Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 167 Städtisches Museum 1580

Beschreibung

Inschriftenplatte; ohne Inv.-Nr. und Herkunftsangabe; ehemals im Turmknopf des südlichen Turms der Martinikirche;1) Blei; quadratische Platte von 330 g Gewicht2) mit den zeilenweise mittels Punzen eingeschlagenen oder geprägten Namen und Initialen mit der Jahresangabe (A), in der linken oberen Ecke die Initialen (B) und das seitenverkehrte Meisterzeichen des Hans Kramer, in der rechten oberen Ecke seine Marke mit den Initialen (C), die sich noch einmal in der rechten unteren Ecke am Ende der drittletzten Zeile findet (D).

Maße: H. 16, 2 cm, B. 15,8 cm, T. 0,2 cm, Bu. 0,6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. A

    : ANNO · 1 · 5 · 80a) · / ······ / · ANDREAS · FLIST · DER · HAVS = / · MAN · Mb) · HANS · MOSSEL · SCHE=/· VERDECKER · HEINRICH · DIDE=/·RICHS · SEIN · GESELLE · ILSEBE · / · OLRICHS · ANDREAS · FLIST · DESc) · / · HAVSMANS · SON · SEINE · KNECHTE / · GERT · RVST · FRANTZ · DAMMAN · / · VND · ANDREAS · PETERS · SEINE · / · IVNGEN · IOCHIM · LOTHMAN ····· / · VND · STEFFEN · BENDENd) : · / HANS · VON · DELITZSCHe) · ZINGIESSER / HANS · KRAMER : · H · K · D · Z · Sf) ·3)

  2. B

    H // K

  3. C

    H // K

  4. D

    H // K

Wappen:
Hans Kramer4)

Kommentar

Die Kapitalis war wohl mit Punzen oder Prägestempeln eingeschlagen worden. Deshalb wirken die Buchstaben hier und da ein wenig wackelig. Die Schaft-, Balken- und die meisten Bogenenden weisen Serifen auf. Besonders auffällig ist das kreisrunde O und das G, deren Stempel ein wenig größer waren als die der anderen Buchstaben. Ansonsten weisen die Buchstaben die üblichen Kapitalisformen auf. Als Worttrenner dienen Weintrauben und spitzblättrige Blüten bzw. sechszackige Sterne und als Endzeichen ein dreiblättriges Kleeblatt. Es wurden dieselben Stempel verwendet wie diejeingen, die für Nr. 166 und 179 benutzt wurden.

Es war üblich, die Auftraggeber und die Ausführenden von Reparaturen an städtischen Gebäuden auf Kupfer- oder Bleiplatten zu nennen. Hier stehen die Namen der ausführenden Handwerker und weiterer Beteiligter an der Neueindeckung dreier Seiten eines oder beider Kirchtürme, vielleicht auch des Daches des Kirchenschiffes der Stadtpfarrgemeinde St. Martini. Sie waren teilweise auch in der zweiten Bleiplatte aus dem Jahr 1580 genannt worden.5) Erwähnt werden die Schieferdecker (Dachdecker) unter dem Meister Hans Mossel, dem sein Geselle Heinrich Diderichs zur Hand gegangen war.6) Vermutlich waren die genannten Knechte Gert Rust, Frantz Damman und Andreas Peters die seinen. Gegen den Schluß der Reihe folgen dann die Lehrlinge (IVNGEN) Iochim Lohmann und Steffen Benden. Abschließend wird zunächst der Zinngießer Hans Kramer genannt, der das Material bereitzustellen hatte, zuerst nach seinem Herkunftsort Delitzsch in Sachsen bezeichnet und dann mit seinem vollen Namen verzeichnet.7) An der Spitze der Reihe steht Andreas Flist der Hausmann, der Turmwächter der Stadt, da die beiden Türme der Martinikirche als Wacht- und Feuertürme der Stadt dienten und somit als „Hausmannstürme“ bezeichnet wurden.8) Unter dem Namen Andreas Flis kommt er auch unter den Halberstädter Brauberechtigten vor, als er 1566 in der Schmiedestraße Lotbier braute und auch 1570 wieder aufgeführt ist.9) Ilsebe, mithin Elisabeth, Olrichs könnte die Ehefrau des Turmwächters gewesen sein, da anschließend an sie dessen gleichnamiger Sohn Andreas genannt wird.

Textkritischer Apparat

  1. 1580] Es folgt die Marke.
  2. M] Wohl für MEISTER.
  3. DES] Lesung nicht ganz sicher; es könnte auch nur DE heißen und folgend ein Kreis.
  4. BENDEN] Nach den Worttrennern folgt die Marke.
  5. DELITZSCH] Delitsch Siebrecht.
  6. HKDZS] Als letzter Worttrenner folgt ein dreiblättriges Kleeblatt.

Anmerkungen

  1. Siebrecht 1964, S. 229, es handelt sich um die so bezeichnete „Bleiplatte I“.
  2. Ebd.
  3. Vielleicht aufzulösen zu: HANS KRAMER [VON] DELITZSCH ZINGIESSER SCHRIEB (?).
  4. Vgl. Anhang Taf. 63 Nr. 27.
  5. Vgl. Nr. 166.
  6. Siebrecht 1964, S. 229 meint, daß die Heinrich Diderichs bezeichnende Inschrift und der Zusatz SEIN GESELLE nicht zusammengehörten, sondern daß dieser Zusatz sich auf den folgenden Namen Ilsabe Olrichs bezöge, was jedoch unwahrscheinlich ist, da es sich dabei um einen weiblichen Vornamen (Elisabeth) gehandelt hat. Außerdem sind die näheren Bezeichnungen im oberen Teil der Inschrift nachgestellt, wie die beiden ersten Namen zeigen. Erst mit der Nennung der Knechte beginnt eine umgekehrte Reihenfolge.
  7. Auch er war schon in der zweiten Platte aus dem Jahr 1580 erwähnt worden; vgl. ebd.
  8. Siebrecht 1964, S. 227. Zur Bezeichnung Hausmann als Wächter oder Beschließer eines Hauses siehe unter der mittelalterlichen Bezeichnung „husman“ unter der verstanden wurde „der burgwart der auf dem wartthurme wohnet und es geht der name auch auf den kirchthürmer in städten über“, Grimm Bd. 4,2, Sp. 682 f. Man denke auch an die heute noch so genannten „Hausmannstürme“ der Marktkirche in Halle, die dem Türmer vorbehalten waren.
  9. Bandau 1932, S. 25.

Nachweise

  1. Siebrecht 1964, S. 229.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 167 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0016708.