Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 52: Stadt Zeitz (2001)
Nr. 304 Schloßkirche, Kreuzgang 1637
Beschreibung
Grabplatte für den Domherrn Johann Ernst Luther. Gelber Sandstein. Die Platte befindet sich seit der Wende zum 20. Jahrhundert im nördlichen Kreuzgangflügel im vierten Joch an der Wand. Ihr ursprünglicher Standort war an der Nordseite der Schloßkirche neben dem Lesepult.1) Umschrift (A) ist verloren, die eingehauene Inschrift (B) bedeckt das Mittelfeld. Nicht alle Wappenbeischriften sind noch erkennbar. Die Umschrift auf dem erhöhten Rand ist vollständig, drei Vollwappen an der Oberkante sowie die Schilde der Wappen des Mittelfeldes sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Auch die Inschrift im Mittelfeld ist stellenweise nicht mehr lesbar.
Inschrift (A) nach Zader/O II, Inschrift (B) ergänzt nach Zader/O II.
Maße: H. 191 cm; B. 85 cm; Bu. 4 cm (A), 3 cm (B).
Schriftart(en): Kapitalis.
Textkritischer Apparat
- Der Textbeginn scheint die verwitterte Umschrift (A) gewesen zu sein. Zader/O setzt fort mit Inschrifttext (B): Vir JOHANNES-ERNESTUS LUTHERUS ....
- Zader/O und Zader/Grubner: Thavmasiandri. Griechisch „thaumasio andri“ = des bewundernswürdigen Mannes.
- Diese Zeile fehlt bei Zader/O, Zader/O/StArZz, Zader/Grubner und Zader/StArZz.
- Griechisch „archiatros“ = erster Leibarzt.
- Zader/O/StArZz, Zader/Grubner: qvum vixerat.
- Zader/O/StArZz, Zader/Grubner: hebdom: 14.– Zader/StArZz: Annos.
- Es wäre A(NN)OS zu erwarten.
- Zader/O/StArZz, Zader/Grubner und Zader/O: spe expectans resurrectionem gloriosam et salutiferam.
Anmerkungen
- Liebner, Bd. 7, S. 21, U.H.i.B., H. 11/12, Nov./Dez. 1933, S. 39, und Zader/O II, S. 21: zwischen den Grabinschriften der Sibylla von der Ölßnitz (Nr. 306) und seines Sohnes Johann Paul Luther (Nr. 252).
- 24. August.
- Alle Wappenbeschreibungen nach: Die Nachkommen Luthers in Zeitz und in unserer Heimat, in: Mk. Zeitz Nr. 158/159, 1934, S. 233.
- Wappen Martin Luther (Lutherrose), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3; Siebmacher, Bd. 9, Abt. 1, S. 38 und Tafel 50.
- Wappen Luther (gespalten, rechts zwei Rosen, links halbierte Armbrust), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3; Siebmacher, Bd. 9, Abt. 3, S. 83 und Tafel 90.
- Wappen Bora (Inhalt nicht erkennbar, Inhalt nicht beschrieben in: Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3), vgl. Siebmacher, Bd. 6, Abt. 6, S. 23 und Tafel 14.
- Wappen Paul Luther (Lutherrose), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3; Siebmacher, Bd. 9, Abt. 3, S. 83 und Tafel 90.
- Wappen Warbeck (Inhalt nicht erkennbar), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3.
- Wappen Johann Ernst Luther (Lutherrose), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3; Siebmacher, Bd. 9, Abt. 3, S. 83 und Tafel 90.
- Wappen Blumenstengel (Inhalt nicht erkennbar), vgl. Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3.
- Wollesen, Kreuzgang, S. 254.
- Die Nachkommen Luthers in Zeitz, wie Anm. 3; die Grabplatteninschrift wurde – zumindest das Sterbedatum – erst nach seinem Tode angebracht; das erklärt die zum Teil gedrängt stehenden Zeilen.
- Wotschke, Drei Briefe aus Luthers Verwandtschaft, in: Zft. des Vereins für Kirchengeschichte in der Provinz Sachsen, Jg. 14, 1917, S. 125–128.
- U.H.i.B., H. 11/12, Nov./Dez. 1933, S. 39.
- Stephanskirche, S. 281.
Nachweise
- Zader/O II, S. 21f.
- Zader/O/StArZz III, S. 14.
- Zader/O/StdtArZz, Buch 3, fol. 499.
- Zader/Grubner III, S. 20.
- Zader/StArZz, S. 13.
- Liebner, Bd. 7, S. 21.
- Jubelt, Zeitz, o. S. (ein Foto).
Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 304 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0030409.
