Inschriftenkatalog: Altkreis Witzenhausen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 87: Witzenhausen (Altkreis) (2017)

Nr. 86 Bad Sooden-Allendorf-Ellershausen, Kirche 1590

Beschreibung

Schwellbalken. Fachwerkbau mit Untergeschoss von Stein, darüber ein Fachwerkgeschoss, zwölf Gefache. An der Südseite über dem Eingang im Schwellbalken dreizeilige Inschrift, die eine Zeit lang verdeckt war und 1969 wiederentdeckt wurde. Inschrift mit Worttrennern, farbig gefasst, eingeschnitzt, Zustand nach Renovierung. Worttrenner: Punkte oder wahrscheinlich Quadrangel mit Zierstrichen oben und unten, also paragraphzeichenförmig (s-förmig oder umgekehrt s-förmig).

Maße: H. 26, B. ca. 150, Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz, Fotograf: Christian Feist [1/3]

  1. ANNO · DOMINI · M · D · XC ·/ · 10 · [I]V[L]Ya) · / IR · Wb)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1590 am 10. Juli.

Kommentar

Buchstaben schmal und hoch. Die Sporenbildung ist nur selten außerhalb der farblichen Fassung nachzuvollziehen; hier mögen weitere Details verloren gegangen sein. Das eine M vom geraden Typ, Mittelteil auf der Zeilenmitte endend, beim zweiten M der linke Schaft schräggestellt, der rechte gerade und neben dem rechten Schrägschaft ansetzend, der Mittelteil knapp unterhalb der Zeilenmitte endend.

Die Datumsangabe wird durch eine schriftliche Quelle bestätigt. „Für Sooden und Ellershausen liegt eine der sehr seltenen Pfarrchroniken aus dem späten 16. Jahrhundert vor. Sie ist in das 1574 angelegte und bis 1638 geführte Kirchenbuch der Pfarrei Sooden eingetragen.“1) Zum Jahr 1590 heißt es dort „den 10t(en) July ist die Kirchen zu Ellershausen uffgericht.“ Das Datum auf dem Schwellbalken verweist also auf das Richtfest. Nach Löffler war das 1590 zur Kirche umgebaute Gebäude ursprünglich ein Wohnhaus und gehörte der Adelsfamilie von Dörnberg, die das Kirchenpatronat innehatte.2)

Textkritischer Apparat

  1. Befund: VIV sowie breiter Abstand vor und nach VI, der auf Buchstabenausfall deutet. Der Balken weist zusätzlich deutliche Spuren einer Haste vor dem ersten V auf. Ferner sind unten rechts neben I Spuren eines Balkens zu ertasten. Die Spitze des zweiten V liegt etwa 1 cm über der Grundzeile; eine von ihr ausgehende, schräg nach links verlaufende Einkerbung ist am Balken fühlbar. Anscheinend ist Doppel-I wie Y geschrieben. Im Übrigen weiß man aus der Baugeschichte der Kirche, dass sie am 10. Juli 1590 aufgerichtet wurde, s. Kommentar. So bleibt für Zweifel an der Lesung kein Raum. – Die Zeile ist nach rechts eingerückt und beginnt unter dem M von DOMINI.
  2. Die Zeile ist weit nach rechts gerückt und beginnt unter dem Ende der ersten Zeile. Initialen IR nicht auflösbar. Nach Peter Heidtmann-Unglaube, Mitarbeiter des Kirchenarchivs, könnte W Werkmeister bedeuten.

Anmerkungen

  1. Aus einer Mitteilung des Kirchenarchivs vom 30. 9. 2009 an Herrn Bachmann, Pfarrer der Kirchen Ellershausen und St. Crucis in Bad Sooden-Allendorf, Az. 43.3, verfasst von P. Heidtmann-Unglaube; dieser vermutete IVLIVS, was gegen den Sprachgebrauch wäre. Die Eintragungen, die der damalige Pfarrer Andreas Heinigke vorgenommen hat, findet man im Kirchenbuch II von Sooden im Abschnitt Memorabilia. Von dort stammt auch das folgende Zitat.
  2. s. Löffler, Chronik Ellershausen, und: „Ellershausen, Gemeinde Bad Sooden-Allendorf“, in: Historisches Ortslexikon <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/5590> (Stand: 4. 11. 2010).

Zitierhinweis:
DI 87, Witzenhausen (Altkreis), Nr. 86 (Edgar Siedschlag, Mitarbeit: Fuchs, Rüdiger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di087mz13k0008609.