Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 109† Schloßkirche 1555

Beschreibung

Epitaph des Arztes und Wissenschaftlers Georg Agricola an der Nordwand des nördlichen Querhauses, im Fußboden neben der Tür.1) Die Originalgrabplatte muß nach Zaders Zeit, also nach 1685, entfernt worden sein.2) Heute befindet sich links neben der Tür an der Wand, in unmittelbarer Nähe des tatsächlichen Bestattungsortes von Agricola, eine am 27.11.1934 enthüllte Kopie in Bronze.3)

Inschrift nach Zader/O.

  1. D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO)Georgio Agricolae Medicinae Doctori e(t) Cons(uli) Chemnicensi Viro pietate atq(ue) doctrina insigni de(que) Republ(ica) sua optime merito cui(us) nomen scripta qvae reliq(vi)t p(rae)clara immortalitati consecrarunt Spiritum a(utem) C(h)r(istus) in Sua illa aeterna tabernacula transtulit Uxor ac liberi lugentes F(ieri) C(uraverunt) Mortu(us) est A(nn)o aetatis suae LXII X Calend(as)4) Nov(embris) A(nn)o post C(hris)t(u)m natum MDLV

Übersetzung:

Dem besten, höchsten Gott. Für Georg Agricola, den Doktor der Medizin und Ratsherrn von Chemnitz, einen durch Frömmigkeit und Rechtgläubigkeit ausgezeichneten Mann, der sich um seine Stadt höchst verdient gemacht hat, dessen Namen die hochberühmten Schriften, die er hinterließ, der Unsterblichkeit weihen, dessen Seele aber Christus in sein ewiges Reich aufnahm, ließen seine tiefbetrübte Ehefrau und tiefbetrübten Kinder [dieses] machen. Er ist gestorben in seinem 62. Jahr, am 10. Tag vor den Kalenden des November im Jahr nach der Geburt Christi 1555.

Kommentar

Georg Agricola (Bauer) wurde am 24.3.1494 in Glauchau geboren, sein Vater Gregor war wahrscheinlich Tuchmacher und Färber.5) Georg Agricola war nach einem 1515 mit dem Baccalaureus Artium abgeschlossenen Studium zunächst Schulrektor. Ab 1522 studierte er in Deutschland und Italien Medizin.6) Nach 1526 war er als Arzt und Apotheker in Joachimsthal, später in Chemnitz tätig. In diesem Zeitraum schrieb er u. a. seine bekannten Werke über den Bergbau (auf die der Inschrifttext offensichtlich Bezug nimmt) „Bermannus sive de re metallica dialogus“ (1530) und „De re metallica“ (1556).7) Ab 1546 war Agricola mehrfach auf Befehl von Herzog (später Kurfürst) Moritz Bürgermeister der Stadt Chemnitz.8) Nach seinem auf heftiges Wechselfieber folgenden Tod am 25.9.1555 sollte dem Katholiken Agricola auf Anweisung von Kurfürst August im protestantischen Chemnitz lediglich ein stilles, unfeierliches Begräbnis zugestanden werden. Agricolas darüber sehr verletzte Familie bat nun den (wohl bereits seit den Leipziger Studienjahren) mit Agricola befreundeten Bischof von Naumburg, Julius Pflug, Georg würdig zu bestatten. Pflug ließ den Leichnam umgehend nach Zeitz bringen und feierlich beisetzen.9)

Georg Agricola schloß um 1527 seine erste Ehe mit der Witwe Anna Meyner, geborenen Arnold, die 1540 oder 1541 starb; eine gemeinsame Tochter war Anna.10) 1542 heiratete er sein Mündel, die 17jährige Anna Schütz, Tochter des Chemnitzer Bürgers Ulrich Schütz, mit der er die Töchter Irene (geboren um 1543, gestorben 12.2.1555), Lucretia (geboren 1547) und Anna (geboren 1552) und die Söhne Valerius (geboren um 1544) und Theodor (geboren 1551) hatte.11)

