Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 120 Schloßkirche 1564

Beschreibung

Epitaph des Bischofs Julius Pflug. Hellgrauer Sandstein. Das Epitaph befindet sich an der Südwand des Chors. Das Bildfeld mit der Reliefdarstellung des Verstorbenen im Ornat, Bischofsstab und Buch haltend, ist einer Grabplatte nachgestaltet und von einer erhabenen Inschrift (A) umgeben. Die Gestalt des Bischofs blickt auf den Betrachter, zu seinen Füßen das Bischofswappen. Diese Grabplatte ist von zwei Säulen gerahmt, über die ein Gebälk gelegt ist, auf das ein Giebelaufsatz gestellt ist mit der von zwei Puttos gehaltenen Reliefdarstellung der Auferstehung. Auf einem die Säulen tragenden, nach unten durch Rollwerk abgeschlossenen Gebälk die erhabene Inschrift (B) in einem Schriftfeld. Die farbige Fassung des Epitaphs ist in Spuren erhalten. Die Inschrift (C) auf einer zweiten Steintafel, die links neben dem Eingang zur Sakristei angebracht gewesen sein soll, ist verloren.1) Zader/StArNb berichtet, das Grabmal habe aus zwei zu beiden Seiten des Einganges zur Sakristei an der Wand stehenden Epitaphien bestanden. Das eine mit den Inschriften (A) und (B) und der Darstellung des Bischofs im Mittelfeld, das zweite mit dem Text der Inschrift (C).2) Anscheinend wird von derselben Hand in einer Marginalnotiz ergänzt: „Iulii Pflugii Epitaph. ist Ao: 1663 zu Grunte abgerießen, der bischöffl. Cörper herunter wärts unter dem Chor in ein klein Grab geleget u(nd) die alte maßingene tafel, darauff b. Julii angebohrn Wappen gebildet, darauff geleget worden.“3)

Kapitalis mit Versal (A und B). Inschrift (C) nach Fabricius.

Maße: H. 304 cm; B. 130 cm; Bu. 4,5 cm (A), 3 cm (B).

BBAW Berlin, Inschriftenprojekt (Thomas Kreil) [1/1]

  1. A

    ANNO D(OMI)NI . M . D . LXIIII . / TERTIA DIE SEPTE(M)B(RIS) OBIITR(EVERENDISSI)MVSa) IN CHR(IST)O PRINCEPS AC / D(OMI)NVS .D(OMI)N(VS) IVLIVS ELECTVS ET . / CONFIRMAT(VS) EP(ISCOP)VSNVMBVRG(ENSIS) CVIVS A(N)I(M)A REQVIESCAT IN PACE .

  2. B

    AETHEREAM IVLI REVOLAVIT SPIRITVS,b) AVLAMFAMA TAME(N) SVPEREST COETERA TERRA TENET

  3. C †

    Siste gradum4) hic Viator Et lege me RECONDITA HIC OSSA VIDES REVERENDISSIMI PRINCIPIS AC DOMINI D(omi)ni JULII ELECTI ET CONFIRMATI EPISCOPI NUMBURGENSIS Is cumc) ex insigni Pflugiorum familia natus e(ss)et turn eruditionem pietatem prudentiam multarumque deniq(ue) rerum cognitionem majorum suorum dignitati adjecit QVAE VERA VERAE SUNT NOBILITATIS ORNAMENTA Fuit a Consilijs duobus Imperatoribus CAROLOV (ET) FERDINANDO I Qvorum alter ipsum cumc) a die Electionis per vd) annos Episcopatu suo inimicorum injurijs puls(us) e(ss)et summa cu(m) laude restituit Alter vero ad extremum vitae spiritum ita eum dilexit ut in arduis negocijs authoritatem ejus fecerit plurimi Eruditio vero quanta fuerit scripta ejus post multas aetates testabuntur Interfuit fere omnib(us) colloquijs suo tempore de religione habitis in Comitijs qvoq(ue) RATISBONENSIBUS CAROLIV nomine praeses fuit Subditos suos ut parens liberos CHRISTI pauperes ut pius dispensator Ecclesiae suae gregem ut fidelis pastor gubernavit Vir magni fuit (et) a(nim)i (et) ingenij Dignus certe qui in perpe tuum viveret Nisi communis lex naturae ut nasci ipsume) sic (et) mori coegisset Praefuit post Exilium pacate suis annis ferme XVIII Aetatis annum agens LXV Augusti mensis die XXIX in gravem morbum incidit III inseqventis mensis die animam sibi a Deo datam pia in Filium Dei confessione (et) magno suorum luctv iterum efflavitHaec te scire Pie Lector volui ut quis ille aliqvando fuerit (et) quis nunc sit tecum cogitans ad ea qvoq(ue) te praepares qvae vitare non potesVade e(t) Vale M(emoriae) S(acrum)f) D(omi)n(us) PETRUS de Naumarck Doct(or) (et) Decanus Numburg(ensis) ac Eccl(es)iae Cizensis Praepositus Et CONRADUS a Breitenbach Doct(or) ac Decan(us) Cizensis Et JOHANNES de Monte Canon(icus) Cizens(is) Moesti ex testame(n)to posuere

