Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 89 Domschatzkammer 2. H. 15. Jh.

Beschreibung

Armreliquiar.1) Silber, teilvergoldet, getrieben, gegossen, graviert. Das Armreliquiar enthält Reliquien des heiligen Basilius. Der ovale, von drei gegossenen Engelsstatuetten getragene Sockel ist mit zwei Hohlkehlen gestaltet. Auf die untere sind teilvergoldete gegossene Blüten genietet, in die obere ist in vergoldeter Konturschrift die Reliquienbezeichnung graviert. Der faltenreiche Ärmel hat ein aufwendig graviertes Brokatmuster und eine kleine, runde Schauöffnung. Unterhalb des Handgelenks ist ein eng anliegendes, ebenfalls mit Brokatmuster graviertes Untergewand mit zwei Knöpfen sichtbar. Die Hand ist mit deutlich hervortretenden Adern am Handgelenk realistisch gestaltet und deutet den Segensgestus an.

Maße: H. 53,5 cm; Dm. 17,0 cm; Bu. 0,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. brachium · s(ancti) · basilia)

Übersetzung:

Arm des heiligen Basilius.

Kommentar

Die Inschrift ist in einer sehr sorgfältig gestalteten Bandminuskel, d. h. in Form von „umgeschlagenen, geknickten und gefalteten Bändern“2) mit Schattenschraffur ausgeführt. Rundes s wird auch im Wortinnern verwendet. Die Oberlängen sind wellenförmig eingekerbt. Als Zierformen treten am r die als Quadrangel mit angesetztem, unten nach rechts umgebogenem Zierstrich gestaltete Cauda und ein schwungvoller Zierstrich bei den s auf. Nach s(ancti) folgt eine Schlaufe ähnlich einem us-Häkchen, die aber hier als allgemeines Suspensionskürzungszeichen fungiert. Die Worttrenner sind rosettenförmig.

Das Reliquiar weist große Ähnlichkeit mit dem ebenfalls in der Domschatzkammer befindlichen Armreliquiar für Reliquien des heiligen Quintinus auf, das nach 1491 hergestellt wurde.3) Übereinstimmende Details sind beispielsweise die gegossenen Sockelfigürchen, die gedrehten Stäbe sowie Zinnen- und Zahnfriese am Sockel, das gravierte Rankenmuster des Ärmels und die stark hervortretenden Adern am Handgelenk. Vielleicht diente das sorgfältiger gearbeitete Basilius-Armreliquiar als Vorlage für das Armreliquiar für Reliquien des heiligen Quintinus.4)

Der heilige Basilius gehörte zu den Patronen der 1073 geweihten und von der Essener Äbtissin Svanhild von Hückeswagen gegründeten Kapelle auf dem Stoppenberg.5) Spätestens zu diesem Zeitpunkt befanden sich demnach Reliquien des Heiligen in Essen. In der Domschatzkammer befindet sich ein weiteres Armreliquiar für Basiliusreliquien, das in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts hergestellt wurde.6)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Die Genetivendung -i fehlt; vgl. den Vokativ BASILI in Nr. 27 basilii Küppers/Mikat.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 36. Bei einer Inventarisierung 1797 wurde an der Rückseite auf dem Ärmel die Zahl 50 eingeschlagen, vgl. Pothmann, Kirchenschatzverzeichnis, S. 31. Im Reliquienverzeichnis von 1626 ist das Armreliquiar unter Nr. 54 zusammen mit dem Armreliquiar des hl. Quintinus aufgenommen, vgl. Humann, Kunstwerke, S. 35.
  2. Terminologie, S. 73.
  3. Vgl. Nr. 81.
  4. Hermann, Inschrift, S. 252f.
  5. UB Niederrhein 1, Nr. 217 (1073 Januar 29); Essener UB 1, Nr. 31. Vgl. zur Verehrung des Heiligen auch Nr. 27.
  6. Vgl. Nr. 27.

Nachweise

  1. Goebel, Münsterkirche, S. 43.
  2. Humann, Kunstwerke, S. 353, mit Tf. 55,1.
  3. Arens, Münsterkirche, S. 59.
  4. Küppers/Mikat, Münsterschatz, S. 93, mit Tf. 47,1.
  5. Hermann, Inschrift, S. 252, mit Abb. 4, S. 253.
  6. Kat. Essen 2009, S. 132, Nr. 49, mit Abb. (S. Hermann).

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 89 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0008908.