Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 316 Domkreuzgang 1584

Beschreibung

Epitaph für den Domdekan Christoph Gail. Im Ostflügel im dritten Joch an der Westand. Ursprünglich in der Benediktuskirche1), 1716 an den heutigen Standort versetzt, dabei die Ädikularahmung entfernt. Heller Kalkstein. Im Bildfeld unter einem Flachbogen, dessen Zwickel mit je einer Blüte gefüllt sind, rechts ein Kruzifixus mit Titulus (II), von einem Wolkenkranz umgeben; im Vordergrund links Darstellung des Verstorbenen kniend im Chorgewand mit Almucia, in den zum Gebet gefalteten Händen eine Gebetszählschnur (sog. Zehner); rechts unterhalb des Kreuzstamms sein Wappenschild; im Hintergrund idealisierte Stadtansicht von Jerusalem. Unter dem Bildfeld querrechteckige Tafel mit Rollwerkrahmen, darin die Grabinschrift (III). Das Epitaph ursprünglich mit einer heute verlorenen Ädikularahmung versehen2): Seitlich gesockelte Pilaster, flankiert von S-förmig geschwungenen Schleiern, oben kräftiges Gesims mit Segmentbogengiebel, im Giebelfeld kreisrunder Spiegel mit Jesus-Monogramm (I); unter der Schrifttafel geschweifter Unterhang, dazu Blüten unterhalb der Pilastersockel. Das Schriftfeld stark abgewittert, im Bildfeld wesentliche Teile des Corpus Christi fehlend, stark beschädigt sind der Kreuztitulus, Gesicht, Hände und Gebetszählschnur des Verstorbenen sowie die Randleiste an den Längsseiten.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

Maße: H. 101 cm, B. 58,5 cm, Bu. 1 cm (II), 1,5 cm (III).

Schriftart(en): Kapitalis.

I. Text nach HVO Ms. 318.

  1. IE(SV)Sa)

II.

  1. ·I·N·R·I·

III. Ergänzt nach HVO Ms. 318.

  1. R(EVEREN)DVSb). IN. C[HRISTO ET CLAR]ISSI(MVS) D(OMINVS) CHRISTOPHOR(VS)c) / G[AIL. S(ACRO) S(ANCTAE) TH(EOLO)G(I)AE L(ICENTIATVS) C]ATHEDRALIS EC(C)L(ES)IAE / F[RISINGENSIS DE]C[A]NVS H[IC SEPVL]TVS EST [C]VIVS / [ANIMA ET] O[MNIVM] FID[E]L[I]VM PIE D[EF]VNC=/[TORVM DEO VIVANT.] OBIIT XX. DECE(M)BR(IS) / [ANNO DOMI]NI MDLXXXIIII

Übersetzung:

Der in Christus hochwürdige und sehr berühmte Herr Christoph Gail, Lizentiat der allerheiligsten Theologie, Dekan der Freisinger Domkirche ist hier bestattet. Seine Seele und die aller fromm verstorbenen Gläubigen leben bei Gott. Er starb am 20. Dezember im Jahre des Herrn 1584.

 
Wappen:
Gail3).

Kommentar

Zu den Schriftformen s. Einleitung CXIV.

Christoph Gail stammte aus einer Bürgerfamilie in Dillingen. Nach einem Studium an der Universität seiner Heimatstadt 15514) wechselte er 1561 an die Universität Ingolstadt, promovierte noch im selben Jahr zum Magister Artium5) und erlangte 1566 das Baccalaureat der Theologie. Nachdem er 1574 ein Kanonikat am Freisinger Domstift erlangt hatte, immatrikulierte er sich 1575 erneut in Dillingen6), wurde 1578 Kapitular, außerdem im selben Jahr auf Veranlassung des päpstlichen Nuntius Felician Ninguardia Prodekan, 1580 schließlich Domdekan7). Bereits Eckher wies darauf hin, daß das auf dem Epitaph angegebene Todesdatum 20. Dezember 1584 irrig ist, da Gails Nachfolger Anton Welser (Nr. 387, 388) bereits im Juli 1584 das Kanonikat übernommen hat und von einer Resignation Gails nicht die Rede ist. Eckher nennt als Todesdatum den 20. Dezember 15838). In den Domkapitelsprotokollen wird dagegen angegeben, Gail sei am 26. Dezember 1583 im 83. Lebensjahr verstorben9).

Außer dem Epitaph gab es im Mittelschiff der Benediktuskirche noch eine Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit folgender Inschrift: Christoph(orus) Gail. D(octo)r Decan(us) ob(iit) M.D.LXXXIIII. XX. (Decem)bris10). Die Bodenplatte ging vermutlich erst bei der Neupflasterung von Kreuzgang und Benediktuskirche 1830 verloren.

Textkritischer Apparat

  1. Gekürzt: IHS.
  2. DVS. hochgestellt.
  3. VS-Kürzung auf dem Rahmen.

Anmerkungen

  1. AEM H 602 p. 156; AEM H 482a p. 302; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 607 Nr. 47.
  2. Die vor 1716 anzusetzende Bildvorlage der Nachzeichnung in HVO Ms. 318 fol. 79r stammt höchstwahrscheinlich aus dem verschollenen Eckherschen Grabsteinbuch, vgl. Einleitung LIV und LXXXVI; Götz, Grabdenkmäler 63f.; vgl. auch Nr. 165, 173, 181 – –, 215, 275, 312.
  3. Geteilt, oben ein sitzender Wolf, unten dreimal geteilt.
  4. Matrikel Dillingen I 5, 1551 Nr. 90.
  5. Matrikel LMU I Sp. 812 Z. 1, 29. Mai 1561.
  6. Matrikel Dillingen I 103, 1575 Nr. 163.
  7. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris ad fol. 7 p. 5, fol. 14r, Catalogus Canonicorum fol. 16r; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 607 Nr. 47.
  8. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 16r; dieses Datum von Geiss übernommen in HVO Geissiana 454 p. 15 Nr. 116.
  9. AEM DK 10, 5. Januar 1584.
  10. Vgl. AEM H 58 p. 60 (P); BSB Oefeleana 10 IV p. 209; AEM H 482a p. 302; BSB Cgm 1718 p. 124; AEM H 76 p. 297, 321. In Preys Domherrenkatalog ist die Inschrift der Bodenplatte in die Nachzeichnung des Epitaphs eingetragen, s. BSB Cgm 1717 p. 304.

Nachweise

  1. BSB Oefeleana 10 IV p. 117f.; BSB Cgm 1717 p. 304; AEM H 482a p. 302, 319; BSB Cgm 1718 p. 124, 2 nach p. 130; AEM H 602 p. 156; AEM H 76 p. 335; AEM H 465 fol. 77v, 84r; AEM H 64 p. 609; HVO Ms. 318 fol. 79r; AEM H 477 p. 760; AEM H 61 p. 66; AEM H 58 p. 60 (-); HVF U XI 11 p. 17 Nr. 121; Schlecht, Inschriften III 75 Nr. 42; Glaser, Grabsteinbuch 366 Nr. 184.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 316 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0031607.