Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 24 Halle a. d. S., Laurentiuskirche 1439

Beschreibung

Glocke. Bronze. Die ursprünglich ganz offensichtlich für die Schloßkirche gegossene Glocke wurde nach dem Abriß der Türme der Schloßkirche um 1650 in das Torhaus des Schlosses versetzt, wo sie sich 1876 befand.1) Nach Abbruch der Alten Nikolaikirche 1821 und dem Aufbau der Neuen Nikolaikirche (Weihe am 18.12.1891) gelangte die Glocke dorthin, wurde aber nach Schließung dieser Kirche nach Halle in die Laurentiuskirche versetzt, wo sie zusammen mit einer Zeitzer Glocke von 1466 und einer neuen Glocke das Geläut bildet (vgl. Nr. 39). Erhabene Inschrift (A) am Hals zwischen doppelten Schnurstegen. Erhabene Inschrift (B) auf der Flanke in einer Kreuzigungsgruppe auf einem Schriftband zu Häupten des Gekreuzigten. Unter der Leiste ein geritzter Fries mit Dreipässen, die in einem Lilienornament münden.2) Die Glocke trägt drei Ritzzeichnungen: eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes, Petrus (mit einem Schlüssel in der Rechten und einem Buch in der Linken)3) und Paulus sowie die Abbildung eines Brustreliquiars eines jugendlichen Bischofs mit Nimbus.4)

Maße: H. 118 cm; Dm. 146 cm; Bu. 5,7 cm (A), 2,8 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

BBAW Berlin, Inschriftenprojekt (Thomas Kreil) [1/3]

  1. A

    o rex glo[r]iea) ·b) veni ·c) cum · b) pace · b) amen + anno domini millesimo ccccxxxix fusa est +

  2. B

    i(esus) n(azarenus) r(ex) i(udaeorum)5)

Übersetzung:

O König der Ehre, komm mit Frieden. Amen. Im Jahr des Herrn 1439 ist (die Glocke) gegossen worden. (A)

Jesus von Nazareth, König der Juden. (B)

Kommentar

Die Darstellungen auf der Glocke und ihre Technik ähneln in vielem den Werken von Nikolaus Eisenberg, so daß Schulze einen mitteldeutschen Künstler für diese Glocke vermutet.6)

Die Darstellungen von Petrus und Paulus weisen auf eine eigens für den Dom gefertigte Glocke (vgl. Anm. 3) hin. Das Gußjahr 1439 paßt zu den im selben Zeitraum durchgeführten umfangreichen Instandsetzungsarbeiten am Zeitzer Dom (vgl. Nr. 25). Das Glockengebet „o rex glorie veni cum pace“ gehört zu den am häufigsten verwendeten Glockensprüchen im Mittelalter.7)

Textkritischer Apparat

  1. Das r fehlt.
  2. Worttrenner rautenförmig.
  3. Worttrenner Doppelpunkt und senkrechter Strich.

Anmerkungen

  1. Rothe, AdG, S. 58.
  2. Schulze, Glockenritzzeichnungen, S. 199, beschreibt die Glocke genau.
  3. Abbildung des Petrus bei Hübner, Die mittelalterlichen Glockenritzungen, Berlin 1968, Abb. 48 (die Glocke selbst registriert unter Katalognr. 266).
  4. Schulze, Glockenritzzeichnungen, S. 201. Schulze vermutet an anderer Stelle (Glockenritzzeichnungen, S. 204), daß die Pfeilerfiguren der Apostel Petrus und Paulus am nördlichen freistehenden Pfeiler der Südreihe in der Zeitzer Schloßkirche die Vorlagen für die Glockenritzung gebildet hätten. Ein dem abgebildeten ähnliches, inschriftloses Brustreliquiar befindet sich im Museum Schloß Moritzburg, Zeitz.
  5. Io. 19, 19.
  6. Schulze, Nicolaus Eisenberg, S. 184f, und Schulze, Glockenritzzeichnungen, S. 214. Schilling, S. 160–162, bezeichnet Nikolaus Eisenberg als Zeichner, zitiert dazu aber Schulze.
  7. Vgl. Walter, Glockenkunde, S. 162–167; zum mitteldeutschen Raum DI 39 (Landkreis Jena), Nr. 31; im näheren geographischen Raum DI 6 (Naumburg, Dom und Domfreiheit), Nr. 56 und DI 7 (Stadt Naumburg), Nr. 210, sowie DI 9 (Landkreis Naumburg), Nr. 367, 369, 370.

Nachweise

  1. Zader/O/StdtArZz, Buch 3, fol. 507.
  2. Rothe, AdG, S. 58.
  3. Kdm., S. 51.
  4. Schulze, Glockenritzzeichnungen, S. 199.
  5. Schulze, Nicolaus Eisenberg, S. 181 (mit Abbildungen).

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 24 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0002406.