Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 58 Stiftsmuseum um 1490–1492 o. wenig später
Beschreibung
Sog. blaues Antependium.1) Gestiftet von dem Kanoniker Philipp Schoen für die Johanneskapelle des Domes. Niederrheinisch. Seidenstickereien auf farbigem Leinen, appliziert auf blauen Wollstoff; Außen- und Binnenstrukturen durch farbige Kordeln hervorgehoben. Zwischen zierlichen Blütenbäumen, die in Reihen auf Lücke gearbeitet sind, links ein geflügelter, nimbierter Stier, Symbol des Evangelisten Lukas, des Patrons der Ärzte, mit dem Stifterwappen zwischen den Vorderhufen. Rechts Johannes der Täufer als Eremit mit Buch und Lamm. Beide Figuren stehen auf einer Erdscholle. Unter den Darstellungen jeweils eine gestickte Bildbeischrift. 1974 Konservierung durch Gerd Rosenberger, Nadelrestaurierung durch Renate Jaques, beide Krefeld.2)
Maße: H. 101 cm; B. 178 cm; Bu. 9,2 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
- A
S(an)c(tu)s · lucas
- B
S(an)c(tu)s · ioh(anne)s · bap(tis)taa) ·
Schoen3) |
Textkritischer Apparat
- ta hochgestellt.
Anmerkungen
- Inv.-Nr. nach Hölker/Jaques (1925/75): I-54.
- Detaillierter Bericht s. Jaques/Rotthoff, Paramente (1987), S. 42.
- Auf dunklem Grund ein silberner Schrägrechtsbalken, belegt mit drei Erpelköpfen.
- Beissel, Bauführung I (1889), S. 61, S. 189; III, S. 59. Jaques/Rotthoff, Paramente (1987), S. 41.
- Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2329 von 1462 Mai 10, übersetzt Jaques/Hilger, Paramente (1979), S. 58.
- Bader, Dom I (1978), S. 310; Jaques/Rotthoff, Paramente (1987), S. 41.
Nachweise
- Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 142, Nr. 44.
- Hölker/Jaques, Inventar (1925/75), I-54.
- Bader, Dom I (1978), S. 309f.
- Jaques/Hilger, Paramente (1979), S. 59, Tf. 34.
- Schiffler, Inventar (1981), Mp. V 3, Nr. 41.
- Jaques/Rotthoff, Paramente (1987), S. 41–43.
- Heitmeyer-Löns, Inventar Paramente (2008), Bd. 1, Nr. 779/80.
- Kat. Goldene Pracht (2012), S. 324, Nr. 161 (mit Abb.).
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 58 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0005803.
Kommentar
Die Inschriften sind in einer Bandminuskel ausgeführt, deren Konturen durch Kordeln im hellen Farbton des Buchstabenkörpers betont sind. In roter Farbe ist diese Kordel bei den Gemeinen an den (gedachten) Knicklinien des Minuskelbandes, bei den Versalien zudem an den oberen Kanten der Bögen ausgeführt. Der ornamentale Charakter der Beischriften wird durch den S-Versal mit gebrochenem oberem Bogenabschnitt und Verdoppelung der Bogenenden betont. Die Schäfte und gespaltenen Ober- und Unterlängen tragen feine, teilweise lang ausgezogene Zierbögen und -schleifen. Die Worttrennung erfolgt durch Quadrangel mit oben und unten ansetzenden Zierhäkchen.
Das Wappen identifiziert den Stifter des Antependiums, den Xantener Kanoniker (1454–1492) und Doktor der Medizin Philipp Schoen, der u. a. als Leibarzt des Herzogs von Geldern tätig war. Im Zuge des Ausbaus der nördlichen Seitenschiffe wurde die südlich des Barbaraturms befindliche Taufkapelle 1487 durch die Johanneskapelle mit dem 1490 errichteten Johannesaltar ersetzt.4) Schon 1492, im Todesjahr des Philipp Schoen, stellte der Vatikan eine Ablassbulle für Stiftungen zugunsten dieses Altares aus.5) Ob die Stiftung des Antependiums noch zu Lebzeiten erfolgte6) oder testamentarisch verfügt wurde, ist nicht bekannt.