A(nn)o MDCXXXVII d(ie) 30 Nov(embris) ipso festo Andrea(e) Horam circiter octavam matutinam B(eatam) suam efflavit a(n)i(m)am Ad modum Reverendus pietati e(t) virtuti(bus) dedit(us) eruditione pra(e)ditusa)
VIR : IOHANNES ERNESTVS LVTHE[R]VS / HVIVS ECCLESIAE COLLEGIATAE / CANONICVS . ET . SENIOR / D(OCTORIS) MARTINI LVTHERI THA[V]MASIAN(DRI) . VIRIb) / NEPOS / D(OCTORIS) PAVLI LVTHERIc) / ARCHIATRId) IN AULA / SAXO(NIA) / FILIVS . / IN . LVCEM . EDITVS IPSO FESTO / BARTHOLOMAEI .2) / ANNO . M . D . LX / CVM VIXERITe) / IN MUNDO IM[M]VNDO A(NN)O 7[7] HEPT(OMADAS) 14f) / IN CONIVGIO PACAT(O) A(NN)Og) 27 HEPT(OMADAS) 14 / CVIVS CORPVS HIC QVIESCIT / CERTISS(IMA) SPE GLORI/OSAM ET SALVTIFERAM / EXSPECTANS RESSURECTIO(NEM)h)
Übersetzung:
Im Jahr 1637, am 30. Tag des November, am Fest des Andreas, ungefahr um die 8. Morgenstunde, hauchte seine selige Seele aus der sehr ehrwürdige, der Frommigkeit und den Tugenden ergebene, mit gelehrter Bildung begabte Mann Johannes Ernst Luther, Domherr und Senior dieser Kollegiatskirche, Enkel Doktor Martin Luthers, des bewunderungswürdigen Mannes, Sohn des Doktor Paul Luther, Leibarzt am Sächsischen Hofe; zum Licht gelangt am Fest des Bartholomäus im Jahr 1560, als er gelebt hatte in der unreinen Welt 77 Jahre 14 Wochen, in friedvoller Ehe 27 Jahre 14 Wochen. Sein Körper ruht hier und erwartet in sicherster Hoffnung ruhmreiche und heilbringende Auferstehung. (A und B)
Kommentar
Johann Ernst Luther war der erste Zeitzer Bürger in der Familie Luther. Er wurde am 24.8.1560 als Sohn des dritten Sohnes von Martin Luther, des herzoglichen Leibarztes Paul Luther (geboren 28.1.1533 in Wittenberg, gestorben 8.3.1593 in Wittenberg), und der Anna von Warbeck (gestorben 15.5.1586 in Dresden) in Weimar oder Gotha geboren. 1581 wählte das Kapitel der Zeitzer Stiftskirche auf kurfürstlichen Befehl Johann Ernst Luther zum Domherrn. Nach Ausbildung und Erziehung durch seinen Privatlehrer, Magister Michael Reichardt, begann er 1582 in Wittenberg ein Jurastudium, das er 1586 abschloß. Johann Ernst Luther unternahm nun mehrere weite Reisen. 1587 oder 1590 kam er nach Zeitz, wo er als 50jähriger die Tochter des Zeitzer Ratsherrn und späteren Bürgermeisters Jeremias Blumenstengel (Nr. 265)11), Martha, am 19.9.1610 in der Michaeliskirche heiratete. Sie war die Witwe des Apothekers Georg Grahl (Anhang 1, Oberer Johannesgottesacker, Alter Teil 1607). Johann Ernst Luther starb infolge einer Verletzung, die er sich bei einem Sturz von der Emporentreppe in der Michaeliskirche nach dem Gottesdienst zugezogen hatte. Seinen Sarg und Leichenstein hatte er schon zu Lebzeiten anfertigen lassen.12)
Das Ehepaar hatte vier Söhne und vier Töchter. Der älteste Sohn Martin starb 20jährig als Student in Wittenberg, der zweite Sohn Johann Paul starb 1616 (Nr. 252). Der vierte Sohn Johann Ernst wurde am 7.11.1633 in der Schloßkirche bestattet. Johann Martin (geboren 11.11.1616, gestorben 13.7.1669) studierte unter bedrängten finanziellen Verhältnissen in Wittenberg, wurde später Stiftsrat zu Wurzen, Dechant zu Zeitz und Domherr zu Meißen.13) Die dritte Tochter, Susanna Christiana, starb am 30.9.1639 mit 17 Jahren und wurde auf dem Oberen Johannesgottesacker begraben.14) Eine Tochter Magdalena heiratete David Teuber, Pfarrer zu St. Stephan, deren gemeinsamer Sohn, Johann Ernst Teuber, Nachfolger des Vaters im Pfarramt, war.15)