Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 156 Domkreuzgang 1505

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Domdekan Johannes von Lamberg auf Amerang. Im Nordflügel im zehnten Joch an der Nordwand. Ursprünglich wohl ebenfalls im Kreuzgang nahe der Grabstätte1), seit 1716 am heutigen Standort. Erhaben gearbeitete Umschrift, nach innen gerichtet. Im Mittelfeld Rundbogenarkade mit Rankenwerk und Blumen, die stützenden Säulchen von Ranken umschlungen, unter der Arkade Darstellung des Verstorbenen im Chorgewand mit Almucia, auf dem Kopf ein Birett, die Hände zum Gebet gefaltet; hinter ihm ein auf einer Stange aufgehängter Brokatvorhang; in den Ecken der Platte die vierfache Ahnenprobe in kreisrunden Medaillons, die Schriftleisten unterbrechend. Die untere Schmalseite beschädigt.

Maße: H. 249 cm, B. 118 cm, Bu. 11 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno · domi(ni)a) · // Mo · Vo / <· vto · 16 · / · mayb) ·> / obijt · venerabil(is) · vir · d(omi)n(u)s · johannesa) · // de · lamberga) · // Decre(torum)c) · doc(tor) · decan(us) · h(uius) · ecc(les)ie · claus(us) · iste · tua(m) · exorat · m(isericord)iamd) · Chr(ist)ee)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1505 am 16. Mai starb der ehrwürdige Mann Herr Johannes von Lamberg, Doktor des Kirchenrechts, Dekan dieser Kirche. Eingeschlossen (in sein Grab), erbittet dieser dein Erbarmen, Christus.

Wappen:
Pottwein2) Lamberg3)
Unbekannt4)Hohenwart5)

Kommentar

Die Grabplatte wird allgemein Hans Beierlein dem Mittleren zugeschrieben6). Bestätigt wird die Zuweisung auch hinsichtlich der mit anderen Werken Beierleins übereinstimmenden Schriftformen, vgl. z. B. die Grabplatte des Sixtus von Tannberg (Nr. 143). Als ungewöhnlich erweist sich hier die platzmäßig knapp kalkulierte Schriftdisposition, die an der rechten Längsseite zu einer nachgetragenen zweizeiligen Tagesdatierung, an der linken Längsseite zu einer extremen Drängung führt; vgl. auch Einleitung CIIIf.

Johannes von Lamberg auf Amerang entstammte einem österreichischen Adelsgeschlecht. Sein Vater war Georg von Lamberg, seine Mutter Anna, geb. von Hohenwart7). Nach einem Aufenthalt in Rom 14738) erhielt er 1474 ein Kanonikat am Freisinger Domstift und wurde 1479 Domdekan9). Von 1479 bis 1500 ist er als Spitalmeister des Heilig-Geist-Spitals nachweisbar10).

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift von 1716, die voraussichtlich 2011 nach kopialer Überlieferung erneuert wird: IOAN(N)ES DE LAMBERG DECAN(VS) O(BIIT) / A(NN)O 1505. 16 MAIJ11).

Textkritischer Apparat

  1. Nachfolgende Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  2. · vto · 16 · über einer waagerechten Trennleiste, · may · darunter; dieser Textteil offenbar nachgetragen.
  3. Kürzungszeichen fehlt.
  4. Schluß-m aus drei länglichen übereinandergestellten Quadrangeln.
  5. Gekürzt durch xpe. Worttrennzeichen paragraphenförmig, ab iste aus Platzmangel in Form kleiner Vierecke.

Anmerkungen

  1. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris fol. 13v.
  2. Bay 15 (Tafel 8): hier die Felder 2/3; angeheiratetes Wappen, durch das Wappen der Lamberg überliefert.
  3. Bay 15 (Tafel 8): hier die Felder 1/4 (Stammwappen).
  4. Ein gekrönter, schreitender Löwe, aus Sympathie nach links gewendet. Möglicherweise handelt es sich um das Wappen der Familie Waldkirchen (so Frey), vgl. BayA3 128 (Tafel 86); hier abweichend keine Teilung.
  5. OÖ 134 (Tafel 39).
  6. Halm, Beierlein 51; Liedke, Hanns Peurlin 72f.
  7. Krick, Stammtafeln 190 Nr. 84.
  8. Schmidlin, Anima 141.
  9. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris ad fol. 7 p. 4, fol. 13v; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 606 Nr. 41.
  10. Prechtl, Heiliges Geistspital 7, 9.
  11. Vgl. AEM H 482a p. 477; BSB Cgm 1718 1 nach p. 217; AEM H 64 p. 601; AEM H 465 fol. 130r.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris fol. 13v; AEM H 64 p. 20; BayHStA HL Freising Nr. 648 p. 39 Nr. 42; AEM H 58 p. 53 (P, -); BSB Oefeleana 10 IV p. 118f.; BSB Cgm 1717 p. 443; AEM H 602 p. 150; AEM H 482a p. 457, 477; BSB Cgm 1718 p. 216f., 1 nach p. 217; AEM H 76 p. 318; HVO Ms. 318 fol. 63r; AEM H 477 p. 749; AEM H 61 p. 64; AEM H 465 fol. 129v, 130r; HVO Geissiana 454 p. 10 Nr. 76; HVF U XI 11 p. 9 Nr. 77; Schlecht, Inschriften V 20f. Nr. 31, Taf. XXVIII; Liedke, Hanns Peurlin 72f., 139; Glaser, Grabsteinbuch 346f. Nr. 131.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 156 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0015603.