Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 114(†) St. Viktor, Domvorplatz/Lapidarium 1525–1536
Beschreibung
Fünf Kreuzwegstationen, gestiftet vom Kanoniker und Kellner des St. Viktorstifts Gerhard Berendonck. Baumberger Sandstein. Ensemble von ursprünglich fünf vollplastischen Figurengruppen auf dem Platz vor dem Südportal, das nach der Stilllegung des Westportals nach 1945 heute den Hauptzugang zum Dom bildet. Die einzelnen Stationen sind um die Hauptachse zwischen dem Michaelstor als Zugangstor zur Immunität und dem Südportal der Kirche angeordnet. Ölbergszene, Ecce Homo, Grablegung und Auferstehung sind jeweils in ein architektonisches Gehäuse in Form eines kapellenartigen Innenraums mit Rundbogenöffnung gesetzt, das von einem Kreuzrippengewölbe mit dem Stifterwappen als Schlussstein überfangen ist. Die erhaltenen Gehäuse sind heute verglast. Die Stationsbilder waren ursprünglich farbig gefasst,1) die Kreuzigungsgruppe wurde beim Tod des Stifters 1553 auf Veranlassung der Testamentsvollstrecker durch Dietrich Scherre aus Duisburg neu polychromiert.2) 1771 wurde die Fassung durch einen grauen Ölanstrich verdeckt, den man bei der Restaurierung 1873 beließ und der die Originale konservierte.3) Deutliche Farbreste lassen sich heute vor allem an den Fragmenten der Gethsemane-Gruppe sowie an der Ecce-homo-Gruppe feststellen. Alle Stationen wurden 1945 schwer beschädigt, Restaurierungsarbeiten fanden seit 1950/51 statt (vgl. die Angaben zu den einzelnen Figurengruppen).
1. Jesus am Ölberg (Gethsemane).4) Die nur fragmentarisch erhaltene Station stand ursprünglich auf dem Kirchhof westlich der Stiftskirche vor der Kurie Wachtendonck (Kurie 29)5) und wurde von dort 1553 in ein neues Gehäuse, das in der Gartenmauer desselben Kanonikers gegenüber der Kreuzigungsgruppe errichtet worden war, versetzt.6) Im Zentrum kniet Christus im Gebet, einem Felsen zugewandt, über dem ein Engel mit Kelch in der Hand schwebt. Im Vordergrund sind die erstberufenen und bevorrechtigten Jünger Jesu Petrus, Jakobus d. Ä. und Johannes in Schlaf versunken. Von hinten drängen Soldaten, denen von Judas der Weg gewiesen wird, durch eine Wandöffnung heran. In einer Rundbogennische im Hintergrund ist eine kleine Figur des Stifters als Adorant eingestellt. Eine querrechteckige Platte mit einer mehrzeilig eingehauenen Inschrift (A) war in den Unterbau des Gehäuses eingelassen. Fragmente der Platte selbst sind nicht mehr vorhanden, wohl aber sind die beiden ersten Zeilen auf einem vor 1945 aufgenommenen Foto noch fragmentarisch zu lesen. Nach Pels war die Inschrift (eine Aufforderung zur Andacht?) schon 1733 nicht mehr lesbar, „auch nicht das Jahr“, wie der Kanoniker betont.7) Die Figurengruppe wurde 1945 schwer beschädigt und 2013/14 unter Verwendung der teilweise gut erhaltenen Fragmente von Hilmar Müller wiederhergestellt. Sie wurde 2017 an demselben Ort, an den sie 1553 transferiert worden war, wieder aufgestellt.
