Inschriftenkatalog: Stadt Goslar

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 45: Stadt Goslar (1997)

Nr. 166 St. Annenhospital 1644, 1648, 1649

Beschreibung

Wappenscheiben, Glas, bemalt, mit Bleibändern, im südlichen und nördlichen Chorfenster und in einem Fenster der Galerie. Jeweils acht Scheiben der Chorfenster sind in zwei Bahnen angeordnet. In den beiden oberen Feldern des südlichen Fensters sind das Goslarer Wappen und eine Kreuzigungsdarstellung mit den beiden Beischriften A1 und A2 angebracht; diese Scheiben sind deutlich größer als die sechs darunter angeordneten Wappendarstellungen mit den Beischriften A3–A8. Das nördliche Chorfenster weist acht Wappenscheiben (B1–B8) auf. Vier weitere, teilweise nur als Fragmente erhaltene Wappenscheiben wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt in ein Fenster der Galerie an der Nordwand eingesetzt (C1–C4). Die Inschriften der Wappenscheiben in den drei Fenstern werden in der Reihenfolge von links nach rechts und oben nach unten wiedergegeben.

Maße: H. (einer Scheibe) ca. 43 cm, Br. ca. 24 cm, Bu. ca. 1,5–2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, mit Kursive (B4).

Julia Zech [1/9]

  1. A11649 / EINES ERBAREN RADES WAPEN1)
  2. A2IESVS NAZARENVS REX IVDE/ORVM / ANNO · 1649
  3. A3H · CHRISTOFF VON · VSLER2)
  4. A4HD / H · HAN[S DRONE]WVLFa)3)
  5. A5H HENNI SCHLVTER / F · B · L · Mb)4) ·
  6. A6[H · GEORG VON VSLER]a)2)
  7. A7H · LEVIN VON VSLER · S · Sc) / VORSTEHER2)
  8. A8

    H · HEINRICVS VOLCKMAR / VORSTEHER · AN(N)O · 16495)

  9. B11644 H · IOHAN · SCHÖNERMAd) / PASTOR 164[4]6)
  10. B2H · Be) · IOHANNE[S]f) BRVHNINCKg)7)
  11. B3H · HANS CRAMER · VON CLAVSBRVG8)
  12. B4H · IOHAN · WILHELM · HAGEN / Fr · Br · Lünbh) ALTER AMPTMAN
    ZVR HERTZBVRG9)
  13. B5H · ERNESTVS ANDREAS / SPIGELBERG10)
  14. B6Hi) · GEORG · IOHAN · VOLCK/MER5)
  15. B7H · PAVL SCHLVTERf) / F · B · L · Fj) · 16494)
  16. B8

    H · IOHAN · VON · VSLER IVRG · S · Sc)2) ·

  17. C1H · HENRICH CRAMER · VON / CLAVSBRVG · 16488)
  18. C2H · GEORG · [. . .]N / · S · S · SIMON[. . .]k)11)
  19. C3H · Be) · HENNI CRAMER · VON / CLAVSBRVG8)
  20. C4

    H · IOHANNES GRIMME / CANON(ICVS) MORI ET · S · PETRI 164912)

Übersetzung:

Jesus von Nazareth, König der Juden. (A2)

Kommentar

Die Vorsteher (A7, A8) waren mit der Leitung des Annenhospitals betraut. Zur Geschichte des Hospitals während des 17. Jahrhunderts ist wenig bekannt; offenbar florierte das Hospital dank einer geschickten Verwaltung. Im Jahr 1632 wurden zwei Stiftungen zugunsten des Hauses vorgenommen13). Christoph und Levin von Uslar schrieben sich 1610/11 zusammen mit ihrem Bruder Heinrich an der Universität Helmstedt ein14). Christoph erhielt 1625 das Bürgerrecht15). In einer Urkunde von 1652 wird er als Braunschweig-Lüneburgischer Forstschreiber bezeichnet16); er starb 1654 oder 1655. Hans Dronewulf erhielt 1633 das Bürgerrecht17), war seit 1648 Mitglied des Rats und starb 167318). Henni Schlüter war 1616 an der Universität Helmstedt immatrikuliert19). Er und seine Ehefrau Susanna Eckhardt erwarben 1626 das Bürgerrecht20); er wird als Münzmeister bezeichnet21). Georg von Uslar d. Ä. war von 1640 bis zu seinem Tod 1644 Ratsmitglied22). Eine weitere Person dieses Namens, die von 1607–1679 in Goslar lebte, war seit 1627 mit Sophie Henning verheiratet23). Levin von Uslar hatte in Helmstedt studiert und war seit 1632 Mitglied des Rats; er war mit einer Tochter des Hans Cramer von Clausbruch verheiratet24) und starb 167925). Heinrich Volckmar erwarb 1621 das Bürgerrecht26), war seit 1643 Ratsmitglied und von 1651 bis zu seinem Tod 1657 Bürgermeister27).

