Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 245 St. Viktor, Lapidarium 1646
Beschreibung
Steintafel mit Name und Datum, ursprünglich in den Treppenturm des Kartäuserklosters in der Karthaus1) eingelassen, heute im Lapidarium des Domes.2) Baumberger Sandstein. Quadratische Platte mit profiliertem Rahmen, der braunrote Fassungsreste aufweist. Die Inschrift ist zeilenweise eingehauen und (heute) teilweise rot ausgemalt. 1945 wurde das Klostergebäude schwer beschädigt, der Treppenturm blieb erhalten.3) Auch die Platte erlitt Schaden: Die rechte obere Ecke ist abgebrochen, aber erhalten, es gibt Abstoßungen, Abplatzungen der Oberfläche und andere Verwitterungsspuren im Bereich der Inschrift (insbesondere der Jahreszahl) und des Rahmens.
Maße: H. 53 cm; B. 55 cm; T. 12,5 cm; Bu. 6 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
S(ANCTVS)a) P(ATER)a) BRVNO CAR/TVSIANORV[M]b) / PATRIARCHA · / [1646]
Übersetzung:
Der hl. Vater Bruno, Patriarch der Kartäuser, 1646.
Textkritischer Apparat
- Kürzung durch zwei übereinander gesetzte Dreispitze.
- T verkleinert.
Anmerkungen
- Karthaus ist der Name einer Straße, die den früheren Immunitätsbereich nach Nordosten hin begrenzt.
- Inv.-Nr. 404 B. In situ heute eine Kopie aus Udelfanger Sandstein.
- Aufnahmen in Kat. Xanten, Februar 1945 (1995), Nr. 158 und 161. Die Platte ist auf dem Foto Nr. 161 deutlich zu erkennen.
- Bruno der Kartäuser wurde formell nie heiliggesprochen, seine Verehrung 1514 durch Papst Leo X. aber für den Kartäuserorden und 1622 von Gregor XV. für die ganze Kirche anerkannt. Allgemeine Verbindlichkeit erhielt das Fest 1674 durch Papst Clemens X. (G. Binding, Art. Bruno der Kartäuser, in: LexMA, Bd. 2 [1983], Sp. 788–790, hier Sp. 790).
- Birckman, Geschichte (1928), S. 89f.; Kat. 750 Jahre (1978), S. 66f.; Janssen/Grote, Zwei Jahrtausende (2001), S. 185–188. Vgl. die Einleitung, Kap. 2.3.4.
Nachweise
- Kat. 750 Jahre (1978), S. 67.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 245 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0024502.
Kommentar
Die schlanke Kapitalis weist Formen auf, die in einer qualitätvollen, sorgfältig gearbeiteten Inschrift im deutschen Bereich für die Mitte des 17. Jahrhunderts eher als ungewöhnlich einzuschätzen sind. Das betrifft etwa das spitzovale O, den flachen Bogen des C sowie B und R, deren Bögen bzw. Bogen und Cauda sich nicht berühren. Einige Wortanfänge sind größer ausgeführt, das T am Beginn der zweiten Zeile hingegen deutlich kleiner. Kürzungen und Worttrennung erfolgen durch Dreispitze.
Der hl. Bruno (um 1030–1101) ist der Gründer des Kartäuserordens.4) Nachdem das Kloster der Kartäuser auf der Graveninsel bei Wesel zwischen 1583 und 1586 im Spanisch-Niederländischen Krieg zerstört worden war, siedelten die Mönche zunächst nach Wesel und schließlich nach Xanten um. Nach anfänglichem Widerstand der Xantener Behörden erwarben sie 1628 Grundstücke im Bereich der Rheinstraße und der Karthaus und errichteten ein kleines Kloster für acht Mönche mit dem Konventsgebäude, das mit seinem charakteristischen Treppenturm bis heute das Stadtbild im Osten wesentlich bestimmt.5) Die Inschrift erinnert an die Errichtung des Konventsgebäudes in den Jahren 1646–1648. Die Formulierung im Nominativ spricht dagegen, dass sie als Widmung zu verstehen ist. Hinweise auf eine Verbindung des Textes mit einer bildlichen Darstellung des verehrten Ordensgründers liegen nicht vor.