Anmerkungen

  1. Die Originaltafel „in Meßing“ befand sich nach Zader/O II, S. 24, an der Nordseite der Kirche „seithalben der obern thür“, sicherlich im Fußboden (da Zader an dieser Stelle im Fußboden liegende Grabinschriften mitteilt), zwischen den Grabinschriften des Konrad von der Planitz (Nr. 140) und des Heinrich Dreisker von Etzdorf (Nr. 16). Der Platz der modernen Tafel an der Wand entspricht also annähernd der von Zader genannten Stelle.
  2. Nach Müller, Georgius Agricola und seine Beziehungen zur Stadt Zeitz, in: Zeitzer Heimat H. 4, 1955, S. 127, wurde die Originaltafel im 17. Jahrhundert entfernt.
  3. Die Bronzeplatte wurde nach dem durch Zader überlieferten Text der Originalplatte angefertigt; H. 138 cm; B. 60 cm; Bu. 2 cm; die Inschrift lautet: D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / GEORGIO AGRICOLAE MED(ICINAE), DOCT(ORI), ET / CONS(VLI) CHEMNIZENSI, VIRO PIETATE / ATQVE / DOCTRINA INSIGNI DEQVE REPVBLICA SUA / OPTIME MERITO CVIVS NOMEN SCRIPTA, QVAE RELIQVIT PRAECLARA IMMORTALITATI CONSE-/CRARVNT, SPIRITVM AVTEM CHRISTVS IN SVA / ILLA AETERNA TABERNACULA TRANSTULIT, / VXOR LIBERIQVE LVGENTES F(IERI) C(VRAVERUNT) MORTVVS EST / ANNO AETATIS SVAE LXII, XXI. NOV(EMBRIS), A(NNO) D(OMINI) / MDLV, / NATVS EST GLAVCHAE XXIV MARTII A(NNO) D(OMINI) / MCCCCXCIV. / ANSTELLE DER VERLORENGEGANGENEN GRAB-/PLATTE WIEDERHERGESTELLT VON FREUNDEN / VND VEREHRERN DES GROSSEN HUMANISTEN, / DES VATERS DER MINERALOGIE VND DES WEG-/BEREITERS DES DEVTSCHEN BERGBAVS IM / JAHRE 1934.
  4. 23. Oktober.
  5. Prescher, Georgius Agricola (1494–1994), S. 7, in: Georgius Agricola und seine Familie. Dokumente, bearb. von G. Viertel, U. Bemmann, St. Pfalzer, U. Sacher, Chemnitz 1994 (Aus dem Stadtarchiv Chemnitz). Das Geburtsdatum Agricolas wird erstmals 1580 von Bernhard Sturm genannt, vgl. ebd. Zader/O II schreibt am Rand: „natus fuit Glauchae A(nno) 1494. 12. martii.“ Dieses Geburtsdatum ist falsch.
  6. Prescher, wie Anm. 5, S. 8–10. Den Doktortitel kann Agricola nur in Italien erworben haben, da er ihn bei seiner Rückkehr führt.
  7. Prescher, wie Anm. 5, S. 11–12.
  8. Prescher, wie Anm. 5, S. 28, 34, 43, 45.
  9. Prescher, wie Anm. 5, S. 49. Zader/O II, S. 45: „... er ist gestorben Zu Chemnitz den 21 Nov(embris) A(nno) 1555 v(nd) zuo Zeitz begraben worden in d(er) Thumb Kirch(e)n nach dem er 5 tage zuo Chemnitz vnbegraben gelegen Vrsache ist gewesen d(aß) er d(en) katholischen lehren anhengig gewesen biß an sein ende.“
  10. Prescher, wie Anm. 5, S. 11, 21 und 43; Anna war mit dem Chemnitzer Apotheker Gregor Ziegler (gestorben 2.1.1553) verheiratet.
  11. Ebd., S. 21, 24, 35, 42, 43, 47. Weitere Literatur zu Agricola: Pieper, Agricola NDB I, S. 98; Engewald, Georgius Agricola, 2. Aufl. Stuttgart/Leipzig 1994; Georgius Argicola 500 Jahre. Wissenschaftliche Konferenz vom 25. bis 27. März 1994 in Chemnitz, Freistaat Sachsen, Basel/Boston/Berlin 1994; Prescher, Wagenbreth, Georgius Agricola – seine Zeit und ihre Spuren, Leipzig/Stuttgart 1994; Georgius Agricola. Bergwelten 1494–1994, hg. B. Ernsting, Katalog zur Ausstellung des Schloßmuseums Chemnitz und des Deutschen Bergbau-Museums Bochum in Zusammenarbeit mit den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz, Essen 1994.

Nachweise

  1. Zader/O II, S. 24.
  2. Zader/O/StArZz III, S. 10.
  3. Zader/O/StdtArZz, Buch 3, fol. 501.
  4. Zader/StArZz, S. 9.
  5. Liebner, Bd. 7, S. 11.

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 109† (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0010901.