Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 4† Benediktusk. E. 11. Jh./Anf. 12. Jh.

Beschreibung

Bauinschrift. Vor den Chorschranken. Zu unbekanntem Zeitpunkt – wohl im Zuge des Umbaus 1347 – abgegangen. Aussehen nicht bekannt.

Standort und Text nach BSB Clm 6427.

  1. P(r)ima fuit s(an)c(t)i sedes hic corbiniani.S(an)c(t)e theotoco fundata simul benedicto. Q(u)a(m) senio lapsa(m) reparau(it) denuo st(r)vcta(m) Pr(es)b(yte)r ad s(an)c(t)i d[e]c(us)a) engelschac benedicti.

Übersetzung:

Hier stand der erste Sitz des hl. Korbinian, begründet gleichermaßen für die hl. Gottesmutter und den hl. Benedikt. Nachdem er (der Sitz) durch Alter verfallen war, hat ihn der Pfarrer Engelschac zum Ruhme des hl. Benedikt von neuem aufgerichtet.

Versmaß: Hexameter mit leoninischem Reim.

Kommentar

Die ältere Forschung hatte als Standort des Textes zunächst die Freisinger Domkirche vermutet, dann aber aufgrund der im Text genannten Patrozinien eine Zuweisung an die Benediktuskirche vorgenommen1). Die Datierung ergibt sich aus der Entstehungszeit der maßgeblichen Kopiale, einem Freisinger Sakramentar aus der Zeit um 1100, das noch weitere Inschriften enthält, s. Nr. 3†/VI, 5†, 7†. Als Standort nennt der Kopist: An(te) choru(m) i(n) cancellis2).

Vermutlich entstand die Bauinschrift anläßlich einer Renovierung der Benediktuskirche durch den Domherrn Engelschac3), der laut Inschrift auch Priester der Benediktuskirche war. Dieser wird Mitte des 12. Jahrhunderts als canonicus et presbiter bezeichnet4) und bekleidete von 1098 bis 1129 das Amt des Domdekans5).

Die Inschrift erscheint ein weiteres Mal am Ende eines Reliquienverzeichnisses, das bald nach 1347 für den neuen Hochaltar der Benediktuskirche angelegt und im Zuge der Renovierung 1716 im Altarblock wiederentdeckt wurde6).

Textkritischer Apparat

  1. An dieser Stelle in der Kopiale eine Abschabung, ergänzt nach BayHStA Domkapitel Freising Urkunde Nr. 217, hier: decus Engelsalch.

Anmerkungen

  1. Riezler, Arbeo’s Vita Corbiniani 274. Später schloß er sich der Auffassung von Schlecht, Inschriften IV 88f., an, s. Riezler, Geschichte Baierns I,12 187.
  2. BSB Clm 6427 fol. 66v; vgl. Schlecht, Inschriften IV 88; Pörtner, Gedichte 334.
  3. Zu den unterschiedlichen Schreibweisen und Trägern des Namens s. Schlecht, Inschriften IV 88 Anm. 2 (dort Quellen und weitere Literaturangaben).
  4. Bitterauf, Traditionen II 309 Nr. 1456a, 470 Nr. 1639.
  5. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris ad fol. 7 p. 2 Nr. 9/10, fol. 8v Nr. 7, dort von Eckher ohne Nachweis dem schwäbischen Adelsgeschlecht von Königseck zugerechnet; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 605; Bitterauf, Traditionen II 345 Nr. 1503; Schlecht, Inschriften IV 88; Benker, Dom im ersten Jahrtausend 15.
  6. BayHStA Domkapitel Freising Urkunde Nr. 217; s. dazu ausführlich Schlecht, Inschriften IV 90f. Eine nach Maßgabe des Reliquienverzeichnisses vorgenommene, jedoch fehlerhafte Edition bei Bugniet, Versuch 68. Die Urkunde enthält außerdem eine wohl nicht ausgeführte Grabinschrift für den Stifter des Umbaus der Benediktuskirche, Otto von Maxlrain († 1347), s. dazu Anh. Nr. A3.

Nachweise

  1. BSB Clm 6427 fol. 66v; BayHStA Domkapitel Freising Urkunde Nr. 217; BSB Cgm 1724 p. 135; Bugniet, Versuch 68; Riezler, Arbeo’s Vita Corbiniani 274; Schlosser, Schriftquellen 159 Nr. 510,1; Schlecht, Inschriften IV 88 Nr. 1; Zanker, Benediktuskirche Nr. 2, 6; Pörtner, Gedichte 334.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 4† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0000406.