Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 16 Dom, Ostkrypta 1051

Beschreibung

Steintafel mit Reliquienbezeichnung. Sandstein. Die Tafel ist über dem Kapitell des südlichen Wandpfeilers der Ostwand eingelassen.1) Die achtzeilige Inschrift ist zwischen dünner doppelter Lineatur eingehauen, das Schriftfeld befindet sich innerhalb eines schwach eingehauenen Rahmens. Die Inschrift wurde um 1972 zum wiederholten Mal farbig gefasst.2) Der bezeichnete Altar war den Heiligen Crispin und Crispinian geweiht. Er wurde wahrscheinlich Mitte des 18. Jahrhunderts abgebrochen.3)

Maße: H. 40,5 cm; B. 38,2 cm; Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. IN · ISTA · ARA HA/BENTVR RELIQVIAE / S(AN)C(T)ORV(M) · IOHANNIS / PAVLI · MAVRICII / EXVPERIIa) LAND/BERHTI · CRISPINI / CRISPINIANI · SE/BASTIANI · ALBANI

Übersetzung:

In diesem Altar befinden sich die Reliquien der Heiligen Johannes, Paulus, Mauritius, Exuperius, Landbert, Crispin, Crispinian, Sebastian, Alban.

Kommentar

Die Tafel ist gut erhalten. Dennoch wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt „Korrekturen“ an einigen Buchstaben vorgenommen. So wurde aus zwei korrekten II in EXVPERII durch Hinzufügung eines Mittelbalkens ein H, und C als Anfangsbuchstabe von CRISPINIANI wurde zu O umgehauen. Die Buchstabenformen sind auf dieser Steintafel besser erkennbar als auf den anderen drei Tafeln in der Krypta, trotzdem wurden die Buchstaben auch hier teilweise ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Formen übermalt. Die Inschrift hat überwiegend kapitalen Charakter, nur E kommt in seiner unzialen Form vor (EXVPERII), deren Bogen allerdings mit Schaft und Balken übermalt wurde. Kapitales E ist schmal und mit kurzen Balken gestaltet, A teilweise ohne Balken ausgeführt. Die Bögen von B berühren einander nicht. Bei einigen N ist der Schrägschaft rechts eingezogen. Die Inschrift ist in Scriptura continua ausgeführt. Sie stimmt in den Proportionen, der Schriftaufteilung und den Buchstabenformen grundsätzlich mit den anderen drei Inschriften in der Krypta überein und wird deshalb im Hinblick auf das in Nr. 13 angegebene Weihedatum ebenfalls in das Jahr 1051 datiert.

Die Festtage aller Heiligen sind in Essener Kalendarien des 10. Jahrhunderts vermerkt.4) Für die Heiligen Johannes, Crispin und Crispinian und Alban sind zudem liturgische Texte und Messtexte aus dem 10. Jahrhundert aus Essen bekannt, so dass von einer Verehrung in Essen ausgegangen werden kann. Reliquien des heiligen Sebastian sind auch in einem im 11. Jahrhundert beschrifteten Altarsepulchrum enthalten.5)

Die Krypta wurde im Auftrag der Äbtissin Theophanu (1039–1058) gebaut und von ihrem Bruder, dem Kölner Erzbischof Hermann II., 1051 geweiht.6) Klaus Lange plädierte dafür, die Krypta als von Theophanu initiierten Memorialbau für die Essener Äbtissin Mathilde zu sehen.7) Er weist darauf hin, dass auch in der Aschaffenburger Stiftskirche St. Peter und Alexander, in der Mathildes Bruder Otto bestattet ist, Reliquien der Heiligen Crispin und Crispinian im südlichen Altar enthalten sind.

Textkritischer Apparat

  1. Zu einem unbekannten Zeitpunkt durch einen Mittelbalken zu EXVPERH verändert. EXVPERH KDM Essen, Zimmermann.

Anmerkungen

  1. An drei weiteren Wandpfeilern an der Ostwand befinden sich vergleichbare Tafeln, auf zweien sind ebenfalls Reliquienbezeichnungen eingehauen (Nr. 14, 15) , auf der dritten der Weihevermerk der Krypta mit Datum (Nr. 13) .
  2. Die vier Steintafeln wurden in den 1930er Jahren mit Ölfarbe bemalt, vgl. Conrad, Epigraphik, S. 31, Anm. 7.
  3. Arens, Liber ordinarius, S. 268. Das Kirchenschatzverzeichnis von 1797 vermerkt die Zugehörigkeit zweier Kelche zum Offizium der beiden Märtyrer, vgl. Nr. 65, 88.
  4. Bodarwé, Martyrs, S. 355.
  5. Nr. 33.
  6. Vgl. Nr. 13, 14, 15.
  7. Lange, Krypta, S. 176f.

Nachweise

  1. KDM Essen, S. 24.
  2. Kraus, Inschriften 2, S. 294, Nr. 640,4.
  3. Arens, Liber ordinarius, S. 265.
  4. Braun, Altar 1, S. 723.
  5. Zimmermann, Münster, S. 250, mit Abb. 267, S. 251.
  6. Klinkhammer, Inschriften, S. 181, mit Abb. 5, S. 190, und Übersetzung.
  7. Funken, Bauinschriften, S. 88, Nr. 4.
  8. ders., Anmerkungen, S. 333, mit Abb. 4.
  9. Bodarwé, Martyrs, S. 366.
  10. Lange, Krypta, S. 162.
  11. Bodarwé, Sanctimoniales, S. 203.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 16 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0001608.