Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 233 St. Viktor, Kreuzgang 1629

Beschreibung

Epitaph für den Schöffen Paul Vonhoff (II)1) im Ostflügel des Kreuzgangs, Joch U8/9. Baumberger Sandstein. Das Epitaph besteht aus einer zentralen Schrifttafel, einem Aufsatz und einem Unterhang. Der geschweifte, an den unteren Ecken mit Voluten versehene Aufsatz ist durch eine senkrechte, erhabene Leiste in zwei Felder unterteilt, die durch jeweils ein in Relief gearbeitetes Wappen gefüllt sind. Auf der unteren Rahmenleiste des Aufsatzes ist eine Widmung angebracht (A). Auf der oben und unten von schmalen Gesimsen eingefassten Schrifttafel sind ein Sterbevermerk (B), ein sechs Verse umfassendes Grabgedicht (C), eine Fürbitte (D) und ein Setzungsvermerk (E) ausgeführt. Die Inschriften B und C unterscheiden sich zwar sprachlich durch den Wechsel von Prosa zu Vers, bilden aber optisch eine Einheit, zumal nicht nur die Pentameter der metrischen Inschrift eingerückt sind, sondern auch die zweite Zeile der Prosainschrift B. Fürbitte und Setzungsvermerk hingegen sind gegenüber dem übrigen Text durch Größe und Anordnung deutlich abgegrenzt. Alle Inschriften sind erhaben herausgehauen. Die Schrifttafel ist im unteren Drittel – mitten durch die Fürbitte – waagerecht durchgeschnitten. Die Oberfläche des unteren Teils ist grob scharriert. Dieser Zustand lässt sich bereits an einem 1868 angefertigten Abrieb der Platte nachvollziehen.2) Der Untersatz ist geschwungen und trägt einen geflügelten Engelskopf, flankiert von Palmetten.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 94,5 cm; B. 63 cm; Bu. 2 cm (A), 2–2,3 cm (B), 2–3 cm (C), 3,2 cm (D), 2,1–2,7 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis mit eingestreuten Minuskelbuchstaben.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Foto Sonja Hermann) [1/3]

  1. A

    DEO OPT(IMO) MAX(IMO) ·

  2. B

    EPITAPHIUMa) / PAULI VONHOFF HUIUS CIUITATIS SCABINI · / NATI · 7 · (OCTO)bRISb) A(NN)Oc) · 1594 DEFUNCTI A(NN)Oc) · 1629 · 11 (SEPTEM)bRISd)

  3. C

    SICNE VIRUM IUUENEM RAPIS Ô MORS INUIDA PRISCIS /QUI VIRTUTE SUIS AEQUIPARANDUS AUIS /MORIBUS IPSE GRAUIS PRUDENS ERAT ATqUEe) PERITUS /IN LINGUIS VARIJSf), IUSTITIAEqUEe) TENAX · /HEU RAPERIS PATRIAE SPES, ET LUX, PAULE, TUORUM /TU TAMEN INTEREA COELICA REGNA RAPIS .

  4. D

    R(EQUIESCAT) . I(N) . S(ANCTA) . P(ACE) . AMEN .

  5. E

    SIBYLLA · A VEN[H]O[F]FENg) / VIDUA PAULI VONHOFFS MOERENS / [PO]SU[I]Th) ·

Übersetzung:

(A) Dem besten (und) höchsten Gott.

(B) Epitaph des Paul Vonhoff, Schöffen dieser Stadt, geboren am 7. Oktober 1594, verstorben am 11. September 1629.

(C) Raffst du so, o neidischer Tod, einen jungen Mann dahin, der an Tugend mit seinen altehrwürdigen Ahnen zu vergleichen ist? Charakterfest war er, klug und versiert in verschiedenen Sprachen, hielt sich beharrlich an die Gerechtigkeit. Ach, du wirst dahingerafft, Paul, Hoffnung des Vaterlandes und Licht der Deinigen. Dennoch reißt du inzwischen das Königreich des Himmels an dich.

(D) Er möge ruhen in heiligem Frieden. Amen.

(E) Sibylla von Venhoffen, Witwe des Paul Vonhoff, hat voller Trauer (dieses Grabmal) errichtet.

Versmaß: Elegische Distichen, reimlos (C).

Wappen:
Vonhoff3), unbekannt4)

Kommentar

Einige Anfangsbuchstaben sind vergrößert. Vereinzelt sind Minuskelbuchstaben in den Text integriert (b in beiden Monatsnamen, q zweimal in QUE), wobei aber das Zweilinienschema beibehalten wurde. M ist mit kurzem Mittelteil und wechselweise parallelen oder leicht schräg gestellten Außenschäften gestaltet. U/V ist – unabhängig vom Lautwert – im Wortinnern stets rund und nur am Wortanfang spitz ausgeführt. Als Worttrenner, Kürzungs- und Interpunktionszeichen fungieren Punkte in der Zeilenmitte (A, B), kurze, an den Enden umgebogene Schrägstriche (B), Virgeln sowie Quadrangel auf der Grundlinie (C, D) und in der Zeilenmitte (E).

Die genealogische Einordnung des jung verstorbenen Paul Vonhoff, der nur einmal in der Funktion des Schöffen belegt ist,5) ist unklar. Der Schöffe und Bürgermeister Paulus Vonhoff (I) starb bereits 1588 (siehe Nr. 198) und kommt als Vater des gleichnamigen Verstorbenen nicht in Frage, sofern das auf dem Epitaph angegebene Geburtsjahr stimmt. Jedenfalls aber gehörte der jüngere Paul Vonhoff zur selben Generation wie der Sohn des Paul Vonhoff (I), der ebenfalls als Xantener Schöffe bezeugte Otto Vonhoff (siehe Nr. 198).6)

Textkritischer Apparat

  1. Wort mittig gesetzt.
  2. OCTO durch die Ziffer 8 wiedergegeben.
  3. Kürzung durch hochgestelltes O.
  4. SEPTEM durch die Ziffer 7 wiedergegeben.
  5. Minuskel-q in das Zweilinienschema der Kapitalis eingefügt.
  6. IJ-Ligatur in Form eines Y mit nach links umgebogenem rechten Schrägschaft.
  7. H und erstes F beschädigt.
  8. P und O beschädigt, I weggebrochen.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H-39.
  2. Archiv der Dombauhütte, Abrieb Cuno Nr. 16699.
  3. Siebenstrahliger Stern.
  4. Schragen, begleitet von vier sechsstrahligen Sternen. Es dürfte sich entweder um das Wappen Venhoffen oder um das der Mutter des Verstorbenen handeln.
  5. Kastner, Urkunden V (2014), Nr. 3641 von 1625 Mai 16.
  6. Siehe zu möglichen Verwandtschaftsverhältnissen auch eine Grabbezeugung für den 1668 verstorbenen Scholaster Wilhelm Vonhoff, der den Aufsatz des Barbaraaltares stiftete und vor diesem bestattet wurde (Beissel, Bauführung III [1889], S. 127).

Nachweise

  1. Archiv der Dombauhütte, Abrieb Cuno (1857/68), Nr. 16699.
  2. Hölker, Inventar (1925), H-39.
  3. Engelskirchen, Inschriften (1937), S. 29, Nr. 19.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 233 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0023306.