2. Ecce-Homo-Gruppe8) am Südturm westlich des Südportals. Links auf einem erhöhten Podest vor dem Eingang des Gerichtsgebäudes wird der gefesselte Jesus von Pilatus als Spottkönig dem versammelten Volk präsentiert. Der Stifter selbst ist als Adorant in einer Nische im Hintergrund abgebildet. Ebenfalls im Hintergrund sind in zwei eingetieften Nischen oberhalb der Hauptszene die Geißelung und die Dornenkrönung dargestellt. Die querrechteckige, originale Inschriftplatte am Sockel ist vollständig abgewittert, nur in der linken oberen Ecke sind noch geringfügige, aber nicht lesbare Schriftspuren einer eingehauenen Kapitalis erkennbar.9) Der Text ist kopial überliefert und setzt sich aus einer in Verse gefassten exegetischen Bildbeischrift, einer Klage über das undankbare Volk, das auf Lithostrotos, dem Richtplatz des Pilatus vor dem Prätorium (Johannes 19,13), den Tod Jesu fordert (B), sowie einer zweizeiligen Stifterinschrift mit Widmung in Prosa (C) zusammen. 1945 wurde die Skulpturengruppe durch den Gewölbeeinsturz schwer getroffen. Beschädigungen an den Figuren der Ecce-Homo-Gruppe wurden durch den Bildhauer Heinrich Paepen behoben.10)
3. Kreuzigungsgruppe (sog. Kalvarienberg).11) Auf einem zweistufigen, gemauerten Unterbau längs der Achse Michaelstor–Südportal erhebt sich das Kreuz Christi mit einem dreisprachigen Titulus auf einer gerahmten, oben leicht gebogenen Tafel (D). Rechts und links hängen die beiden Schächer, ein Engel und ein Teufel führen ihre Seelen, die in Form kleiner Figuren aus dem Mund der Schächer entweichen, ihrer Bestimmung zu. Zur Rechten Christi steht Johannes, der, zum Kreuz Christi blickend, die zusammensinkende Mutter Maria stützt, auf der anderen Seite Maria Magdalena mit gefalteten Händen, ihren Blick ebenfalls auf das Kreuz Christi gerichtet, hinter ihr kniet der anbetende Stifter in Chorkleidung.12) Auf der Rückseite der Kreuzigungsgruppe befindet sich heute am Sockel des Christuskreuzes eine Neuanfertigung der ursprünglichen Inschrifttafel mit einer erhaben herausgehauenen, vierzeiligen Mahnung an den Betrachter in Versform (E)13) sowie einer Stifterinschrift in Prosa (F). Die Originale dieser Tafel und des dreisprachigen Kreuztitulus befinden sich heute im Lapidarium. 1532 wurde eine Reliquie vom Kreuz Christi in den Stamm des Christuskreuzes eingelegt, als die Kreuzigungsgruppe von dem Kölner Weihbischof Quirinus op dem Veld von Willich (1519–1537) geweiht wurde.14) Die Reliquie, die in einer verglasten Kapsel gezeigt wurde, war schon 1931 verschwunden, geblieben ist bis heute der rahmende Kranz. Eine Engelsplakette mit einem erhaben herausgehauenen Zitat aus der Karfreitagsliturgie (G), möglicherweise erst 1553 angebracht, ist ebenfalls verschollen.15) Auf dem Kreuzsockel kündet unter der Zahl 1525 (H) eine Inschrift in Kartusche von Restaurierungsarbeiten 1873, die wohl im selben Jahr an die Stelle der Tafel mit den Inschriften E und F getreten ist.16) Die Kreuzigungsgruppe wurde 1945 schwer beschädigt.17) Bei der Wiederherstellung (seit 1950/51) wurde der graue Ölfarbenanstrich, der erstmals 1771 aufgetragen und dann wahrscheinlich mehrfach erneuert wurde, abgetragen, darunter kamen Reste der alten Polychromierung zum Vorschein. Die Umfriedung der Station stammt ebenfalls von 1771.18) Die Figuren der Kreuzigungsgruppe sind heute durch Kopien ersetzt, die Originale werden im Lapidarium aufbewahrt.
Vor der Kreuzigungsgruppe befindet sich das Grab des 1553 verstorbenen Stifters Gerhard Berendonck mit seiner Grabplatte (Nr. 150) und einem darüber auf dem Unterbau der Kreuzigungsgruppe angebrachten Epitaph (Nr. 151, siehe dort zu seiner Biographie). Auch Grabplatte und Epitaph sind heute in situ durch Kopien ersetzt, die Originale befinden sich im Lapidarium.