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1564 am dritten Tag des September starb der ehrwürdige Fürst und Herr in Christus, Herr Julius, gewählter und bestätigter Naumburger Bischof, dessen Seele in Frieden ruhe. (A)

In den himmlischen Saal entschwebte Julius’ Seele, sein Ruhm aber bleibt lebendig, das übrige hält die Erde. (B)

Halte den Schritt hier ein, Wanderer, und lies mich. Hier siehst Du gebettet die Gebeine des hochwürdigsten Fürsten und Herrn, Herrn Julius, gewählten und bestätigten Bischofs von Naumburg. Er stammte aus der berühmten Familie der Pflug (Pflüge) und fügte der Würde seiner Vorfahren hinzu Gelehrsamkeit, Frömmigkeit, Klugheit, endlich Kenntnis der Dinge, die die wahre Zier des wahren Adels sind. Er war Rat der beiden Kaiser Karl V. und Ferdinand I. Ersterer setzte ihn [Pflug], nachdem er vom Tag seiner Wahl an fünf Jahre hindurch durch das unrechte Tun seiner Feinde von seinem Bistum ferngehalten worden war, mit größter Ehre wieder ein. Der andere [Kaiser] aber liebte ihn bis zum letzten Atemzug so, daß ihm seine Autorität in schwierigen Angelegenheiten sehr viel wert war. Wie groß seine Gelehrsamkeit war, werden seine Schriften noch nach langer Zeit bezeugen. Er nahm an fast allen zu seiner Zeit wegen des Glaubens geführten Verhandlungen teil, auch führte er im Namen Karls V. den Vorsitz des Reichstages von Regensburg. Er lenkte seine Untertanen wie ein Vater die Kinder, die Armen Christi wie ein frommer Verwalter, die Herde seiner Kirche wie ein treuer Hirte. Er war ein hochherziger und hochveranlagter Mann, der es wahrlich verdient hätte, ewig zu leben, wenn ihn nicht das allgemeine Naturgesetz gezwungen hätte zu sterben, so wie er geboren wurde. Er stand den Seinen nach dem Exil in Frieden etwa 18 Jahre vor. Im Alter von 65 Jahren, am 29. August, erkrankte er schwer und hauchte am dritten Tag des folgenden Monats seine ihm von Gott gegebene Seele unter dem Bekenntnis seines Glaubens an den Sohn Gottes und unter großer Trauer der Seinen wieder aus. Ich wollte, frommer Leser, daß du das weißt, damit du bedenkst, was jener einstmals war und wer er nun ist, und dich auch selbst auf das vorbereitest, dem du nicht entgehen kannst. Gehe nun weiter und lebe wohl! Dies haben zum Gedenken Herr Peter Naumarck, Doktor und Dechant zu Naumburg und Propst der Stiftskirche zu Zeitz, Konrad Breitenbach, Doktor und Dechant zu Zeitz, und Johann von Berge, Domherr zu Zeitz, in Trauer aufgrund testamentlicher Verfügung gesetzt. (C)

Versmaß: Ein elegisches Distichon (B).

Wappen:
Bischof Julius Pflug5)

Kommentar

Die Interpunktion bei den Inschriften (A) und (B) folgt dem Original.

