Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 215 Domkreuzgang (1542)

Beschreibung

Epitaph für den Domherrn Johannes Freyberger. Im Südflügel im achten Joch an der Nordwand. Heller Kalkstein. Ursprünglicher Standort nicht bekannt, 1716 an den heutigen Standort versetzt, dabei schwer beschädigt und einige Teile zerstört. Rundbogennische mit Muschelkalotte zwischen gesockelten Säulen; an den Postamenten je eine stilisierte Blüte im quadratischen Feld, die Säulenbasen in Form von Blattkelchen, darüber Maskarone, die Säulenschäfte kannelliert und sich stark verjüngend, die Kapitelle aus Blattwerk und spitz auslaufenden Zapfen gebildet; in der Nische figurale Darstellung des hl. Hieronymus, unter seinem rechten Arm ein Buch, in der Hand einen Kruzifixus, über die linke Schulter den Wanderstab, an diesem der Kardinalshut hängend. Unter der Nische schräg nach hinten kippender Sockelbereich mit der Gedenkinschrift, flankiert von zwei Wappen. Das Denkmal ursprünglich von einem halbkreisförmigen Giebel bekrönt, darin ein Medaillon mit Totenschädel und flankierenden Füllhörnern, denen ein menschlicher Kopf entwächst; ebenso fehlen unter der Sockelzone zwei volutenartig gegengerollte Bänder, die auf ein mittig angebrachtes Blattbüschel zulaufen1). Durch mehrere Plattenbrüche starke Schäden im Bereich der Säulen und bei der Figur des hl. Hieronymus, dort Verlust von Teilen des Gesichts, der Beine und des Kruzifixus.

Maße: H. 90 cm, B. 56 cm, Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/2]

  1. VALETE M(E)Ia) FRATRES ETb) COGITATE / VOS = IAM ESSE MORTVOSc) CVM / SITIS DE NECESSITATEd) MORITVRIe) · / QVIAf) MORSe) NEMINI PARCIT · ECCE / NVNC IN PVLVERE S(VM) ETb) DEO LAVSg) SIT

Übersetzung:

Lebt wohl, meine Brüder, und denkt, daß ihr schon tot seid. Ihr müßt doch mit Notwendigkeit sterben, weil der Tod niemanden verschont. Siehe, nun bin ich im Staub, und Gott sei Lob.

Wappen:
Freyberger2), Posch3).

Kommentar

Zu den Schriftformen s. Einleitung CXII.

Das Denkmal, das aufgrund der beiden Wappenbilder dem Freisinger Domherrn Johannes Freyberger zuzuordnen ist, wird neuerdings stärker in den Umkreis des Augsburger Meisters Victor Kayser gerückt4), nachdem es früher der Augsburger Schule um Adolf Daucher zugerechnet worden war5).

Johannes Freyberger von Geisenhausen stammte aus Vohburg und war der Sohn des Matthäus Freyberger und seiner Frau Margareth, geb. Posch6). 1479 immatrikulierte er sich an der Universität Ingolstadt7) und wurde zum Lizentiaten des Kirchenrechts promoviert. Nachdem er spätestens 1496 ein Kanonikat am Domstift Regensburg erlangt hatte8), wurde er 1510 durch päpstliche Empfehlung auch Freisinger Domherr und rückte 1515 zum Kapitular auf9). Daneben ist er 1503 als Pfarrer von Sulzbach, 1508 als Pfarrer von Vohburg belegt10). Später wirkte er auch als Domprediger in Passau und als Pfarrer und Dekan von St. Martin in Landshut11). 1520 gab er erstmals eine Beschreibung der Vita des hl. Korbinian unter dem Titel Origo christiane religionis ecclesie Frisingensis in Druck. Im gleichen Jahr erschien von ihm die erste gedruckte Freisinger Bistumsgeschichte Cronica Episcoporum Frisingensis ecclesie12). Laut Jahrtagsverzeichnis des Freisinger Doms starb er am 11. Januar 1542 und wurde in der Vohburger Pfarrkirche begraben13). An der inneren Südwand der Kirche ist seine Grabplatte eingemauert14). Außerdem gab es in der Pfarrkirche zu Vohburg ein Gemäldeepitaph, das Freyberger als knienden Oranten darstellte, die Inschrift dazu lautete: Johann Freyberger seinerzeit Pfarrer zu Vohburg, und Daimherr [sic] zu Freysing, A(nn)o 153615).

