern; Siebmacher SaA, S. 108 mit Taf. 70.
  10. Haber 1737, S. 27, die ebd., S. 17 zitierte vermeintliche Inschrift an dem Grabmal „bey dem Pfeiler, der die Orgel träget vor der Tauffe“, das er lange gesucht hatte und an dem er „das Wulffsche Wappen erblickt“ hatte, lautete demnach: CHRISTOPH WULFF; Decanus huj. Ecclesiae B. M. Virg. Halberstad. Anno Christi M DC XXV. Es ist anzunehmen, daß es sich dabei um die obige Inschrift gehandelt hat, die Haber nach der von ihm geschilderten Situation nicht exakt lesen konnte und er sich mit einer allgemeinen Kurzfassung, die obendrein noch fehlerhaft ist, begnügt hatte. Die von Haber angeführte Inschrift kommt demnach in der Edition des vorliegenden Bandes nicht vor.
  11. Vgl. Auswertung der Leichenpredigt im Katalog der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: http://dbs.hab.de/leichenpredigten/entrysearch.php?docID=12472: Meisner 1638.

Nachweise

  1. Haber 1737, S. 17 (A unvollständig und unkorrekt).

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 279 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0027900.