Julius Pflug wurde 1499 auf dem Gut Eythra (bei Knautmannsdorf nahe Zwenkau, zwischen Zeitz und Leipzig) geboren; sein Vater war Cäsar Pflug, Kanzler und Oberhofrichter von Herzog Georg von Sachsen, seine Mutter Magdalena von Carlowitz. Nach dem Tod des Bischofs Philipp von Freising und Administrators von Naumburg (5.1.1541) wählte das Naumburger Domkapitel im Januar 1541 Julius Pflug zum Bischof. Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen erkannte ihn jedoch nicht an, sondern setzte statt dessen 1542 Nikolaus von Amsdorf (1483–1565) zum ersten und einzigen protestantischen Bischof ein, der 1546 durch Kaiser Karl V. vertrieben wurde. Julius Pflug regierte dann von 1546 bis 1564 als ein um Ausgleich im Konfessionsstreit bemühter katholischer und zugleich letzter Bischof von Naumburg. Seine Beisetzung in Zeitz erfolgte auf eigenen Wunsch.6) Um die Edition der Schriften Pflugs macht sich bereits seit Jahren J. V. Pollet verdient.7) Zu Julius Pflug vgl. die Nummern 121, 122, 123, 124.

Konrad von Breitenbach, Doktor beider Rechte, wurde 1556 Dechant der Stiftskirche Zeitz, war zugleich Propst zu Erfurt, Kanzler der Universität Erfurt und Kantor zu Naumburg; er starb am 31.12.1580.8) Peter von Naumarck (1514–1576) war seit 1564 Propst zu Zeitz.9) Johannes de Monte (Johann von Berge) wird 1568 als Senior des Zeitzer Stifts erwähnt.10)

Textkritischer Apparat

  1. MVS hochgestellt.
  2. Das Komma steht auf dem Originalstein.
  3. Zader/O: qvum.
  4. Ebd.: Sex.
  5. Ebd.: illum.
  6. Nur bei Zader/O; MS in Ligatur und überhöht aufgezeichnet.

Anmerkungen

  1. Zader/O I, S. 222, und eine Marginalnotiz von fremder Hand: „diese schrifft ist ganz weggethan A(nn)o 1663.“ Zader/StArNb, S. 423, wie Zader/O I, S. 222f. Fabricius schreibt über den Inschriftentext „ALIUD“.
  2. Zader/StArNb, S. 423f.
  3. Ders., S. 423.
  4. Siste gradum vgl. das antike Grabgedicht CLE 1309 bei Franciscus Buechler, Carmina Latina epigraphica I/II, Lipsiae 1895/97 (= CIL V 6134).
  5. Wappen Bischof Julius Pflug (geviert; rechts oben und links unten Schlüssel und Schwert gekreuzt; links oben und rechts unten Pflugschar), vgl. Siebmacher, Bd. 1, Abt. 5, Reihe 1, S. 38 und Tafel 66.
  6. Zander-Seidel, S. 206, nach Julius Pflug, Correspondance, recueillie et éditee avec introduction et notes par J.V. Pollet, Bd.V/2, Leiden 1982, S. 386.
  7. Julius Pflug, Correspondance, recueillie et éditee avec introduction et notes par J.V. Pollet, Bd. I–V/2, Leiden 1969–1982.
  8. Grubner, Dec., S. 21–23; Zader/O I, S. 314.
  9. Zader/O I, S. 312. Vgl. DI 6 (Naumburg, Dom und Domfreiheit), Nr. 101–103.
  10. Zader/O I, S. 318.

Nachweise

  1. Fabricius, S. 346f.
  2. Zader/O I, S. 222f.
  3. Zader/O/StArZz III, S. 91.
  4. Zader/StArNb, S. 423–425.
  5. Zader/O/StdtArZz, Buch 2, fol. 311f.
  6. StdtArZz 3500 00/02, varia (o. S.).
  7. Thamm, Bd. 2, fol. 356–358.
  8. Thamm, Catalogus episcoporum (o. S.).
  9. Wollesen, Grabsteine, S. 51.
  10. Jubelt, Zeitz, o.S. (Foto).
  11. Zander-Seidel, S. 222.

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 120 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0012003.