Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 105† Dom 1533

Beschreibung

Epitaph für die Pröpstin Agnes von Beichlingen. Bronze, graviert. Die Tafel wurde 1947 aus der Krypta gestohlen.1) Material, Gestaltung und Inschrift des Epitaphs sind durch die Beschreibungen in den „Kunstdenkmälern der Stadt Essen“ und von Franz Goebel überliefert.2) Die in einen Holzrahmen gefasste Platte bestand aus zwei Teilen, in der Mitte befand sich „in gothischer Umrahmung das prächtig gezeichnete Allianzwappen der Beichlingen und Mannsfeld (!), in den vier Ecken Vierpässe mit weiteren Wappen“ als Ahnenprobe.3) Die Inschrift (Sterbevermerk und Fürbitte) und die Wappen waren wohl erhaben, in den Kunstdenkmälern ist vom „ausgehobenen Grunde“ der Platte die Rede.

Nach KDM Essen.

Maße: H. 115 cm; B. 83 cm.4)

  1. In dem jair unsers heren duisent vyffhundert und dreindderttich op des hilligen sacramentsdach, den twelfften dach des maindts juni, ist gestorven die edell und wailgeboren Agnes graeffin zu Bichlingen, des vryen werltlichen stiffts Essen praestinne, welcher siele Gott almechtich in dem frede will laiten rasten

 
Wappen im Mittelfeld:
Allianzwappen Beichlingen-Mansfeld.
 
Wappen in den Ecken:
[unbekannt].5

Kommentar

Die Inschrift ist in Niederdeutsch mit einigen hochdeutschen Elementen abgefasst. Zu den niederdeutschen Merkmalen gehört beispielsweise die Verwendung von uy statt hochdeutsch au in duysent und i statt hochdeutsch ei in hilligen, beides Phänomene der im Niederdeutschen nicht übernommenen neuhochdeutschen Diphthongierung.6) Außerdem ist statt des hochdeutschen ‚Tag’ niederdeutsch dach verwendet worden, wie auch ch in dertich statt hochdeutsch ‚dreißig’.7) Andererseits wird die hochdeutsche Artikelform ‚die’ statt des niederdeutschen ‚de’ verwendet.

Agnes von Beichlingen ist erstmals 1502 als Küsterin des Frauenstifts belegt.8) Ab 1511 ist sie als Dechantin nachweisbar, 1520 trat sie nach der Wahl ihrer Schwester Margareta von Beichlingen zur Äbtissin deren Nachfolge als Pröpstin an.9) Dieses Amt hatte sie bis zu ihrem Tod inne. Bei dem Wappen im Mittelfeld handelt es sich um das Eheallianzwappen von Johann von Beichlingen und Margarethe von Mansfeld, der Eltern der Verstorbenen.

Anmerkungen

  1. Zimmermann, Münster, S. 131.
  2. KDM Essen, S. 42; Goebel, Münsterkirche, S. 15.
  3. KDM Essen, S. 42.
  4. Ebd.
  5. Zur Genealogie Sauerbrei, Margareta von Beichlingen, S. 146ff.
  6. Lasch, Grammatik, § 137; Dietl, Minimalgrammatik, S. 11.
  7. Lasch, Grammatik, § 227, 231.
  8. Schaefer/Arens, Urkunden, Nr. 222 (1502 Februar 19), 224 (1502 April 29). Zu Margareta von Beichlingen vgl. Nr. 103.
  9. Schaefer/Arens, Urkunden, Nr. 272 (1523 Juni 9); HStAD, Stift Essen, Urkunden, Nr. 1668 (1511 Dezember 5), 1695 (1520 Juni 28), 1744 (1531 Juli 24).

Nachweise

  1. KDM Essen, S. 42.
  2. Goebel, Münsterkirche, S. 15.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 105† (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0010500.