Textkritischer Apparat

  1. Auflösung bei BSB Oefeleana 10: M(OESTISSIM)I.
  2. Schaft des verkleinerten T vom Mittelbalken des E mittig abgehend.
  3. OS-Enklave.
  4. CE-Enklave.
  5. Verkleinertes O unter den Schrägschäften des M, zugleich MR-Ligatur.
  6. Verkleinertes I im V.
  7. Verkleinertes A über dem Balken des L, verkleinertes S im V.

Anmerkungen

  1. Die vor 1716 anzusetzende Bildvorlage der Nachzeichnung in HVO Ms. 318 fol. 68r stammt höchstwahrscheinlich aus dem verschollenen Eckherschen Grabsteinbuch, vgl. Einleitung LIV und LXXXVI; Götz, Grabdenkmäler 63f.; vgl. Nr. 165, 173(†), 181, 183, 275, 312, 316.
  2. BayA1 138 (Tafel 143).
  3. BayA1 117 (Tafel 119).
  4. Dehio Obb 313; Schlecht, Inschriften III 81f., kennt den Wappenträger nicht, vermutet aber ebenfalls, daß eine Augsburger Werkstatt den Stein angefertigt hat.
  5. Lill/Abele, Dom 56.
  6. Birkner, Kontroverse Nr. 1, 2f. bzw. 8 (Sonderdr.); Prechtl, Wohlthätigkeitsanstalten 93; Geisenhausen, Lkr. Landshut, NB.
  7. Matrikel LMU I Sp. 87 Z. 14, 12. März 1479.
  8. Birkner, Kontroverse Nr. 1, 3 bzw. 8f. (Sonderdr.).
  9. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 13r; Prechtl, Wohlthätigkeitsanstalten 93.
  10. Birkner, Kontroverse Nr. 1, 3 bzw. 9f. (Sonderdr.); Sulzbach, Gde. Donaustauf, Lkr. Regensburg, Opf.; Vohburg a. d. Donau, Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm.
  11. Birkner, Kontroverse Nr. 1, 3 bzw. 10 (Sonderdr.).
  12. Der Druck wurde in beiden Fällen von Johannes Weyssenburger in Landshut ausgeführt, s. Benker, Dombibliothek 417f. Nr. VI.12.
  13. BayHStA HL Freising Nr. 573; öfters auch das Datum 8. Oktober 1541, so bei Bauer, Freyberger 4; Birkner, Kontroverse Nr. 1, 4 bzw. 12 (Kontroverse); dagegen bei Boegl der 11. Juni 1542, s. AEM Nachlaß Boegl Nr. 34 (Domherren 4); in AEM H 61 p. 219 das völlig irrige Datum 24. Februar 1641.
  14. Kdm Obb I 142; Bauer, Freyberger 4.
  15. Die Inschrift nach Prey in BSB Cgm 2290 X fol. 392v.

Nachweise

  1. BSB Oefeleana 10 IV p. 6f.; BSB Cgm 2290 X fol. 392v; BSB Cgm 2291 V fol. 324r; AEM H 482a p. 1095; BSB Cgm 1718 2 nach p. 564; AEM H 76 p. 334; HVO Ms. 318 fol. 72r; AEM H 477 p. 753; AEM H 58 p. 55 (H); AEM H 61 p. 64, 219; AEM H 465 fol. 290v; Schlecht, Inschriften III 81f. Nr. 51; Glaser, Grabsteinbuch 356 Nr. 158.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 215 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0021503.