Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 35(†) Stiftsmuseum 1406 o. wenig später
Beschreibung
Wandgemälde des Dreikönigenaltars, ehemals inneres südliches Seitenschiff des Domes, Pfeiler 15; entstanden in zeitlichem Zusammenhang mit der Weihe des Altars 14061) oder wenig später. 1943 noch in sehr gutem Erhaltungszustand, nach dem Krieg aber stark beschädigt, 1950 von dem Restaurator F. Stiewi auf eine Hartfaserplatte mit Holzrahmen übertragen.2) Die Malerei ist durch rotbraune Streifen horizontal in zwei unterschiedlich hohe Bildbereiche geteilt. Im oberen, schmaleren Teil der gekreuzigte Christus zwischen seiner Mutter Maria links und Johannes dem Evangelisten rechts, der Kreuztitulus ist heute nicht mehr erkennbar (A); außen rechts ein heiliger Abt, links ein heiliger Papst mit rudimentär überlieferten Beischriften im Rahmen darüber. Während bereits auf alten Aufnahmen über dem Abt nur unleserliche Schriftreste sichtbar sind, sind dort noch Teile vom Papstnamen erkennbar, die vermuten lassen, dass es sich um den hl. Gregor handelt (B). Im unteren, höheren Bildstreifen eine Anbetung der Könige: links die Muttergottes mit dem Kind auf dem Schoß, von dem heute nur noch der Nimbus erhalten ist; vor dem Kind wohl ursprünglich der kniende Caspar, von dem heute nichts mehr zu sehen ist, daneben Melchior und Balthasar. Die Könige sind durch Beischriften (C–E) auf dem Streifen bezeichnet. Beide Szenen vor schwarzem Hintergrund mit goldenen Sternen und jeweils von tiefblauem gotischem Maßwerk überfangen. Inschriften in schwarzer Farbe aufgemalt.
Inschriften A und B sowie Ergänzung in C nach Foto.
Maße: H. 91 cm; B. 83 cm; Bu. 1,5 cm (C–E).
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
- A†
inri3)
- B†
[…]ọr[i]usa)
- C
[Jas]par
- D
Melchior
- E
baltasar
Textkritischer Apparat
- Vermutlich zu Gregorius zu ergänzen.
Anmerkungen
- Die Weihe am 23. Mai 1406 ist in den Notizen des Johannes von Bemmel überliefert (Oediger, Notizen [1964], S. 154). Bader (Vermischtes [1964], S. 353) betont, dass der Pfeiler 15 erst 1406 hoch genug war, um bemalt zu werden.
- Bader, Vermischtes (1964), S. 353. Vgl. RBA 831852, 831853 (beide vor der Abnahme 1950), 831854 (nach der Abnahme 1950).
- Nach Io 19,19.
- Bader, Vermischtes (1964), S. 353.
Nachweise
- Foto: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Fotothek, Nr. ZI4620_0020 (1943/45).
- Bader, Vermischtes (1964), S. 355, Farbtafel 37 (C–E).
- Kat. Rhein und Maas (1972), Bd. 1, Farbtafel Q 13 (C–E).
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 35(†) (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0003500.
Kommentar
Der M-Versal ist aus der gotischen Minuskel entwickelt. Der linke Schaft ist oben aber nicht umgebrochen, sondern s-förmig geschwungen ausgeführt, bis unter die Grundlinie verlängert und im Bogen nach links geführt. Der Raum zwischen zwei Schäften ist jeweils durch zwei parallele Haarstriche verziert. I-longa ist durch einen Deckbalken, einen angesetzten Dorn und die ebenfalls nach links unter die Grundlinie gezogene, geschwungene Unterlänge als Versal erkennbar. Die Cauda des r trägt einen feinen Zierstrich. Vor, hinter und zwischen den Namen der drei Könige sind – je nach Länge des verfügbaren Platzes – ein oder zwei Quadrangel aufgemalt.
Trotz starker Zerstörungen ist die außerordentliche Qualität und Schönheit der Malerei zu erkennen. Bereits Bader schwärmt „von einer fast zauberhaften Lyrik der leisen Gesten, die durch die dunkelblaue, braunrote, goldene Farbharmonie ebenso ausgedrückt wird.“4)