Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 317 Michaeliskirche 1649

Beschreibung

Grabplatte für den Superintendenten Erhard Lauterbach. Grauer Kalkstein. Die Platte befindet sich im Fußboden unter dem Chorbogen, der fünfte Stein von Süden. Die eingehauene Inschrift bedeckt das Mittelfeld. Der Stein ist stark abgetreten, die oberen Ecken sind beschädigt.

Inschrift ergänzt nach Zader/Grubner.

Maße: H. 169 cm; B. 106 cm; Bu. 3,2 cm und 4,5 cm (erste Zeile).

Schriftart(en): Kapitalis.

BBAW Berlin, Inschriftenprojekt (Thomas Kreil) [1/1]

  1. Δ. Τ. θ.a) / [ECCE / QUOMODO JUSTUS MORITURb) / QUIESCIT HIC / ERH]ARDUS L[AUTERBAC]H / DOCTO[R THEOLOGIAE] / SENIOR OCTO[GENARIUS] / VIR V[ERE ANTIQUA FIDE AC V]IR[TUTE / SU]M(M)IS [ET IMIS CLARUS] / QUI / [SUPE]RINTENDENS / [HANC NUMBURG]O CIZENSEM DIOECESINc) / [SUM]M[A RE]XIT CURA / ANNO[S] XLVII / [OECONO]MUS DEI FIDELISSIMUS, / [TYPUS GRE]GIS PROBATISSIMUS, / NATUS / [JAURAE SILE]SSIORUM A(NNO) . M . D . LXX : M(ENSE) IAN(UARIO) / DENATUS / [CIZAE] A(NNO) M.D.C.XLIX. [D(IE)] X[VI M(ENSIS) DECEMBRIS] / SUI / [APUD S]UOS ET BONOS OM[NE]S / [ING]ENS [RELINQUENS / DE]SIDERIUM[RIVULUS HINC PURUS TEGITUR TELLURE] SED OLIMPURIOR AD [NITIDI BULLIET ASTRA POLI]

Übersetzung:

Siehe, wie der Gerechte stirbt! Hier ruht Erhard Lauterbach, Doktor der Theologie, ein achtzigjähriger Greis, ein Mann, wahrhaft berühmt bei Hohen und Niederen durch seine althergebrachte Treue und Tüchtigkeit, der als Superintendent diese Naumburg-Zeitzer Diözese mit größtem Einsatz 47 Jahre lang regierte, der treueste Verwalter Gottes, das trefflichste Vorbild der Gemeinde. Geboren im schlesischen Jauer im Jahr 1570, im Monat Januar, gestorben in Zeitz im Jahr 1649 am 16. Tag des Monats Dezember, bei den Seinen und allen Guten hinterließ er eine große Sehnsucht.

Von jetzt an wird dieser lautere Bach von Erde bedeckt, doch einst wird er lauterer emporsprudeln zu den Sternen des strahlenden Himmels.

Versmaß: Die letzten zwei Zeilen ein elegisches Distichon.

Kommentar

Das Epitaph des Erhard Lauterbach s. Nr. 318.

