Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 21 Stiftsmuseum 1302–1322
Beschreibung
Tragestange für Vortragekreuze.1) Eichenholz mit Silberbeschlag, z. T. vergoldet. Die Stange besteht aus einem Rundholz, auf das spiralförmig ein (heute teilweise verlorenes) Silberband aufgelegt ist. Die Fugen werden durch ein profiliertes, vergoldetes Band mit Punktmuster ornamental verdeckt. Der Griff ist mit Stoff verkleidet, der mit rundköpfigen Nägeln befestigt ist. Über dem Griff ist eine Manschette aus vergoldetem Silber mit zweizeilig gravierter Stifterinschrift mit Fürbitte aufgelegt.
Maße: L. 143,6 cm; Bu. 0,4–0,6 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
+ HE(N)RICVSa) · DE HALEN CVSTO/Sb) · FECIT · FIERI · ORATE P(RO) EO
Übersetzung:
Der Thesaurar Heinrich von Halen ließ (diese Stange) herstellen. Betet für ihn.
Textkritischer Apparat
- Kürzung durch leicht geschwungenen Schrägstrich.
- Der Zeilenwechsel erfolgt vor dem letzten Buchstaben und ist durch eine geschwungene Linie vom Ende des linken Kreuzarms in der oberen zum S in der unteren Zeile markiert.
Anmerkungen
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): B-11. S. auch Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 134, Nr. 24. Eine zweite, etwas jüngere Stange unterscheidet sich nur unwesentlich von dieser, trägt aber keine Inschrift.
- Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 357 von 1302 Sept. 14 und Nr. 534 von 1322 April 13.
- Classen, Archidiakonat (1938), S. 105.
- Kat. 750 Jahre (1978), S. 47, Nr. 80, Abb. in 700 Jahre Stadt Xanten (1928), S. 83; Hawicks, Xanten (2007), S. 169, Anm. 369 und Tf. 14. Die Umschrift lautet: + SI(GILLVM) HENR(ICI) · TESAVRARII · ECCLE(SIAE) XANCTEN(SIS). S. Stiftsarchiv Xanten, Urk. 168 von 1302 Sept. 14, mit vier Siegeln an Pergamentstreifen.
Nachweise
- Schiffler, Inventar (1981), Mp. 3, Altargerät, Nr. 30.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 21 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0002106.
Kommentar
Die Buchstabenhöhe schwankt, die Zeile wird an einigen Stellen nicht gehalten. Das F ist bis unter die Grundlinie gezogen und ragt bei FIERI zudem deutlich über das folgende I hinaus. Nur E und H werden in ihrer unzialen Form verwendet, alle anderen Buchstaben gehen auf das kapitale Alphabet zurück. A ist trapezförmig mit beidseitig überstehendem Deckbalken. C und E sind durch kräftige, über die Bögen hinausragende Abschlussstriche geschlossen, deren Enden beim C von HE(N)RICVS nach innen umgebogen sind. Der Schaft des D reicht über die Bogenenden hinaus und ist an den Enden ebenfalls umgebogen, so dass der Buchstabe ein seitenverkehrtes Gegenstück zum C darstellt. Die Schaft- und Bogenenden tragen ausgeprägte, teilweise dreieckige Sporen, L und T kräftige Balkensporen, die im Zusammenwirken mit (leichten) Bogenschwellungen den flächigen Charakter der Schrift bewirken. R ist offen, die Cauda dreieckig verdickt. Der Bogen des unzialen H ist weit bis unter die Grundlinie gezogen. Als Worttrenner dienen sechsstrahlige Sternchen.
Heinrich von Halen ist 1302–1322 als Thesaurar in Xanten urkundlich nachweisbar.2) 1337 wird seine Präbende „in bursa“ in der Kellnereirechnung erwähnt.3) Erhalten hat sich ein Abdruck seines Thesaurarsiegels aus dem Jahr 1302.4) Die Schrift des Siegels weist Übereinstimmungen mit der Inschrift auf der Tragestange auf, etwa die Form des A, die langen, schmalen Balkensporen von L und T, die breite, aber oben und unten leicht abgeflachte Form des S und das – soweit am Siegelabdruck erkennbar – in beiden Inschriften vorhandene R mit dreieckig verdickter Cauda. An beiden Trägern wurde V statt U verwendet, für N hingegen die kapitale Form auf der Stange, die runde auf dem Siegelstock. Beides darf für den Schriftvergleich nicht zu hoch bewertet werden, da die abwechselnde Verwendung kapitaler und unzialer bzw. runder Formen am selben Träger oder auch an verschiedenen Trägern von derselben Hand im 14. Jahrhundert zwar rückläufig, aber durchaus noch üblich war. Es ist demnach möglich, wenn auch nicht zwingend, dass der Siegelstock und der Silberbeschlag der Tragestange vom selben Silberschmied hergestellt wurden.