Johann Schönermark erwarb 1602 das Bürgerrecht28) und studierte an den Universitäten von Helmstedt und Wittenberg29). Von 1618 bis zu seinem Tod 1644 hatte er die erste Pfarrstelle an der Stephanikirche inne, vorher die zweite30). Am 23.9.1640 verheiratete er sich mit der Witwe Catharina Lafferdes31). Bei Hans und Heinrich Cramer von Clausbruch handelt es sich um Brüder des Bürgermeisters Henning Cramer von Clausbruch32). Der Bürgermeister und seine beiden Brüder wurden 1629 von Kaiser Ferdinand II. geadelt, ihr Name dabei mit dem Zusatz ‘von Clausbruch’ versehen33). Heinrich erwarb 1614 das Bürgerrecht; er starb nach 165934). Johann Wilhelm Hagen studierte in Helmstedt und Jena und erwarb 1650 das Bürgerrecht für sich und seinen Sohn aus erster Ehe, nachdem er bereits mehrere Jahre in Goslar ansässig gewesen war35). Seit 1664 ist er als Mitglied des Rats nachzuweisen; er starb 166836). Ernst Andreas Spiegelberg verheiratete sich am 17.11.1645 mit Maria Elisabeth Schlüter37), war seit 1649 Ratsmitglied und wurde am 1.6.1654 bestattet38). Georg Johann Volckmar studierte 1625/26 in Helmstedt39) und erwarb 1640 das Bürgerrecht40). Er wurde am 28.5.1643 mit Maria Schlüter getraut41) und war von 1645 bis zu seinem Tod 1659 Ratsmitglied42). Paul Schlüter erwarb 1631 das Bürgerrecht und starb nach 166243). Bei dem bereits genannten Henni Schlüter handelt es sich um seinen Bruder. Ihre Schwester Maria war mit Johann Georg Volckmar verheiratet, der Name ihres Vaters lautete Thomas Schlüter44). Johann von Uslar wird in den Bürgeraufnahmen von 1644–1660 mehrfach erwähnt45).

Henning Cramer von Clausbruch erwarb 1608 das Bürgerrecht46) und war von 1626–1646 Bürgermeister von Goslar47); er starb am 17.1.1646, möglicherweise durch eigene Hand48). Johannes Grimme war 1657 Ratsmitglied; er wurde am 23. August dieses Jahres bestattet49). Zu Johannes Brüning vgl. Nr. 167.

Textkritischer Apparat

  1. Ergänzungen hier und im folgenden nach Kdm. Stadt Goslar.
  2. ‘FÜRSTLICH BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURGISCHER’, letzter Buchstabe wohl ‘MÜNZMEISTER’.
  3. S · S] Wohl Kürzel für S(VB)S(ENIOR).
  4. Die Inschrift bricht aus Platzgründen ab, zu ergänzen ist SCHÖNERMA[RK] oder SCHÖNERMA[RCK].
  5. ‘Bürgermeister’.
  6. IOHANNE[S]] abschließendes S durch Bleifassung verdeckt.
  7. V mit zwei übergeschriebenen Punkten.
  8. ‘Fürstlich Braunschweig-Lüneburgischer’.
  9. H] In Kdm. Stadt Goslar wird M., also Magister, als Titel vor diesem Namen angegeben.
  10. Vgl. Anm. b; letzter Buchstabe wohl ‘FORSTSCHREIBER’.
  11. SIMON[...]] Möglicherweise zu ergänzen zu SIMON[IS ET IVDE].