Erhard Lauterbach wurde Anfang 1570 in Jauer/Schlesien geboren und am 8.1.1570 getauft; der Vater war der Pfarrer Johannes Lauterbach (gestorben 1574), die Mutter Dorothea Reimann (gestorben 1580).1) Bis zu seinem 17. Lebensjahr wuchs er bei dem Bruder und der Schwester des Vaters auf, wurde dann nach Breslau auf die dortigen Gymnasien (Magdalenen- und Elisabeth-Gymnasium) geschickt und lebte während dieser Zeit bei einem kinderlosen Kaufmannsehepaar, für das er die Bücher führte. Nach gut drei Jahren wollten ihn seine Verwandten zum Goldschmied ausbilden lassen. Erhard scheint sich heftig widersetzt und seinen Wunsch, Pfarrer zu werden, energisch durchgesetzt zu haben. 1591 kam er durch ein auf drei Jahre gewährtes Stipendium der Stadt Jauer auf die Universität Leipzig, wo er noch im selben Jahr am 2. Oktober Baccalaureus Philosophiae, am 14.1.1594 Magister wurde.2) Ab 1594 bestritt er seinen Lebensunterhalt durch eine von ihm geführte schola privata, setzte aber auch sein Studium der Theologie fort. 1598 veröffentlichte er erste theologische Arbeiten und wurde im selben Jahr vom Leipziger Rat zum Konrektor an der Thomasschule Leipzig berufen. 1601 wurde Lauterbach Dekan der Philosophischen Fakultät in Leipzig.3) Im Mai 1602 berief ihn die Zeitzer Stiftsregierung zum Pfarrer zu St. Michael in Zeitz, wo er 1603 (nach dem Tode von Superintendent Johann Oertel) durch Georg Weinrich als Superintendent investiert wurde.4) Er promovierte am 23.10.1606 in Leipzig, nachdem er am 7.9.1602 Baccalaureus Theologiae und am 3.10.1605 Licentiatus Theologiae geworden war.5) Lauterbach entwickelte sich zu einem der führenden lutherischen Theologen seiner Zeit, dem insbesondere an der Umsetzung der neuen Lehre in die Praxis gelegen war. So ordinierte er im Laufe der Jahre 133 Pfarrer, hielt mehrfach Stiftssynoden ab und veröffentlichte zahlreiche Schriften. Als Inspektor der Stiftsschule war er sowohl an der inhaltlichen Gestaltung des Unterrichts als auch an der Handhabung der Schulordung über Jahre beteiligt. Unter Lauterbach wurde die Bibliothek der Zeitzer Michaeliskirche begründet. Erhard Lauterbach scheint Rufe, die ihm persönlich vorteilhaft gewesen wären, abgelehnt zu haben (1610 sollte er Hofprediger werden; die evangelische Gemeinde der Altstadt Prag wollte ihn zu ihrem Pfarrer haben; er hätte 1614 Superintendent in Eisleben werden können).

1602 schloß Erhard Lauterbach mit Katharina Sparbart die Ehe (geboren 1579 in Zeitz, gestorben 1613 in Zeitz, Nr. 245), Tochter des Bürgermeisters Valentin Sparbart.6) Sie hatten fünf Kinder: Katharina (geboren 26.6.1604, gestorben 1613 an der Pest, Nr. 246), Susanna (geboren 25.12.1606, gestorben 1644, Nr. 311), verheiratet mit Lukas Schröck, Agnes (geboren 6.6.1609), verheiratet in erster Ehe mit Johann Sense, Pfarrer zu St. Nikolai, in zweiter Ehe mit Michael Achzenicht, Kurfürstlich-Sächsischer Landrichter, Christian (geboren 28.10.1611, gestorben 1640, Magister der Theologie, Diakon bei St. Michael, Nr. 308).7) In zweiter Ehe heiratete Erhard Lauterbach Maria Magdalena Lindner (geboren 1584 in Pforta, gestorben 1645 in Zeitz, Nr. 312), Witwe des Superintendenten zu Plauen, Hieronymus Kromayer.8) Sie brachte einen 4jährigen Sohn, Hieronymus, mit in die Ehe. Das einzige gemeinsame Kind war Katharina, die spätere Ehefrau von Nathanael Zader.

Textkritischer Apparat

  1. Mögliche Auflösung: Δ(αιμων) Τ(ε) Θ(εος). Unbegreifliches Wesen und Gott. ϑεοι και δαιμονες bezeichnen in der Antike Mittelwesen zwischen Göttern und Menschen; im Christentum ist Christus gemeint, zugleich Gottes- und Menschensohn (nach einem Hinweis von Renate Johne).
  2. Zader/O/StArZz: moritur justus.
  3. Griechische Flexionsendung.

Anmerkungen

  1. Hertzens-Trost ... Bey ... Leichbestattung des ... Erhardi Lauterbachs ... Gezeiget von M. Hartmann Schacher, Leipzig 1650.
  2. Ebd.; Erler, Jüngere Matrikel, Bd. 1, S. 256.
  3. Hertzens-Trost (wie in Anm. 1); Zader/Grubner III, S. 234.
  4. Hertzens-Trost (wie in Anm. 1). Georg Weinrich, Doktor der Theologie, 1591 wirklicher Superintendent und Konsistorialassessor, Zeitzer Domherr, Meißener Domherr und Träger weiterer Ämter und Würden, gestorben 1617 (Album Geistliche, S. 322).
  5. Hertzens-Trost (wie in Anm. 1); Zader/Grubner III, S. 235; Erler, Jüngere Matrikel, Bd. 1, S. 256.
  6. Hertzens-Trost (wie in Anm. 1).
  7. Hertzens-Trost (wie in Anm. 1).
  8. Hertzens-Trost (a. a. O.).

Nachweise

  1. Zader/O/StArZz III, S. 25.
  2. Zader/Grubner III, S. 34.
  3. Zader/StArZz, S. 21f.

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 317 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0031706.