4. Grablegung19), gemeinsam mit der fünften Station (Auferstehung) in einem Doppelgehäuse rechts neben dem Südportal aufgestellt. Nikodemus und Josef von Arimathäa betten den Leichnam Jesu in den Sarkophag. Im Vordergrund Maria Magdalena, die vorsichtig die Hand des Toten ergriffen hat und ihre Spezereien hineinlegt, hinter dem Sarkophag die Mutter Maria, von Johannes gestützt, mit Maria Salome und Maria Kleophas. Die Haube der Maria Magdalena ist am vorderen Abschluss mit einer hebraisierenden Inschrift versehen.20) Rechts im Hintergrund steht der Stifter in der Haltung des Anbetenden.
5. Auferstehung, gemeinsam mit der Grablegung in einem Doppelgehäuse rechts neben dem Südportal aufgestellt.21) Christus entsteigt, die Rechte zum Segensgestus erhoben und mit dem Stabkreuz in der Linken, dem Sarkophag, der von Wächtern umringt ist. Im Vordergrund, in einem bedeutungsperspektivisch kleineren Maßstab, der kniende Stifter als Adorant. Die Skulpturen wurden 1945 schwer beschädigt und in den 1950er Jahren restauriert.22) Die mittig unter beide Figurengruppen gesetzte, querrechteckige Inschrifttafel in einem schmalen, profilierten Rahmen ist heute durch eine Kopie aus Kalkstein ersetzt, das Original mit eingehauener Schrift befindet sich im Lapidarium des Stiftsarchivs.23) Der Text setzt sich aus einer versifizierten Bildbeischrift (I) und einer Stifterinschrift in Prosa (J) zusammen.
Anlässlich der Restaurierungsarbeiten nach 1945 konnte unter mehreren Figuren und weiteren Strukturelementen jeweils dasselbe Steinmetzzeichen festgestellt werden. Lediglich unter der Christusfigur der Ecce-homo-Station befindet sich ein geringfügig abgewandeltes Zeichen.24)
Inschriften nach Foto (A25), G26)), Pels I (B), aus’m Weerth (C), Ergänzungen nach Beissel (E, F), Hölker (H), von Dorth (I, J).
Siehe Lageplan.
Maße: Schrifttafel Ecce homo: H. 47 cm; B. 98 cm; Bu. 2 cm. Schrifttafel Grablegung, Auferstehung: H. 41,5 cm; B. 108 cm; Bu. 2 cm. Schrifttafel Kreuzigungsgruppe: H. ca. 37,5 cm; B. 104,5 cm; Bu. 3,6–4,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A, D–G, I, J), griechische und hebräische Schrift (D).
- A†
DVREṢ [ - - - ]a) MOVEARE VIAT[OR ….] /HANC [ - - - ]CTANSb) QVI TRISTIS [IN] HO[...]c) /[- - -]TAT [- - -] /[- - -] /[- - -] /[- - -]
- B†
Scilicet haec ritida est recutite gratia gentisLanguida cum variis solvisset corpora morbis.Flagra alapas vepres ludibria sputa rependitnec movet hanc praeses mitem dum ostentat Iesum.Ecce homo ait quin vermis probrum abiectio plebisd)27)at vitae auctorem reboate) cruce turpef) necandum
- C†
Dominog) Christo Jesu servatori nostroh) Gerard(us) Berendonck can(onicus) xanct(ensis) f(ieri) c(uravit) 1531i)
- D
יֵשׁוּעַ נוֹצְרִי מֶלֶךְ יהודִםІΗΣOYΣ · O · NAZΩΡΑΙΟΣ · O / BAΣΙЛEYΣ · TΩN · IOYЛAIΩN IESVS · NAZARENVS / REX · IVDAEORVM28)
- E
[HEVS TV: SISTE VIATOR QVIS SIM . SVSPICE . FIXVS] PRO [T]E [CON]DITOR ORBIS CVL[P]A[M] MOR[TE PI]AVI RESTAT [P]OPLITE FLEXO DENVD[E]S CAP[VT] A[TQVE] SERVAT[O]RIS ADORES IMMORTALE T[ROPHEV]Mj) - F
