Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 284† Kollegiatstiftsk. St. Andreas (abgegangen) 1537, 1572, 1573

Beschreibung

Gemälde-Epitaph für die Stiftskanoniker Joseph und Paul Geroltspeckh. Ursprünglicher Standort nicht bekannt, 1803 im kleinen Glockenhaus, danach in der ehem. bischöflichen Galerie im Marstall, 1812 oder 1813 angeblich als ein altes Holz verkauft worden1). Wohl Öl auf Holz. In der oberen Bildhälfte Doppelarkatur aus Hermenpilastern und Flachbögen, in den Zwickeln Maskarone; links Darstellung des Kalvarienberges, das Kreuz mit Titulus (I); rechts die Auferstehung. In der unteren Hälfte Szenen aus der Geschichte von Joseph und seinen Brüdern: Im Mittelpunkt die Befreiung Josephs aus dem Brunnen, links davon sein Verkauf an die Händler durch seine Brüder, rechts die Tötung des Böckleins; am Unterrand eine erklärende Schriftzeile (II); seitlich je ein Nischenpfeiler, darin die Figuren der Mondsichelmadonna (links) und des hl. Andreas (rechts). Unterhalb des zweiteiligen Bildfeldes ein weiterer, schmaler Abschnitt, darin eine querformatige Rollwerkkartusche mit zwei durch einen Hermenpilaster getrennten Schriftfeldern, beide mit Stifter- bzw. Gedenkinschriften (links III, rechts IV); links und rechts davon Darstellungen der beiden Verstorbenen als kniende Oranten im Chorrock, vor ihnen jeweils das tingierte Vollwappen.

Beschreibung und Text nach der Nachzeichnung in HVO Ms. 318.

  1. I.

    INRI

  2. II.

    Joseph ward von seinem Brüedern in ein Grueb geworffen, von wegen des Traums, nachmals verkauft den Madianiten umb 20 silberen Pfening. Gen(esis) 37. Cap(itel)

  3. III.

    Haec Josephe Geroldspecki, pauloq(ue) propinuoq(ue)a) / Guolfgang(us) Genitor, tristitia busta locat, / Qui celebris legum Doctor, Collega sacerdos, / Istiusb) aedis eras, paul(us) et ipse simul : /Hunc patris officio, vitae quoq(ue) munere functum, /Nati optant reliqui vivere in arce poli, /Haec igitur quicunq(ue) legis moriture viator /Funde preces : Horum sis memor : Atq(ue) valec). /Joseph(us) O(biit) An(no) M. D. LXXII. / Aetatis suae. XXXV. Die XI. Decemb(ris) / Pauld) : O(biit) An(no) M. D XXXVII. Aetatis / suae XXXXIII Die XXI Decembris

  4. IV.

    Gott zu Lob und Ehr hat der Ernvest Wolfgang Gerodt=/Speckhe) Burger alhie und Richter zu Neustiftf), seinem / Son Josepheng), Beeder Rechten Doctor, auch herrn Paulsen, / Seinem Vöttern Beeden Geroldtspeckhen und S: Andrae / Stifts, alda Corherrn, gewesen, diese figur machen lassen / Imh) .1573. Jar Er ist den 11 Decembris des 1572isten Jars / In Gott verschieden, seines Alters gewesti) 35 Jar darbej / Ihrer und aller Christglaubigen seelen gedacht werden / Solle Amenk).

Übersetzung:

Diese Grabmäler errichtete voller Trauer, dir, Joseph Geroltspeckh, dein Vater Wolfgang, wie auch Paul, dem Verwandten. Du warst ein berühmter Doktor der Rechte, ein Chorherr bei diesem Gotteshaus hier Stiftspriester, wie es auch Paul gewesen war. Ihm, der das Amt seines Vaters verwaltet und das Geschenk des Lebens genutzt hat, wünschen die zurückgebliebenen Kinder, daß er in der Himmelsburg lebe. Du zum Sterben bestimmter Wanderer, wer auch immer du sein magst und dies liest, sprich ein Gebet. Gedenke ihrer und lebe wohl. Joseph starb im Jahre 1572, seines Alters 35 Jahre, am 11. Tag des Dezember. Paul starb im Jahre 1537, seines Alters 43 Jahre, am 21. Tag des Dezember. (III)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Nach Gen 37,5-11.23f.28. (II)

Versmaß: Distichen. (III Hunc patris bis vale)

Wappen:
Geroltspeckh2).

Kommentar

Der Stifter dieses Epitaphs, Wolfgang Geroltspeckh, war der Vater des Joseph Geroltspeckh, der seit 1549 als Stiftskanoniker bei St. Andreas belegt ist3). Sein Vetter Paul, der eine Jahrtagsstiftung nach St. Andreas veranlaßte4), ist ab 1516 als Kanoniker des St. Andreasstifts und in den Jahren 1534 bis 1535 als dessen Dekan nachweisbar5).

Zu Wolfgang Geroltspeckh vgl. Nr. 281†.

Textkritischer Apparat

  1. BSB Oefeleana 10: propino.
  2. BSB Oefeleana 10: Huius.
  3. Nachfolgender Text zweispaltig: Joseph(us) bis Decemb(ris) und Paul bis Decembris.
  4. BSB Oefeleana 10: Paulus.
  5. Sic!
  6. BSB Oefeleana 10: Neuenstifft.
  7. BSB Oefeleana 10: seinen Sohn Josephum.
  8. BSB Oefeleana 10: Im a(nn)o.
  9. BSB Oefeleana 10: gewesten.
  10. Die letzte Zeile zentriert gesetzt.

Anmerkungen

  1. BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 175 prod. 1 p. 60 Nr. 538; Schlecht, Inventar 30 Nr. 538; s. die nachträgliche Anmerkung über der Nachzeichnung in HVO Ms. 318 fol. 89br.
  2. Bg6 67 (Tafel 70). Dort mit der Variante des Namens: Geroltzpeckh.
  3. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 347v, 361r; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 162 p. 55; AEM FS 118 p. 47: 1568; Prechtl, St. Andreas 114.
  4. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 163a fol. 2v, 13v, 27r, 30r.
  5. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 162 p. 58; AEM FS 118 p. 11, 38; Prechtl, St. Andreas 112, 114.

Nachweise

  1. BSB Oefeleana 10 IV p. 296f.; HVO Ms. 318 fol. 89br; Glaser, Grabsteinbuch 378 Nr. 213.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 284† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0028404.