Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 157 Domkreuzgang 1517/um 1500–1507

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Stiftspropst Markus Hörlin. Im Nordflügel im achten Joch an der Nordwand. Ursprünglich wohl ebenfalls im Nordflügel, seit 1716 am heutigen Standort. Adneter Kalkstein. Erhaben gearbeitete Umschrift1), nach innen gerichtet. Im Mittelfeld unter einer aus Ästen gebildeten Kleeblattarkade, deren Zwickel mit Blattwerk gefüllt sind, Darstellung des Verstorbenen im Chorgewand mit Almucia, auf dem Kopf ein Birett, die Hände zum Gebet gefaltet. Das untere Schriftband durch Wappenmedaillons in den Ecken unterbrochen.

Maße: H. 223 cm, B. 112 cm, Bu. 10,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. · venerabilis · vir · d(omi)n(u)s · / marcus · hörle · V(triusque) I(uris) · licenciatus · Canonic(us)a) // fris(ingensis) · ac · p(re)po(si)t(us)b) // · S · andree · moritur · A(nn)o · Mo · dc) · 〈17o die xv m(ensis) octob(ris)d)

Übersetzung:

Der ehrwürdige Mann Herr Markus Hörlin, Lizentiat beider Rechte, Freisinger Kanoniker und Propst von St. Andreas, starb im Jahr 1517 am 15. Tag des Monats Oktober.

Wappen:
Hörlin2), Unbekannt3).

Kommentar

Die von Volker Liedke vorgenommene Zuschreibung der Platte an den Augsburger Bildhauer Hans Beierlein den Mittleren4) wird durch die Schriftanalyse bestätigt. Charakteristisches Merkmal für den Spätstil Beierleins ist das Schluß-s, das im Mittelteil nicht mehr gebrochen wird; vgl. auch Einleitung CIV. Da Beierlein bereits 1507 starb und sich das Todesdatum am Ende der linken Schriftleiste anhand mehrerer Merkmale als nachgetragen erweist, dürfte die Ausführung der Grabplatte schon bald nach 1500 erfolgt sein.

Markus Hörlin entstammte einer Augsburger Patrizierfamilie. Seine Eltern waren Ludwig Hörlin und eine geb. Erdwein5). 1464 und 1467 studierte er in Bologna6), wurde 1474 Freisinger Domherr und 1483 Domkapitular7). 1485 bis um 1491 war er Propst des Kollegiatstifts St. Veit8), ab 1480 Chorherr und von 1491 bis zu seinem Tode 1517 Propst des Kollegiatstifts St. Andreas9). 1500 und 1502 erscheint er als Regent zu Waidhofen a. d. Ybbs10). Von ihm wurden Meßstiftungen nach St. Andreas11) und an die Domkirche12) veranlaßt.

Von Markus Hörlin hat sich auch dessen Epitaph erhalten, s. Nr. 173.

Sein Bruder Matthäus Hörlin liegt ebenfalls im Kreuzgang begraben, s. Nr. 203.

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift von 1716, die voraussichtlich 2011 nach kopialer Überlieferung erneuert wird: MARCVS HOERLE CANONICVS / O(BIIT) A(NN)O 1517.13).

Preys Nachzeichnung der figuralen Grabplatte weist irrtümlich die Grabinschrift für Matthäus Hörlin (Nr. 203) auf14).

Textkritischer Apparat

  1. Nachfolgend Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  2. t(us) hochgestellt; nachfolgend Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  3. Worttrennzeichen quadrangelförmig.
  4. Nachtrag in Scriptura continua.

Anmerkungen

  1. Eine Kurzfassung der Inschrift in HVO Geissiana 454 p. 11 Nr. 84.
  2. BayA1 76 (Tafel 75).
  3. Ein springender Ziegenbock, eine Weinrebe im Maul tragend.
  4. Liedke, Hanns Peurlin 70 (mit vergleichbaren signierten Werken aus Augsburg, Eichstätt, Landshut und Roggenburg).
  5. Augsburger Eliten 316.
  6. Knod, Studenten 216 Nr. 1536.
  7. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 18r.
  8. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Viti Frisingae fol. 24r; AEM FS 118 p. 105: 1483; Prechtl, St. Veit 102; Scherg, Bavarica 93 Nr. 689.
  9. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Andreae Frisingae fol. 20r; AEM FS 118 p. 5: 1486; Prechtl, St. Andreas 81; Schlecht, Inschriften V 16f. In BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 162 p. 33 wird Markus Hörlin erst 1491 als Propst aufgeführt.
  10. Friess, Waidhofen 120 Nr. 74; Waidhofen an der Ybbs, Niederösterreich, Österreich.
  11. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 163a fol. 16r; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 364r; AEM H 484 p. 387 Nr. 11.
  12. BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 28; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 16r, 28r; BayHStA HL Freising Nr. 573.
  13. Vgl. BSB Oefeleana 10 IV p. 122; AEM H 482a p. 402; BSB Cgm 1718 1 vor p. 178; AEM H 64 p. 602; AEM H 465 fol. 106v.
  14. BSB Cgm 1717 p. 347, dazu die Anmerkung Preys in der r. Sp.: NB Ist ain feller, solle des Marci hörlin grabschrifft, die also ist – – –, diese ist jedoch nicht ergänzt; vgl. Koschade/Feuchtner, Frey 79 Anm. 24.

Nachweise

  1. BSB Oefeleana 10 IV p. 122f.; AEM H 76 p. 318; AEM H 482a p. 402, 404; BSB Cgm 1718 1 vor p. 178 179; HVO Ms. 318 fol. 66r; AEM H 477 p. 751; AEM H 61 p. 204; AEM H 465 fol. 106v, 107r; HVF U XI 11 p. 10 Nr. 85; Schlecht, Inschriften V 16f. Nr. 24; Knod, Studenten 216 Nr. 1536; Liedke, Hanns Peurlin 70, 139, Abb. 59; Glaser, Grabsteinbuch 349 Nr. 139.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 157 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0015701.