G[ERAR]DVS BER[ENDO]NCK CANONICVS XAN[CT(ENSIS) F(IERI) / C(VRAVIT)] / 1525
- G†
ECCE LIGNUM / SANTAEk) CRUCIS29)
- H
[1 5]2 5
- I
CORPVS V[BI] EXANIMVM IVSTVS DEPONIT IOSEPHSINDONE CONVOLVENS : ALTE[R] AROMA PARAT.MYRRHA ALOE INVNCTVM [CONC]LVDVNT MAVSOLEO.FVNEREEl) A[S]PECTANT : FLE[TIBV]S VSQVE PIIS :ATTAMEN INFERNI DIRVPTIS ILLE CATENISEMICAT IN LVCEM : VICTOR VBIQVE POTENSEMPTVS AD EXCVBIAS MILES : [D]EPREHENDIT INANESSEMPER ENIM DOMINI [SPL]ENDIDA VERBA MANENT
- J
GERARDVS BERENDONCK CANONICVS XANCT(ENSIS) F(IERI) C(VRAVIT) 1536
Übersetzung:
(A) Verweile doch … (lass dich?) bewegen, Wanderer …, der (du?) bei der Betrachtung dieses/dieser …, (Jesus), der betrübt im Garten (Gethsemani?) …
(B) Das freilich ist der glanzvolle Dank des beschnittenen Volkes, nachdem er die kranken Leiber von mannigfachen Gebrechen geheilt hatte: Es vergilt mit Geißeln, Ohrfeigen, Dornen, Schmähungen und Speien. Und auch der Statthalter bewegt es nicht zur Milde, als er Jesus vorführt. „Siehe ein Mensch“, sagt er. Ja fürwahr, ein Wurm, eine Schmach, ein Auswurf für das gemeine Volk! Doch sie schreien zurück, man solle den Schöpfer des Lebens schändlich am Kreuze hinrichten.
(C) Gerhard Berendonck, Kanoniker zu Xanten, hat (dieses Werk) zu Ehren des Herrn Jesus Christus, unseres Retters, 1531 errichten lassen.
(D) Jeschu'a Nazarener König (der) Juden. Jesus von Nazareth, König der Juden.
(E) He du, bleib stehen, Wanderer, denk nach, wer ich bin. (Ans Kreuz) genagelt habe ich, der Schöpfer der Welt, die Schuld für dich mit meinem Tod gebüßt. Es bleibt (noch zu tun), dass du mit gebeugtem Knie dein Haupt entblößt und das unsterbliche Siegeszeichen deines Heilands anbetest.
(F) Gerhard Berendonck, Kanoniker zu Xanten, hat (dies) 1525 errichten lassen.
(G) Siehe, das Holz des heiligen Kreuzes!
(I) Während der gerechte Joseph den entseelten Leib niederlegt und ihn in feines Linnen einhüllt, bereitet der Andere (d. h. Nikodemus) Spezereien. Sie schließen den mit Myrrhe und Aloe Gesalbten im Grab ein. Die Frauen, die am Begräbnis teilnehmen, schauen zu, in einem fort fromme Tränen vergießend. Doch jener zerreißt die Fesseln der Hölle und tritt hervor in strahlendem Glanz, allerorten ein machtvoller Sieger. Der zu den Wachen gedungene Soldat merkt, dass diese vergeblich sind. Denn ewig gelten die glanzvollen Worte des Herrn.
(J) Gerhard Berendonck, Kanoniker zu Xanten, hat (dies) 1536 errichten lassen.
Versmaß: Hexameter (A?, B), in stichischen Pherekrateen30) (E). Elegische Distichen (I).
Berendonck31) |
Textkritischer Apparat
- Fehlstelle von ca. 13 Buchstaben.
- Fehlstelle von ca. 13 Buchstaben. Letztes Wort zu SPECTANS zu ergänzen?
- Zu HORTO zu ergänzen?
- quin vermis probrum abjectio plebis] quin vermis probus abiecta plebi Bambauer/Kleinholz. Von Dorths Abschrift der Inschrift B ist im fünften Vers fehlerhaft und teilweise schlecht lesbar.
