Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 137† Markt, † Gasthaus Zum Schwan 1550, 1556, 1. H. 17. Jh.?

Beschreibung

Vier Glasgemälde (Wappenscheiben?) in der Herberge Zum Schwan am Markt. Von Dorth hat die Scheiben im Jahre 1659 „vorne auf der Dhelen im Giebel“ gesehen. Die Scheiben zeigten jeweils das Wappen einer adligen Familie mit einer Wappenbeischrift in Niederländisch mit deutschen Elementen, drei von ihnen trugen zudem ein Datum.

Inschriften nach von Dorth.

  1. A

    Gumprecht grave tzu Niewenaer vnd Limburch erfvocht tzu Cölln freyher zu / Linnep vnd Helffenstein her zu Alpen / Anno 1550

  2. B

    Philips von Dhuyn grave zu Falckenstein her zu Oberstein vnd Bruch / A(nn)o 1550

  3. C

    [- - -] zu Hanaw [Mün]tzenburg

  4. D

    Johan van Rossem Heer to Brockhusen / A(nn)o 1556

Wappen:
Neuenahr-Wertheim1), Daun-Falkenstein2), Hanau-Münzenberg3), van Rossem4)

Kommentar

Graf Gumprecht IV. von Neuenahr-Alpen (1503–1552/56) war der Sohn Graf Gumprechts III. von Neuenahr-Alpen (1470–1530) und seiner Frau Amalia Gräfin von Wertheim. Nach dem Tod des Vaters war Gumprecht IV. Erbe der Hälfte des Kondominats der Grafschaft Limburg, Alpens, Helpensteins, des Schlosses Linnep und der Erbvogtei Köln. Er war in erster Ehe 1528–1529 mit Anna von Bronckhorst verheiratet, in zweiter Ehe 1536–1542 mit Cordula, der Tochter Jobsts I. von Holstein-Schaumburg. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Amalia, nachmalige Kurfürstin von der Pfalz (1539–1602), die in der Gemeinde Alpen, einer Nachbargemeinde Xantens, bis heute als Wohltäterin verehrt wird; u. a. veranlasste sie den Bau der evangelischen Kirche, in der ein repräsentatives Grab an sie erinnert. Gumprecht IV. heiratete 1542 in dritter Ehe Amoena von Daun-Falkenstein und erhielt im selben Jahr per Ehevertrag von ihrem Vater Wirich von Falkenstein und Limburg zu Oberstein und Broich mit Hohenlimburg den noch fehlenden Teil der Grafschaft Limburg.5)

Graf Philipp II. von Daun-Falkenstein (um 1510–1554) war Sohn des Grafen Wirich V. (um 1473–1546) von Daun-Falkenstein und der Gräfin Irmgard von Sayn († 1551). Nach dem Tod des Vaters 1546 erbte er Oberstein und Broich. 1522 erhielt er ein Kanonikat am Kölner Domstift, das er 1551 verlor, als er sich dem protestantischen Erzbischof Hermann von Wied anschloss. Er heiratete ein Jahr später nach Dispens von Papst Julius III. die ehemalige Nonne Maria Caspara von Holtey, mit der er seit 1539 zusammenlebte und zwei Kinder hatte, Wirich und Magdalena.6)

Auch die Grafschaft Hanau-Münzenberg, die 1458 aus einer Teilung der Grafschaft Hanau hervorgegangen war, schloss sich früh der Reformation an und wurde zunächst lutherisch, später calvinistisch.7) Wann die Scheibe mit dem Hanau-Münzenberger Wappen in das Fenster des Gasthauses eingefügt wurde, ist angesichts der fragmentarischen Überlieferung bei von Dorth wohl nicht mehr mit hinreichender Sicherheit feststellbar. Der Überlieferungszusammenhang spricht dafür, dass dies ebenfalls in der Mitte des 16. Jahrhunderts geschah. Berührungspunkte zwischen dem Grafengeschlecht und der Stadt Xanten könnte es allerdings am ehesten während der ehelichen Verbindung zwischen Philipp Ludwig II., Graf von Hanau-Münzenberg († 1612), und der Prinzessin von Oranien Katharina Belgica († 1648), einer Tochter Wilhelms von Oranien, von 1596 bis 1612 gegeben haben.8) Die Oranier waren von 1601 bis 1702 die Herren der Grafschaft Moers in unmittelbarer Nachbarschaft zu Xanten. In diesem Falle müsste man von einer deutlich späteren Anfertigung der Scheibe im späten 16. oder in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgehen.

