Inschriftenkatalog: Stadt Goslar

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 45: Stadt Goslar (1997)

Nr. 42 Kaiserpfalz 15. Jh.

Beschreibung

Zwei Ausfachungen mit farbiger Konturenmalerei in teilweise erhaltenen rahmenden Balken, auf einer Gipsschicht fixiert. Sie stammen aus dem „unter Verwendung spätgotischer Bauteile“1) 1648 ausgebauten Haus Worthstraße 8 (vgl. Nr. 170) und wurden bei Abbrucharbeiten nach einem Brand 1990 entdeckt, von den Wänden abgenommen, konserviert und restauriert2). Erhalten sind zwei Szenen, eine Darstellung des knienden Moses vor dem brennenden Dornbusch, in dem das Antlitz Gottes zu erkennen ist, mit den Spruchbändern A und B sowie eine Verkündigung des knienden Erzengels Gabriel an Maria mit den Spruchbändern C und D. Der Bildhintergrund wird durch Sterne ausgefüllt. Beide Ausfachungen sind beschädigt und durch den Brand nachgedunkelt; beim Abbruch des Hauses war erkennbar, daß ursprünglich der gesamte Raum, in dem sie gefunden wurden, ausgemalt war. Er lag im Obergeschoß des rechten Hausteils über einer alten Hofeinfahrt; die beiden Ausfachungen wurden von der im rechten Winkel zur Frontseite stehenden Innenwand abgenommen3).

Maße: H. ca. 155 cm, Br. ca. 185 cm, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Inschriftenkommission Göttingen [1/2]

  1. A

    [. . .]e deu[...] est tu [. . .]a)

  2. B

    salueb) calcia tua de pedeb(us) t[uis]4)

  3. C

    [a]ue gratia plena d(omi)n(u)s [te]cum5)

  4. D

    ecce ancilla d(omi)ni fiat m(ih)i s(e)c(un)d(u)m v(er)bu(m) tuu(m)6)

Übersetzung:

Löse deine Schuhe von deinen Füßen. (B)

Sei gegrüßt, Gnadenvolle, der Herr (ist) mit dir. (C)

Siehe, (ich bin) die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort. (D)

Kommentar

Die Auffassung von der Erfüllung des Alten Testaments durch das Neue führte in der mittelalterlichen Ikonographie zu einer typologischen Gegenüberstellung der beiden hier wiedergegebenen Szenen7).

Textkritischer Apparat

  1. Der ursprüngliche Wortlaut der Inschrift ist nicht mehr zu rekonstruieren.
  2. salue] Statt biblisch solve.

Anmerkungen

  1. Griep, Bürgerhaus, S. 175.
  2. Vgl. dazu die im Kulturamt der Stadt Goslar aufbewahrte Abschlußarbeit der Fachhochschule Hildesheim-Holzminden: Christel Chionye-Ejim, Barbara Schick, Konservierung/Restaurierung der notgeborgenen spätgotischen Wandmalerei I aus dem ehemaligen Haus Worthstr. 8 in Goslar, Ms. Hildesheim 1991. Ich danke Barbara Schick, München, sowie Christel Chionye-Ejim, Hildesheim, dafür, daß sie mir ihre Abschlußarbeit und weitere Informationen zur Verfügung gestellt haben. Für weitere Hinweise zu den Malereien danke ich Hans-Günther Griep, Goslar.
  3. Die nur noch fragmentarisch erhaltenen Wandmalereien III–V wurden beim Abbruch des Hauses nicht abgenommen.
  4. Ex. 3,5.
  5. Lc. 1,28.
  6. Lc. 1,38.
  7. Vgl. Art. ‘Dornbusch, brennender’ (Michael Quinton Smith), LCI 1, Sp. 510f.

Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 42 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0004207.