- reboant Bambauer/Kleinholz.
- turpe steht hier möglicherweise als poetische Form für das Adverb turpiter: d. h. cruce turpe necandum „am Kreuz schändlich getötet werden solle“ vgl. Georges, Handwörterbuch, Bd. 2 (1918), Sp. 3266.
- Fehlt bei von Dorth.
- serv. sacr. von Dorth.
- Gerardvs Berendonck Can(onicvs) Xant(ensis) A(nn)o 1531 Pels.
- trophaeum von Dorth.
- Sic!
- Alternative Schreibweise für FVNEREAE.
Anmerkungen
- An der Polychromierung war ein Xantener Maler namens Adolph beteiligt. Während Beissel (Bauführung III [1889], S. 113) in seiner Liste der Maler pauschal vermerkt: „Meister Adolph, bemalt die Berendonck’schen Gruppen“, belegt die Fabrikrechnung von 1528 allerdings lediglich die Fassung dreier Figuren am Kalvarienberg, der Ecce-Homo-Gruppe sowie des Innenraums dreier Gehäuse durch diesen Maler (Pels II, Deliciae [1734], p. 60a).
- Beissel, Bauführung III (1889), S. 56.
- Kamphausen, Plastik (1931), S. 33.
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H 13.
- Zählung nach Wilkes, Studien (1952), S. 150f. Ab 1610 die Jesuitenresidenz gegenüber der Neuen Propstei. Auf einem Gemälde des Malers Franz Jakob Rousseau (1757–1826), das die Grundsteinlegung des Obelisken für den Kanoniker Cornelis de Pauw 1811 zeigt, ist die Jesuitenresidenz im Hintergrund zu sehen, davor ein vermauertes Gehäuse, aller Wahrscheinlichkeit nach das erste Gehäuse der Oelbergstation, das bei der Versetzung nicht abgebrochen, vielmehr an der neuen Stelle durch ein neu errichtetes Gehäuse ersetzt wurde.
- Vgl. dazu die Baurechnungen von 1553 (Stiftsarchiv Xanten, F 24, p. 105, 107f.). Siehe auch Beissel, Bauführung III (1889), S. 56f.
- „subscriptio Carminum non potest legi neque annus.“ Pels I, Stella lucida (1733), p. 138. Auch aus’m Weerth, Kunstdenkmäler, Bd. 1 (1857), S. 44, bezeichnet die Schriftplatte 1857 als verwittert.
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H 14.
- Aus’m Weerth, Kunstdenkmäler, Bd. 1 (1857), S. 44 konnte nur noch Inschrift C lesen.
- Zur Restaurierung siehe Koch, Wiederherstellungsarbeiten (1964), S. 299f. mit Tf. 62/63 und 70/71.
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H-12.
- Auf der schematischen Zeichnung von Dorths fällt auf, dass die kniende Figur des Stifters außerhalb der Gruppe, d. h. rechts neben dem Kreuz des bösen Schächers gezeichnet ist.
- Die heutige Position der Tafel ist nicht ursprünglich. Koch, Wiederherstellung (1952), S. 43f., vermutet, dass die Verlegung der Tafel an die Rückseite des Sockels im Zuge der Restaurierung von 1873 erfolgte. Nach der Zeichnung im Tafelband von aus’m Weerth (Kunstdenkmäler, Bd. 2 [1859]) sowie einer Fotografie von 1868 befand sich die Tafel am Fuße des Kreuzes. Vgl. Brandt, St. Victors-Dom (1991), Bl. 9, S. 63.
- Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2800 von 1532 Juni 21 (Rom) über einen mit der Weihe verbundenen und auf Bitten des Propstes Johannes Ingenwinkel von Papst Clemens VII. gewährten Ablass.
- Zur Engelsplakette s. RBA 7995 und 831416 und Brandt, St. Victors-Dom (1991), Bl. 9, S. 63. Zum Zustand in 1946 s. Kat. Xanten, Februar 1945 (1995), Tf. 130, S. 180. Sichtbar sind heute in situ auf der Kopie des Kreuzesstammes nur noch der Kranz und der Abdruck der Plakette.
