Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 178 Domberg 27 (ehem. fürstbischöfliche Residenz) 1519

Beschreibung

Tafel mit Bauinschrift. Im Innenhof an der Außenwand des nördlichen Arkadengangs. Adneter Kalkstein. Querformatige, am Rand profilierte Platte; in der oberen Hälfte zwischen vertieften Trennlinien die vierzeilige Inschrift (I); in der unteren Hälfte links und rechts je ein kleiner Engel als Wappenhalter; dazwischen ein breiter querformatiger Rahmen mit allseits paarweise gegengerolltem Blattwerk, im Binnenfeld die Baudatierung (II). Kleinere Ausbrüche über die gesamte Oberfläche.

Maße: H. 87 cm, B. 144 cm, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    PHILIPPSa) , BISCHOVE , ZVb) , FREYSINGc) / ADMINISTRATOR ZVb) , NVMBVRG , PFALCZGRAVEd) / BEY , REIN , HERCZOGe) , IN BEYRN : HAT DISEN / PAW , VON , GRVND , AVFGEFVERTf) . VNDg) VERBRACHTh)

  2. II.

    ANNO D(OMI)NI M D XIXi)

Wappen:
Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, Bischof von Freising1), Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, Bischof von Naumburg2).

Kommentar

Zu den Schriftformen s. Einleitung CXI.

Die Zuschreibung der Tafel an den Landshuter Bildhauer Stephan Rottaler3) wird durch einen Vermerk in den Rechnungen des Hofkastenamtes bestätigt: Der marmlstain mit der schrift in der prustmaur des gangs im schloss ist erste a(nn)o 1520 durch Steffan Rottaler gesetzt4). Daraus geht auch hervor, daß die Tafel im Jahr 1520 an dem ihr zugedachten Standort im Innenhof eingemauert wurde.

Die Bauinschrift ist die einzige der noch erhaltenen Inschriften, die von Stephan Rottaler und seiner Werkstätte in Kapitalis ausgeführt wurden. Lediglich auf dem Altarretabel, das der Kanoniker Kaspar Marolt stiftete (Nr. 165), haben sich noch kleinere Beischriften in Kapitalis erhalten.

Auf Veranlassung von Bischof Philipp, Pfalzgraf bei Rhein (Nr. 210), wurde auf dem Domberg anstelle eines in das 14. Jahrhundert zurückreichenden Baubestandes ab 1518 die fürstbischöfliche Kanzlei neu errichtet. Der Auftrag ging an den Münchner Baumeister Wolfgang Rottaler. Es entstand eine dreigeschossige Anlage, deren vier Flügel einen Innenhof umschließen. Dem Nord- und Ostflügel wurden zweigeschoßige Arkaden vorgelagert, die besonders wegen ihrer reich gegliederten Stützen bemerkenswert sind. Aufgrund einzelner Details (kleine Täfelchen, eine geflügelte Kugel, die von einem Pfeil durchbohrt wird), die ebenfalls Verwendung auf einigen Grabplatten und Epitaphien im Domkreuzgang fanden (vgl. Nr. 165, 169, 171, 184), wird die Gestaltung der Säulen und Pfeiler dem Landshuter Bildhauer Stephan Rottaler zugewiesen.

Das Datum in der Inschrift liefert einen Hinweis für die Baugeschichte der Anlage: So müssen 1519 bereits wesentliche Teile der Anlage ausgeführt worden sein, nachdem es in den Rechnungen erste Hinweise auf einen Baubeginn für das Jahr 1518 gibt5). Da die Tafel erst 1520 eingemauert wurde, ist zu vermuten, daß die Arkadengänge 1519 noch nicht fertiggestellt waren.

Textkritischer Apparat

  1. Zeichen zu Beginn des Textes in Form einer Blattranke. P-Versal vergrößert, PP-Verschränkung.
  2. Z spiegelverkehrt.
  3. Die erste Zeile zentriert gesetzt.
  4. Z spiegelverkehrt, LC-Verschränkung, RA-Verschränkung.
  5. Z spiegelverkehrt, OG-Verschränkung.
  6. GE-Enklave.
  7. VN-Verschränkung.
  8. RA-Verschränkung; Worttrennzeichen auf der Grundlinie.
  9. Zu Textbeginn und -ende kleine geschwungene Blättchen.

Anmerkungen

  1. Quadriert, 1/4. Pfalz-Bayern (Souv1 15, Tafel 18; Volkert, Wappen der Wittelsbacher 16f., Tafel 1 Nr. 8), 2/3. Bistum Freising (Bi 46, Tafel 76); vgl. Bi 38 (Tafel 66).
  2. Quadriert, 1/4. Bistum Naumburg (Bi 37, Tafel 65), 2/3. Pfalz-Bayern (Souv1 15, Tafel 18; Volkert, Wappen der Wittelsbacher 16f., Tafel 1 Nr. 8); vgl. Bi 38 (Tafel 66).
  3. Liedke, Rottaler 61 (mit älterer Literatur und zahlreichen Hinweisen auf Rechnungsbelege zum Bau der Kanzlei).
  4. BayHStA HL 3 Rep. 53 Fasz. 52 Nr. 37 fol. 16r.
  5. BayHStA HL 3 Rep. 53 Fasz. 52 Nr. 30 fol. 8v.

Nachweise

  1. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 312; AEM H 179 p. 324; HVO Geissiana 202; Baur, Freisinger Bischöfe 61; Prechtl, Oeffentliche Denkmäler 60; Birkner, Denkmäler 3; Alckens, Freising 64; Liedke, Rottaler 61, 351f.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 178 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0017803.