Anmerkungen

  1. Wappen Stadt Goslar (Adler).
  2. Wappen Uslar (geteilt, oben leer, unten vierfach gespalten; Siebmacher/Hefner 2.2, Tf. 8; vgl. Bonhoff/Griep, Nr. 1775, 1778).
  3. Wappen Dronewulf (schreitender Bär; ebd., Nr. 402).
  4. Wappen Schlüter (gespalten, rechts drei Balken, links Schlüssel; ebd., Nr. 1534).
  5. Wappen Volckmar (gespalten, rechts Stiel mit drei Blüten, links halbe Lilie; ebd., Nr. 1814).
  6. Wappen Schönermark (Balken belegt mit zwei Hörnern, darunter M55; vgl. auch Bonhoff/Griep, Nr. 1544).
  7. Wappen Brüning (gespalten, rechts drei Balken, links halbe Lilie; ebd., Nr. 294).
  8. Wappen Cramer von Clausbruch (gespalten, rechts geteilt, darin steigender Löwe mit wechselnder Tinktur, links geteilt, darin Storch oder Kranich, beide Tiere einwärts gekehrt; Siebmacher/Hefner 2.2, Tf. 2; Bonhoff/Griep, Nr. 2109).
  9. Wappen Hagen (drei Hörner 2:1, dazwischen Leiste; Siebmacher/Hefner 2.9, Tf. 25; Bonhoff/Griep, Nr. 618).
  10. Wappen Spiegelberg (gespalten, rechts drei Balken, links Lilie; ebd., Nr. 1642).
  11. Wappen zerstört.
  12. Wappen (Grimme) zerstört; Zier: Mann mit Mütze (ebd., Nr. 586).
  13. Vgl. Hasselbring, u. a., Annenhaus, S. 14f; auch StA Goslar, Urkunde St. Annenhospital/St. Annenhaus Nr. 15–25 (1603–1685). Zur Gründung des Hospitals vgl. Nr. 37, zu seiner Entwicklung nach der Reformation vgl. Dreves, S. 109–116.
  14. Matrikel Helmstedt 1, S. 215 Nr. 113 u. 115 (1610/11). Studenten mit Namen Johann von Uslar sind nicht belegt; es finden sich ein Johann Christoph (Matrikel Helmstedt 2.1, S. 39 Nr. 43 [1644]; Matrikel Jena 1, S. 342 [1649b, 32]) und ein Johann Ernst von Uslar (Matrikel Helmstedt 2.1, S. 46 Nr. 33 [1646]).
  15. Goslarer Bürgerbuch 1, 1625/45. Vgl. auch ebd., 1626/55, 1628/54, 1654/91 u. 92.
  16. StA Goslar, Urkunde Domstift Nr. 828 (1652 Juni 23).
  17. Goslarer Bürgerbuch 1, 1633/51.
  18. Bonhoff, Bürgermeister, S. 4. Vgl. auch Goslarer Bürgerbuch 2, 1652/44, 1661/24, 1677/29.
  19. Matrikel Helmstedt 1, S. 250 Nr. 400 (1616).
  20. Goslarer Bürgerbuch 1, 1626/14 u. 33.
  21. StA Goslar, Der Schlüters Stamm, B 6039. Im gleichen Jahr ist eine weitere, wohl aus Neu Wallmoden zugezogene Person dieses Namens nachzuweisen (Goslarer Bürgerbuch 1, 1626/38, 1639/2).
  22. Bonhoff, Bürgermeister, S. 3. In den Urkunden der Stadt ist eine Person mit Namen Georg von Uslar für die Jahre 1609–1626 belegt; vgl. StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1362c (1609 Juni 24), Nr. 1394 (1619 Jan. 11), Urkunde Kistenamt Nr. 43 (1626 Apr. 9–15; dort als Vorsteher des städtischen Kistenamts bezeichnet).
  23. Vgl. Leichenpredigt Georg von Uslar (Exemplar Nds. SUB Göttingen, 4° N. I, Nr. 18); als Eltern dieses jüngeren Georg von Uslar werden Heinrich von Uslar und Anna Rusack angegeben.
  24. Uvo Hölscher, Henning Cramer von Clausbruch, Bürgermeister der Stadt Goslar 1626–1646, in: Zs. des Harzvereins 40, 1907, S. 1–52, hier S. 50.
  25. Ebd., S. 3. Ebd., S. 7, wird zutreffend 1679 als Todesjahr genannt (S. 6: „1670“). In einer Urkunde des Jahres 1676 wird er noch als Vorsteher des Annenhospitals bezeichnet (StA Goslar, Urkunde St. Annenhospital/St. Annenhaus Nr. 25 [1676 Juni 22]). Zu Levin von Uslar vgl. Goslarer Bürgerbuch 1, 1633/6; Goslarer Bürgerbuch 2, 1652/12, 1660/147, 1667/80, 1688/55.
