Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 78 Schloßkirche 1520

Beschreibung

Rahmen der Grabplatte für den bischöflichen Kanzler Heinrich Schmiedeberg. Bronze. Der aus sechs Teilen bestehende Rahmen mit erhabener Umschrift (A) befindet sich im Chor. In den Vierpässen der Ecken des gut erhaltenen Rahmens die Evangelistensymbole im Relief mit leeren Schriftbändern. Die offensichtlich zum Rahmen gehörende Bildnisplatte ist separat aufgehängt. Sie zeigt eine Darstellung des Verstorbenen. Die eingravierte Inschrift (B) auf einem Schrifttäfelchen in seiner Rechten. Das aus zwei Teilen zusammengesetzte Halbrelief zeigt einen lebensgroßen, etwa 50jährigen Geistlichen im Atlasmantel, auf einem Podest stehend, sein Barett, einen Rosenkranz und das Schrifttäfelchen in den Händen. Die Zuordnung dieses Mittelbildes zum Rahmen liegt nach Stil und Maßen beider Stücke nahe. Endgültig schlüssig belegt wird die Zusammengehörigkeit durch Mitteilungen von Grubner (mit Beschreibung) und Liebner (mit Beschreibung beider Inschriften).1) Die Grabplatte (Rahmen und Mittelteil) lag ursprünglich vor dem Hauptaltar im Fußboden, in der Nähe des Taufsteins.2)

Maße: H. 210 cm (Rahmen); H. 172 cm (Bildnisplatte); B. 131 cm (Rahmen), B. 68 cm (Bildnisplatte); Bu. 7 cm (A), 0,7–1,0 cm (B).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (A), Kursive Minuskel (B).

BBAW Berlin, Inschriftenprojekt (Thomas Kreil) [1/3]

  1. A

    · M · D · XX · NO(NO)a) · NOVEMB(RIS) · CLARISS(IMVS) · IVRECON(SVLTVS)b) / · D(OCTOR) · HEINRICVSc) SHMIDBVRG · LIPS(IENSIS)d) · NVMBVRG(ENSIS) · DIOCES(IS)e) · FREISING(ENSIS) · EP(ISC)O(PI)f) PHIL(IPPI)g) / BAVAR(IAE)h) · PRIN(CIPIS) · AD.MINISTR(ATORIS) · CANCELLAR(IVS)i) · / PAVP(ER)VM · ADVOC(ATVS) · VITAM · FAMILLIA(M)Q(VE)j) · FINIVIT · R(EQVIESCAT) · I(N) · P(ACE) · AMEN ·k)

  2. B

    aue maria / gracia plena / domi(nus) // tecum1) / pene//dicta / tu in // m(ulieribus)3)

Übersetzung:

1520, am neunten November, hat der hochberühmte Rechtsgelehrte Doktor Heinrich Schmiedeberg aus Leipzig, Kanzler des Administrators der Naumburger Diözese, des Bischofs von Freising Philipp, Herzogs von Bayern, Anwalt der Armen, sein Leben als letzter seines Geschlechts beendet. Er ruhe in Frieden. Amen. (A)

Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnaden, der Herr ist mit Dir, Du bist gebenedeit unter den Frauen. (B)

Kommentar

Die Buchstaben stehen sehr dicht aneinander; häufig sind Ligaturen und Enklaven. Die Diagonalhaste des N und der Balken des H tragen Halbnodi.

Heinrich Schmiedeberg (Schmideburg) wurde 1487 in Leipzig geboren; sein Vater war der Arzt Dr. Valentin Schmiedeberg, seine Mutter Ursula Proles.4) Heinrich Schmiedeberg studierte in Leipzig, wo er um 1508 zum Doctor iuris promoviert wurde.5) Er diente den Naumburger Bischöfen Johannes III. (Regierungsbeginn 1492, gestorben 26.9.1517) und Philipp (Administrator des Bistums 1517; gestorben 1541) als Kanzler.6) Philipp hielt sich meist in seinem Bistum Freising auf, so daß Schmiedeberg (gemeinsam mit Eberhard von Thor) ihn vertrat und ersetzte. Schmiedeberg soll insgeheim die Lehre Luthers angenommen haben. In seinem Testament vermachte er Martin Luther, mit dem er in brieflichem Kontakt gestanden hatte, 100 Taler.7) Er starb kaum 42jährig.8) Eine Gedächtnisinschrift für Heinrich Schmiedeberg befindet sich auf einem Epitaph der Familien Schmiedeberg und Pistorius von 1522 in der Leipziger Nikolaikirche.9)

Textkritischer Apparat

  1. NONO NOVEMBRIS steht für DIE NONO NOVEMBRIS (am neunten Tag des November).
  2. O Enklave in C.
  3. V Enklave in C.
  4. I über den Balken des L gestellt.
  5. E Enklave in C.
  6. O Enklave in P.
  7. I auf den Balken des H gestellt; der Balken des L fehlt; HIL ist aufgelötet.
  8. V hochgestellt zwischen den beiden A.
  9. Das A steht im L.
  10. Sic! Das zweite I Enklave in L.
  11. Der letzte Punkt eine stilisierte Blume.
  12. Die Schrift wird durch den rechten Zeigefinger unterbrochen.

Anmerkungen

  1. Des Advokats Grubners historische Nachrichten von den Stiftskanzlern in Zeitz, Stadt- und Kreisarchiv Zeitz, Nr. 3500 00/25, S. 5; Liebner, Bd. 4, S. 36–37.
  2. Zader/O II, S. 26 und 29: zwischen den Grabinschriften des Johannes Andreas (Nr. 185) und des Eberhardt von Thor (Nr. 86). Grubner und Liebner, beide wie oben, geben ebenfalls den Platz beim Taufstein an.
  3. Liturgischer Text nach Lc. 1,28.
  4. Wießner, Bistum Naumburg, 1,2, S. 1071–1072.
  5. Ebd.
  6. Liebner, Bd. 4, S. 34.
  7. Grubner, Dec., S. 17.
  8. Liebner, Bd. 4, S. 37.
  9. Liebner, Bd. 4, S. 37, und Gurlitt, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, H. 17, Stadt Leipzig, Dresden 1895, S. 27, mit einer Abbildung des Gemäldes auf Tafel VIII: D(OCTOR) HEINR(ICUS) SCHMIDBVRG: NVMBURG(ENSIS) EPIS(COPI) CANCELL(ARIUS) / VIX(IT) AN(NOS) XLII: OBIIT M. D. XXo No(no) NOVEM(BRIS) FAMIL(IAE) S(UAE) FINIS.

Nachweise

  1. Zader/O II, S. 29.
  2. Zader/O/StArZz III, S. 9.
  3. Zader/O/StdtArZz, Buch 3, fol. 503.
  4. Zader/Grubner III, S. 12.
  5. Zader/StArZz, S. 8.
  6. Thamm, Bd. 1, fol. 290.
  7. Liebner, Bd. 4, S. 36f; Bd. 7, S. 10.
  8. Brinkmann, Peter- und Paulsdom, S. 41.
  9. Wollesen, Messing-Grabplatten, S. 4 (A).
  10. Des Advokats Grubners historische Nachrichten von den Stiftskanzlern in Zeitz, Stadt- und Kreisarchiv Zeitz, Nr. 3500 00/25, S. 5 (B).

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 78 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0007804.