Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 89 St. Viktor, Lapidarium 1519
Beschreibung
Grabplatte für Nikolaus Tzijl. Kalkstein. Aufgefunden in der Südwestecke der Immunität auf dem Domfriedhof, auf der Rückseite der alten Plebanie, unweit des Epitaphs Jakob Backer.1) Beim Bombenangriff auf Xanten im Februar 1945 wurde die Platte in vier Teile zerschlagen.2) Das größte Fragment umfasst etwa die unteren zwei Drittel, ein weiteres das obere Drittel der Platte. Zwei kleine Stücke ergänzen die untere linke Ecke sowie eine Lücke am linken Rand. Die rechte obere und die linke untere Ecke sowie kleinere Teile des Randes und des Mittelfeldes fehlen, die Oberfläche ist teilweise stark beschädigt, insbesondere beim größten Bruchstück. Im Mittelfeld in aufwändiger Passrahmung Kelch und Hostie in Flachrelief. Umlaufend ein Sterbevermerk mit Fürbitte, zwischen Stegen erhaben aus schwach eingetieftem Grund herausgehauen, auf der rechten Seite stark zerstört und dort nur im oberen Teil sicher lesbar. In den Ecken, gerahmt von gezackten Vierpässen, die Evangelistensymbole, angeordnet im Uhrzeigersinn, rechts oben beginnend. In gleichartiger Rahmung in der Mitte der linken Schriftleiste ein Totenkopf mit Schlange, das Gegenstück auf der anderen Seite mit unkenntlichem Motiv.
Maße: Ursprüngliche H. ca. 330 cm; B. 150 cm; Bu. 10 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.
[A]nno d(omi)ni mv / [x]ix° xxviiia me[ns]is octob[ri]s // obij[t] ho[..]sa) nicolaus ṭẓiil / decretor(um)b) baccalari(us)c) / pastor eccl(es)ie xan[c]ten(sis)c) a[…] // [.]a[..]sd) [..…]e) c̣ụị(us) a(n)i(m)af)
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1519 am 28. (Tag) des Monats Oktober verstarb … Nikolaus Tzijl, Bakkalaureus im Kirchenrecht und Pastor der Kirche zu Xanten, und (?) … dessen Seele …
Textkritischer Apparat
- Die Stelle ist beschädigt. Zwischen o und s sind vier kurze Schäfte sichtbar, die jedoch nicht sicher aufgelöst werden können. Möglicherweise ist nach ho ein Kürzungszeichen (für honorabilis?) verlorengegangen. Danach folgt vielleicht dns für dominus.
- Kürzungszeichen nicht erkennbar.
- Ohne Kürzungszeichen?
- Zwischen a und s sind drei Schäfte sichtbar. Vielleicht ist das Wort zu canonicus (in gekürzter Form) zu ergänzen.
- Erkennbar sind zwei Schäfte (n?, u?) und mindestens zwei weitere untere Schaftenden.
- Der Text bricht an dieser Stelle ab, die Fürbitte ist zu cuius anima requiescat in pace o. ä. zu ergänzen. Nach ecclesie xanctensis liest Engelskirchen anno … canonicatus [jubilarius].
Anmerkungen
- Wilkes, Studien (1952), S. 98; vgl. Nr. 154.
- Inv.-Nr. 730 A–D.
- Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2361 von 1495 Okt. 12.
- Kastner, Urkunden II (2006), Nr. 2273 von 1488 Apr. 23 und ders., Urkunden III (2007), Nr. 2557 von 1516 Feb. 29.
- Classen, Archidiakonat (1938), S. 139.
- Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2361 von 1495 Okt. 12.
- Ebd., Nr. 2557 von 1516 Feb. 29.
Nachweise
- Engelskirchen, Nachlese (1939), S. 124, Nr. 7.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 89 (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0008903.
Kommentar
Für die sorgfältig und gleichmäßig gehauene, gut lesbare gotische Minuskel wurde durchgängig das doppelstöckige a und neben dem Schaft-r auch das Bogen-r verwendet (in pastor). Beim z im Familiennamen sind die beiden Balken auf Quadrangel reduziert, der verbindende Schrägbalken ist als Haarstrich ausgeführt. Die umgebrochenen Schaft- und Bogenenden sind ausgeprägt und nicht zum Quadrangel zurückgenommen. In einigen Fällen sind die Schäfte zweier benachbarter Buchstaben aneinander gerückt (so bei den ersten beiden Buchstaben von octobris, obiit sowie bei den letzten beiden Buchstaben von nicolaus) und erscheinen als Schaft in doppelter Breite. Durch leicht nach innen gebogene, gebrochene Bogenabschnitte erhält die Schrift eine dynamische Note.
Nikolaus Tzijl aus Roermond3) ist als Pleban in Xanten urkundlich zwischen 1488 und 15164) und 1487/88 als Kanoniker des Viktorstifts5) nachgewiesen. 1495 war er als Kleriker der Diözese Köln und öffentlich kaiserlicher Notar tätig.6) In der Xantener Stiftskirche hatte er ein Vikariat am Hl.-Kreuz-Altar.7)