- RENOVATUM / 1873.
- Zum Zustand unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg s. Kat. Xanten, Februar 1945 (1995), Tf. 129–131, S. 179–181.
- Beissel, Bauführung III (1889), S. 57.
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H 15.
- Vgl. dazu Boockmann, Schrift als Stigma (2013), S. 392–396.
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H 16.
- Siehe zu beiden Gruppen Brandt, St. Victors-Dom (1991), Bl. 12 und 13, S. 64f.; Bader, 1600 Jahre (1964), Tf. 62–69 und Koch, Wiederherstellungsarbeiten (1964), S. 299f. Weitere Fotos über den Zustand 1945: Kat. Xanten, Februar 1945 (1995), Tf. 126f., S. 176f. Zum heutigen Zustand der Grablegung siehe Hilger u. a., Dom zu Xanten (2007), Abb. S. 34 (unten).
- Inv.-Nr. 390 A.
- Im Einzelnen: Bei der Ölbergstation befinden sich Steinmetzzeichen an den Figuren des Johannes, des Judas und einem Felsstück; bei der Ecce-homo-Station an den Figuren des Christus (mit Variation des Zeichens), des Spötters links vorn, des Stifters und am Relief mit der Dornenkrönung; bei der Grablegungsstation sind es Christus, Joseph, Nikodemus, der Stifter und der Sarkophag. S. Koch, Wiederherstellungsarbeiten (1964), S. 299 und Tf. 63. Nach Auskunft der Xantener Dombauhütte handelt es sich dabei mit Ausnahme der Variante (s. Anhang, Nr. 5) um ein und dasselbe Werkstattzeichen (Anhang, Nr. 4).
- RBA 25017.
- RBA 7995 (vor 1945) und 831416 (1951).
- Der Inhalt orientiert sich einerseits an Io 19,4–7, andererseits an Ps 21,7: „Ego autem sum vermis et non homo, obprobrium hominum et abiectio plebis.“ Vgl. auch Iob 25,6: „Quanto magis homo putredo, et filius hominis vermis?“ Vgl. ferner auch Is 41,14: „Noli timere, vermis Jacob, qui mortui estis ex Israel: ego auxiliatus sum tibi, dicit Dominus: et redemptor tuus sanctus Israel.“
- Nach Io 19,19.
- Vgl. die Antiphon aus der Karfreitagsliturgie, gesungen als gregorianischer Choral: „Ecce lignum crucis, in quo salus mundi pependit – venite adoremus“ und das Responsorium: „Ecce lignum crucis, alleluia, alleluia. [Versikel] In quo salus mundi pependit. – Alleluia, alleluia.“ (CAO III [1968], S. 187, Nr. 2522; IV [1970], S. 153, Nr. 6597).
- Freundlicher Hinweis von Prof. Dr. Peter Orth, Universität Köln.
- Gespalten: vorne Bärentatze, hinten sechsstrahliger Stern. Für die Ölbergszene kann mit Sicherheit nur festgestellt werden, dass sich am Schlussstein ein Wappen befand, das Wappenbild ist auf dem historischen Foto nicht zu erkennen. Es dürfte sich aber ebenfalls um das Wappen des Stifters gehandelt haben.
- Für diese Auskünfte sowie für die Lesung des Titulus und Hilfe bei der korrekten Textwiedergabe sei Prof. Dr. Michael Brocke und Nathanja Hüttenmeister, Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, Duisburg, herzlich gedankt.
- Kamphausen, Plastik (1931), S. 31–47.
