Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 23 St. Viktor, Südturm um 1316–1338

Beschreibung

Viertel-Stunden-Glocke, sog. Katharina. In der oberen Gaube an der östlichen Außenseite des Südturmes unzugänglich aufgehängt.1) Krone und Haube der Glocke sind schmucklos. Am Hals läuft zwischen Rundstegen eine Glockenrede mit Funktionsbezeichnung und Namensansage um, oben und unten von je zwei weiteren Stegen begleitet. Ein weiterer Rundsteg schmückt den Wolm.

Ergänzungen nach Cuno.

Maße: unbekannt.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Dombauhütte Xanten [1/3]

  1. + · CLANGENS · [DIUI]NA · CELEBRANDA · UOC̣OR · [KAT]HERINA ·

Übersetzung:

Ich rufe mit meinem Klang zum Gottesdienst, ich heiße Katharina.

Versmaß: Hexameter, zweisilbig leoninisch gereimt.

Kommentar

Die Buchstaben wurden, wie es im 14. Jahrhundert zunehmend üblich wurde, mit Hilfe von Modeln angebracht. Es handelt sich bei der Schrift um eine gotische Majuskel, für die durchgängig runde Buchstabenvarianten verwendet wurden (unziales E, H und U, eingerolltes G, pseudounziales A, rundes N und T). C, E und U sind abgeschlossen. Die Bögen tragen deutliche Schwellungen, ebenso der linke Schrägschaft des pseudounzialen A und die senkrecht verlaufende Cauda des R. Die unteren Bogenenden von H, N und R sind nach rechts umgebogen und laufen in einem feinen Zierbogen aus. Der Schaft des I ist durch einen Zierstrich unter die Zeile verlängert, der Balken des L ist durch einen Sporn ersetzt. Die Worttrennung erfolgt durch senkrechte und waagerechte Dreipunktstäbe.

Die Buchstaben und die Worttrenner stimmen exakt mit jenen überein, die ein Kölner Gießer Heinrich für seine Glocken verwendete. Nach Poettgen ist dieser in Köln ansässige „Henricus fusor campanarum“ wohl identisch mit Henricus de Ude(ne)ni (= Heinrich von Oedt?2)), für den bislang 15 Glocken aus dem Zeitraum zwischen 1316 und 1338 nachgewiesen wurden, vier davon im Archidiakonat Xanten.3) Bei letzteren handelt es sich um Glocken für die Kirchen in Kleve-Keeken (1333), Emmerich (1337), Kleve und Kalkar-Hönnepel (beide undatiert).4) Die Katharina-Glocke lässt sich anhand der sehr markanten Schrift- und Zierelemente mit hoher Sicherheit ebenfalls dieser Werkstatt zuweisen.

Anmerkungen

  1. Johannes Schubert (Dombauhütte Xanten) sei sehr herzlich dafür gedankt, dass 2016 neue Aufnahmen von der Glocke angefertigt und zur Verfügung gestellt wurden.
  2. Vermutlich ein Herkunftsname mit Bezug auf Grefrath-Oedt, Kreis Viersen.
  3. Vgl. Poettgen, 700 Jahre Glockenguß (2005), S. 64–66.
  4. Heute alle Kreis Kleve.

Nachweise

  1. Cuno (1868) in: Heckes, Restaurations-Bau (1989), Kap. Glocken, S. 6.
  2. Ley/Kernder, „Mit heiterer Stimme“ (2005), S. 47f.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 23 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0002304.