Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 16† † Dionysiuskapelle nach 1228

Beschreibung

Wandmalerei in der Apsis der Dionysiuskapelle1): Christus in der Mandorla mit den Evangelistensymbolen und mit mehreren Heiligen. 1867 von Cuno wiederentdeckt und 1903 von ihm skizziert.2) Die Malerei wurde durch den nachträglichen Einbau eines spätromanischen Fensters gestört, so dass bereits 1867 von der ursprünglichen Darstellung der Majestas Domini nur der Kopf und die erhobenen Hände Christi sowie ein Teil der Mandorla vorhanden waren. Auch die Malerei an der linken Apsisseite war schon zur Zeit Cunos nicht mehr erhalten.3) Ein Foto von 1934 zeigt über dem Nimbus des Weltenrichters das griechische Jesuskürzel (A), zu Seiten seines Kopfes Alpha und Omega mit Kreuzen darüber als Ewigkeitssymbole (B). Rechts neben der Mandorla das Symbol des Evangelisten Johannes, ein nimbierter Adler, der in den Krallen ein Spruchband mit der Namensbeischrift trug (C). Unter dem Adler St. Viktor als Ritter mit Namensbeischrift (D), rechts neben ihm der hl. Franziskus mit Stigmata und Nimbus sowie der Namensbeischrift E. Eine weitere Namensbeischrift neben Franziskus (F) weist darauf hin, dass dort mit dem hl. Demetrius ein zweiter Soldatenheiliger dargestellt war. Das Gemälde wurde von einem gemalten Blattfries gerahmt. 1945 wurde die Apsis mit dem Gemälde völlig vernichtet.

Inschriften nach Foto (1934).4)

Schriftart(en): Romanische Majuskel (C–F), griechische Buchstaben (A, B).

  1. A

    IH(COY)C

  2. B

    A // ω

  3. C

    IOHAN(N)ES

  4. D

    VICTOR ·

  5. E

    S(ANCTVS) · FRA//NCI[SCVS]a)

  6. F

    [S(ANCTVS) · D]EMITRIVSb)

Kommentar

Der Terminus post quem für die Anfertigung der Wandmalerei ist die Heiligsprechung des 1226 verstorbenen Franziskus im Jahr 1228.5) Vermutlich wenig später entstanden, zeigt die Malerei eine der ältesten Darstellungen des hl. Franziskus, dessen Fest auch im zweiten Xantener Totenbuch verzeichnet ist.6) Eine Verehrung des hl. Demetrius hingegen ist für das Viktorstift nicht belegt.7)

Die für die Entstehungszeit sehr konservative Schrift ist hinsichtlich der Buchstabenformen noch gänzlich kapital bestimmt. Eine Ausnahme bildet lediglich das Alpha der apokalyptischen Buchstaben (B) mit leicht geschwungenem rechtem Schaft, der unter die Grundlinie gezogen und am unteren Ende nach außen umgebogen ist. Der Buchstabe ist, wie auch das lateinische A an anderen Stellen, trapezförmig mit beidseitig überstehendem Deckbalken ausgeführt. Im Unterschied zu den Schaft- und Balkenenden, die nur an wenigen Stellen kurze, dreieckige Sporen tragen, sind die offenen Bogenenden bei C und S mit ausgeprägten Sporen versehen. Die Schäfte und Balken der eher schmal proportionierten Buchstaben lassen – mit Ausnahme des erwähnten Alpha – noch keine Tendenz zur Flächigkeit erkennen, die Bögen hingegen tragen Schwellungen. M hat gerade Außenschäfte, R einen kleinen Bogen und eine geschwungene Cauda, O ist mandelförmig.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung der Inschrift durch den Kopf des hl. Franziskus.
  2. Ergänzung nach Bader, Dom I (1978), S. 124.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. nach Hölker (1925): E-2. Zur Errichtung der Kapelle um 1080 vgl. Nr. 6.
  2. Clemen, KDM Kreis Moers (1982), S. 153f.; die Skizze bei Bader, 1600 Jahre (1964), S. 468.
  3. Aus’m Weerth, Kunstdenkmäler, 1. Abt., Bd. 2 (1860), S. 6, Anm. 4; Bader, Vermischtes (1964), S. 354. Vermutlich entsprach der Gruppe von drei Heiligen auf der rechten eine ebensolche Gruppe auf der verlorengegangenen Seite. So auch Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 154.
  4. Bader, Dom I (1978), Tf. 38 (Foto A. Kreyenkamp, Köln). Bader erwähnt ein zweites, unscharfes Foto von vor 1927 aus dem Nachlass von Arden (ebd., S. 123).
  5. Seine Stigmatisation ist für das Jahr 1224 überliefert.
  6. Sein Fest ist gleichzeitig im Xantener Totenbuch notiert, s. Oediger, Totenbuch (1958), S. XVI, 2. Sp. unter dem 4. Oktober.
  7. Zur weiterführenden Literatur siehe Schnitzler, Spätstil (1961), S. 207–222.

Nachweise

  1. Bader, Dom I (1978), S. 123f., Tf. 38.
  2. Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 154 (B).
  3. Elbern, Das erste Jahrtausend (1962), Bd. 2, Abb. 3 nach S. 1034.
  4. Bader, Vermischtes (1964), S. 354 (A–E).

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 16† (Paul Ley u. Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0001603.