- „De factura et structura trium domuncularum per Gerardum Berendonck Canon(icum) anno 1528 recepit magister N: 56 floren(ses) philippen(ses) : et magister Adolphus pro pictura aut illuminatione 10 flor(enses) philipp(enses). Item de structura trium illarum imaginum sub Cruce 40 floren(ses) philipp(enses) pro pictura. 9 flor(enses) philip(penses). Item de factura illorum omnium imaginum in domuncula Ecce homo 60 flor(enses) philip(penses) pro pictura 11 florenses philippenses. Item pro lapidibus illis sub cruce 50 floren(ses) philipp(enses).“ (Pels II, Deliciae [1734], p. 60a). Es bleibt unklar, ob mit diesen drei Bildwerken die Stifterfigur mit gemeint oder aber die Johannes/Maria-Gruppe als zwei Bildwerke gezählt wird. Dabei ist zu bedenken, dass die Stifterfigur nicht nur hinsichtlich der Physiognomie wenig Ähnlichkeit mit den anderen Figuren des Kalvarienberges aufweist, sondern auch qualitativ deutlich minderwertiger ist; zudem stammt ihr Material aus einer anderen Schicht der Baumberge (freundlicher Hinweis von Johannes Schubert, Dombauhütte Xanten).
- Pels II, Deliciae (1734), p. 60a (ohne Quellenangabe). Die Rechnung ist unter den Originalrechnungen von 1528 (Stiftsarchiv Xanten, F 24) nicht vorhanden. Da Pels seine Quelle nicht nennt, zieht Kamphausen, Plastik (1931), S. 31f., im Gegensatz zu Beissel, Bauführung III (1889), S. 54, die Zuverlässigkeit der Angabe in Zweifel.
- Dieselbe Intention verfolgt das Bildnis des „Christus in der Rast“ (alternativ: „Jesus auf dem kalten Stein“), das in Xanten und in der ganzen Region häufig vertreten ist (s. Nr. 85). Zum Weseler Vorbild und zum ganzen Komplex s. Prieur, Leiden Christi, in: Prieur u. a., Jerusalem in Wesel (1998), S. 8-43.
- Kamphausen, Plastik (1931), S. 44.
- Eine neue kunsthistorische Analyse und Wertung der Berendonckstationen wird sich mit Kamphausens Dissertation wegen ihres Gewichts auseinandersetzen müssen.
- Pels II, Deliciae (1734), p. 296.
- Beispiele: Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2659,1 von 1545 Juli 26 und Nr. 2791,1 von 1534 Jan. 17.
- Ebd., Nr. 2398,4 von 1554 Feb. 24.
Nachweise
- Fotos: RBA 25017 (vor 1945) (A), RBA 7995 (vor 1945), RBA 831416 (1951) (G).
- LAV NRW R, HS N III Nr. 2 (von Dorth, Notizen [1659–1674]), fol. 43v–44r (B, C fragmentarisch, E, F, G, I, J).
- Pels, Stella lucida (1733), p. 138 (B).
- Aus’m Weerth, Kunstdenkmäler, Bd. 1 (1857), S. 43f. (C, E, F, I, J).
- Beissel, Bauführung III (1889), S. 52 (E, F, H, I, J).
- Hölker, Inventar (1925), H-12 (E, F, H).
- Kamphausen, Plastik (1931), S. 33 (G).
- Bambauer/Kleinholz, Inschriften, Teil 2 (1980), S. 204f. (B, C fragmentarisch, E, F, G, I, J).
- Brandt, St. Victors-Dom (1991), Bl. 9, S. 63 (Foto 1868) (D, E, G, H).
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 114(†) (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0011402.
Kommentar
Die hebräische Version des Titulus, in die lateinische Schrift übertragen als „jeschu'a nozri mælækh jehudim“ zu lesen, verzichtet zweimal auf den Artikel, korrekt heißt es „jeschu'a hanozri mælækh hajehudim“. Die Schriftzeichen unterscheiden sich von der jüdischen Schrift der Zeit durch einen archaisierenden Duktus, der dem christlich-humanistischen Zusammenhang des Titulus entspricht.32)
Für den paläographischen Befund stehen angesichts der Überlieferungssituation nur die Inschriften A, D, E, F, G, H, I und J zur Verfügung, die allerdings teilweise aufgrund ihres schon auf alten Fotos erkennbaren schlechten Zustands nur eingeschränkt beurteilt werden können. Die Kapitalis ist zwar gleichmäßig ausgeführt, lässt aber eine Ausgewogenheit der Proportionen vermissen. Sehr breiten Formen (M mit schrägen Außenschäften und kurzem Mittelteil, fast kreisrunden O und Q, P mit großem, offenen Bogen, breites H) stehen eher schmales D, E und R mit kleinem Bogen gegenüber. Die erhaben herausgehauenen Inschriften E und G sind bzw. waren offenbar qualitätvoller ausgeführt als die eingehauenen. Inschrift G hat, anders als die übrigen Inschriften der Kreuzwegstationen, M mit geraden Außenschäften sowie rundes U. Inschrift E weist zwar dieselben „unklassischen“ Formen auf wie die übrigen Inschriften des Kreuzwegs, doch sind diese hier etwas schmaler gehalten. Bemerkenswert ist das Layout dieser Versinschrift: Sie ist – bei der Originaltafel wie bei der Kopie – in zwei Kolumnen gesetzt, die durch die Diärese nach dem dritten Versfuß bestimmt werden und in jeder Zeile am Beginn der jeweiligen Kolumne mit einem vergrößerten Anfangsbuchstaben beginnen. Vermutlich sollte damit das Augenmerk auf das recht seltene Versmaß gelenkt werden.