Johan van Rossem (auch: Rossum) stammte aus einem alten Gelderner Adelsgeschlecht.9) Er kam durch die Heirat mit Oda, der Enkelin des letzten männlichen Erben von Schloss Broekhuizen, Reinier van Broekhuizen († 1496), in den Besitz der gleichnamigen Herrlichkeit.10) Am 24. Mai 1551 nahm Johan van Rossem als adliger Kämpfer an der „hastiludia“ teil, dem ‚Spießbrechen‘, das am 24. Mai 1551 anlässlich der Hochzeit der Magdalena Holtzevinnen mit Oswald Reynart von Herzog Wilhelm V. auf der Klever Burg veranstaltet wurde.11) Ein Martinus de Rossem erhielt am 22. März 1540 durch Präsentation des Herzogs von Kleve eine Präbende am Xantener Stift.12)

Anmerkungen

  1. Quadriert: 1/4. Neuenahr (Adler), 2/3. Limburg (Löwe mit Doppelschweif), belegt mit Herzschild Isenburg (zwei Balken), vgl. Daebel, Kurfürstin (2004), S. 357f.
  2. Gitter (vgl. Fahne, Köln. Geschlechter I [1848], S. 308 zu Oberstein).
  3. Quadriert: 1/4. Grafschaft Hanau (3 rote Sparren in goldenem Feld), 2. Herrschaft Münzenberg (Rot über Gold geteilt); 3. unbekannt (roter Balken in Gold); Helmzier: wachsender Schwan. Vgl. E. Meise, Herrschaftswappen in der Hanauer Innenstadt, in: Neues Magazin für Hanauische Geschichte, Heft 2, 2000, S. 74–103.
  4. Drei rote Vögel in weißem Feld (vgl. Fahne, Köln. Geschlechter 2 [1853], S. 124).
  5. Daebel, Kurfürstin (2004), S. 368ff.; vgl. Hugo Altmann, Art. Neuenahr, in: NDB 19 (1999), S. 107.
  6. Helmut Dahm, Art. Daun, in: NDB 3 (1957), S. 530.
  7. Anette Löffler, Die Herren und Grafen von Falkenstein (Taunus) (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 99), Darmstadt 1994, Bd. 1, S. 361ff.
  8. Freundlicher Hinweis von Eckhard Meise, Hanau, dem auch die Blasonierung des bei von Dorth überlieferten Wappens zu verdanken ist. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor, von denen zwei im Kindesalter verstarben.
  9. Er war ein Bruder des Maarten van Rossem (ca. 1490–1555), der sich als Marschall der Armee des Herzogs Karl von Geldern durch sein rücksichtsloses Wüten in den Niederlanden einen zweifelhaften Ruhm erwarb und 1555 einer Seuche erlag (Müller, P. L., Rossem, Martin von, in: ADB 29 [1889], S. 257f.).
  10. Das Schloss, heute eine Ruine, wurde nahe dem Dorf Broekhuizen (Provinz Limburg/NL) im Broekhuizerbroek, einem alten Maasbett, erbaut. Odas Eltern waren Walrave, die Tochter Reiniers van Broekhuizen, und der Utrechter Edelmann Steven van Zuylen van Nyvelt. Siehe Kastelen in Limburg (2005), S. 130.
  11. Scholten, Stadt Cleve (1879), S. 244, siehe auch S. 374.
  12. Stiftsarchiv Xanten, B 11, Aufzeichnungen des Kanonikers und Portars Goswini über die Stiftsherren, fol. 23.

Nachweise

  1. LVR NRW R, HS N III Nr. 2 (von Dorth, Notizen [1659–1674]), fol. 45r–v.
  2. Bambauer/Kleinholz, Inschriften (1980), Teil 2, S. 206f.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 137† (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0013705.