  26. Goslarer Bürgerbuch 1, 1621/28. Vgl. auch ebd., 1627/58, 1639/37 (als Schichtmeister im Bergbau bezeichnet), 1642/44, 1643/2 u. 22, 1647/31; auch Goslarer Bürgerbuch 2, 1652/27 u. 34.
  27. Crusius, S. 324; Bonhoff, Bürgermeister, S. 3–5.
  28. Goslarer Bürgerbuch 1, 1602/35. Vgl. auch ebd., 1633/12, 1645/47.
  29. Matrikel Helmstedt 1, S. 116 Nr. 47 (1595/96); Matrikel Wittenberg 2, S. 476b (1601).
  30. Meyer, Pastoren 1, S. 342f.
  31. Kirchenbuchamt Goslar, Kirchenbuch St. Stephani, Getraute 1640, S. 85.
  32. Hölscher, Bürgermeister (wie Anm. 24), S. 50, 52.
  33. Siebmacher/Hefner 2.2, S. 4.
  34. Goslarer Bürgerbuch 1, 1614/47, auch genannt in 1628/47, 1640/44, 1641/33, 1644/46; Goslarer Bürgerbuch 2, 1659/81.
  35. Matrikel Jena 1, S. 136 (1612a, 169); Matrikel Helmstedt 1, S. 249 Nr. 295 (1616); Goslarer Bürgerbuch 2, 1650/1. Zu Johann Wilhelm Hagen vgl. auch Nr. 165.
  36. Bonhoff, Bürgermeister, S. 5f; Kirchenbuchamt Goslar, Kirchenbuch St. Thomas, Gestorbene 1668/9. Zu Johann Wilhelm Hagen vgl. auch StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1430 (1667 Aug. 9), Nr. 1431 (1667 Sept. 7). Nach ebd., Der Schlüters Stamm, B 6093, waren seine Eltern Hans Hagen und Margarete Zimer, sein Onkel Cosmus Hagen (vgl. A1 nach 1604).
  37. Kirchenbuchamt Goslar, Kirchenbuch St. Stephani, Getraute 1645, S. 90.
  38. Bonhoff, Bürgermeister, S. 4. Vermutlich handelt es sich bei dem älteren, in den Quellen genannten Ernst (Andreas) Spiegelberg um seinen Vater; vgl. Matrikel Helmstedt 1, S. 224 Nr. 9 (1612). In einer Urkunde von 1615 wird er als Bürgermeister bezeichnet (StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1376 [1615 April 13]). Nach Crusius, S. 270, 289, amtierte er von 1610–1618. Vgl. auch Goslarer Bürgerbuch 1, 1600/8, 1639/28; Goslarer Bürgerbuch 2, 1656/8.
  39. Matrikel Helmstedt 1, S. 312 Nr. 96 (1625/26).
  40. Goslarer Bürgerbuch 1, 1640/40 (Vorname nur Georg); vgl. auch Goslarer Bürgerbuch 2, 1653/71.
  41. Kirchenbuchamt Goslar, Kirchenbuch St. Stephani, Getraute 1643, S. 88.
  42. Bonhoff, Bürgermeister, S. 4.
  43. Goslarer Bürgerbuch 1, 1631/25, auch 1646/36; Goslarer Bürgerbuch 2, 1658/60, 1662/31.
  44. StA Goslar, Der Schlüters Stamm, B 6093.
  45. Goslarer Bürgerbuch 1, 1644/24; Goslarer Bürgerbuch 2, 1652/6, 1658/20, 1660/63.
  46. Goslarer Bürgerbuch 1, 1608/6, erwähnt auch 1617/16, 1623/21, 1633/50, 1634/6.
  47. Zu ihm und seiner Amtszeit vgl. Hölscher, Bürgermeister (wie Anm. 24), passim; Crusius, S. 308f, 330. Vgl. auch StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1411l (1631 Sept. 22), Nr. 1411l1 (1632 Jan. 25), Nr. 1412c (1637 Dez. 30), Nr. 1412g2 (1638 Dez. 15/25).
  48. Bonhoff, Bürgermeister, S. 3; zu seinem Tod Hölscher, Bürgermeister (wie Anm. 24), S. 52. Nach StA Goslar, Der Schlüters Stamm, B 6093, war Henning Cramer von Clausbruch mit Catharina Schlüter, verwitwete Boeckeman, verheiratet.
  49. Bonhoff, Bürgermeister, S. 5. Zu Johannes Grimme vgl. StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1404 (1621 Feb. 2).

Nachweise

  1. Kdm. Stadt Goslar, S. 211.

Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 166 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0016602.