Der bzw. die Bildhauer der hervorragenden Skulpturen sind unbekannt.33) Gesichert sind einige Datierungen durch die Jahresangaben auf den Inschrifttafeln, wonach die Kreuzigungsgruppe 1525, die Ecce-homo-Gruppe 1531 vollendet worden ist, bevor das Gesamtwerk 1536 mit den Gruppen der Grablegung und der Auferstehung abgeschlossen wurde. Nach einer bei Pels überlieferten Fabrikrechnung wurden 1528 „die drei Bildwerke unter dem Kreuz“34) und „jene Steine unter dem Kreuz“, womit wohl Fundamentierung und Aufmauerung des Unterbaus gemeint sein dürften, erst 1528 abgerechnet.35) Die Baurechnung spricht von drei Gehäusen, die zu diesem Zeitpunkt bereits fertig waren – eine Angabe, die unterschiedliche Interpretationen zulässt.
Die Berendonckschen Kreuzwegstationen sind wahrscheinlich nach dem Vorbild des Weseler Kreuzweges, gestiftet 1501 von dem Kaufmann Hermann Saelen, errichtet. Die Skulpturen sind im Geist der Devotio moderna realistisch gestaltet; denn sie wollen den Betrachter im Geist der neuen Frömmigkeit zum Mitleiden mit dem leidenden Jesus anregen.36)
Kamphausen, der 1931 die lange Zeit maßgebliche Untersuchung zu den Kreuzwegstationen veröffentlicht hat, vermutet, dass bei der monumentalen Kreuzigungsgruppe und den schlafenden Jüngern der Ölbergstation ein westfälischer Meister, der in Tournai wesentliche Impulse für seine Arbeit erfahren hatte, am Werk war, während die übrigen, seines Erachtens weniger qualitätvollen Figuren von anderer Hand stammen.37) Diese Beurteilung ist allerdings nach der Entdeckung der Steinmetzzeichen überholt.38) Sicher zuzuordnen ist die Überarbeitung der Figur des betenden Christus am Ölberg durch Arndt van Tricht aus Kalkar.
Gerhard Berendonck war von 1505 bis zu seinem Tod 1553 Kanoniker des Xantener Stifts. Die Platzierung der Kreuzwegstationen gewährte dem Stiftsherrn von seinem Wohnhaus neben dem Michaelstor aus den Ausblick auf seine Stiftung. Pels und die Successio berichten, dass Berendonck eine Prozession am Fest der Klage der allerseligsten Jungfrau Maria (Compassio BMV, im Erzbistum Köln Freitag nach Laudate) stiftete, die mit dem Kreuzweg verbunden gewesen sein dürfte.39) Durch Geldspenden und zweckbestimmte Verkäufe an Gerhard Berendonck als Prokurator der Stationen wurde von der Xantener Bevölkerung für ihre Beleuchtung, Erhaltung und Ausschmückung Sorge getragen. Diese Stiftungen wurden häufig durch den Zusatz „um des Seelenheiles willen“ als Memorialstiftungen ausgewiesen.40) Auch der Stifter selbst hat in seinem Testament für dieselbe Sache ein Legat ausgewiesen.41)