Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 672 Worms-Hochheim, ev. Pfarrkirche 1630

Beschreibung

Grabplatte des Knaben Wilhelm Kling. Innen an der Südwand der Turmvorhalle, früher einmal an der südlichen Außenwand des Langhauses. Hochrechteckige Platte aus hellgelbem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld unter einem Wappenmedaillon in acht Zeilen fortgesetzt (A), darunter Spruch in sechs wechselnd eingerückten Zeilen (B). Teilweise stark abgetreten.

Maße: H. 200, B. 96, Bu. 4-4,5 cm (A,B).

Schriftart(en): Kapitalis (A,B).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/1]

  1. A

    AN(N)O DO(MI)NI 1630 DEN [1]3.a) AVG[V]STI / DES DI(N)STAGS IST ALHIE IN GOT SELICHLICH V(N)D CATHO[LISC]H VERSTORBEN WIL/HELM KLING . WEILA(N)D NICOLAI / KLI(N)G . GEVESENb) SCHA[FN]ERS ALHIE . HINDERLASSENES SÖNLEIN SEI(N)ES ALTERS 5 / IAHR VND NACH DOT SEINS / RECHTEN VATTERS BEI / SEINER MVTER ZWEITER / EHE · MIT HERN IOHAN MORIAN / DER ZEIT SCHAFNERN ZV / HOCHHEIM DESSEN VER/STORBENEN SEELE(N) GOT / GNADEN WOLLE AMEN ·

  2. B

    RAPTVS [.........Q...] / A[NI]MI [..............] / ET POTIVS ITA QVAM MALITIA / MVTARET INTELLECT[VM] / ET FICTIO MVNDI DECIPERET / Qc) BONVM ANIMVM EIVS.

Übersetzung:

Er ward hinweggenommen, (damit.......) und anstatt daß die Bosheit seinen Sinn verkehre und der Trug der Welt seine gute Gesinnung täusche.

Wappen:
Kling? (auf Dreiberg schwerttragender Adler).1)

Kommentar

Die Grabplatte Wilhelm Klings mit einer sehr schlanken, aber unregelmäßig gedrängten Kapitalis enthält Informationen zur Familie, zum vorverstorbenen Vater Nikolaus und zur zweiten Ehe seiner Mutter, die wohl dessen Amtsnachfolger Johann Morian ehelichte. Mit der Übernahme des Klosters Maria Himmelskron in die geistliche Administration in Heidelberg war 1580 eine kurpfälzische Schaffnerei in unmittelbarer Nähe des Klosters eingerichtet worden, der die beiden erwähnten Schaffner angehörten. Die ausdrückliche Betonung, katholisch verstorben zu sein, wirft ein Schlaglicht auf die konfessionellen Spannungen im zwangsweise rekatholisierten Hochheim der Spanierzeit; der katholischen Konfession des Verstorbenen bzw. seiner Familie entsprechen auch die Form des Steines und die Umschrift, die in Worms bei lutherischen Personen vermieden wurde.2) Der nicht vollständig rekonstruierbare ins Lateinische wechselnde Spruch vermengt Individuelles mit Anklängen an ein Bibelzitat;3) wenn ANIMUS hier bewußt im Gegensatz zum biblischen ANIMA gebraucht sein sollte, ist der Spruch ebenso wie die Betonung der Konfession CATHOLISCH auf die Standhaftigkeit im rechten Glauben gemünzt.

Textkritischer Apparat

  1. Die 1 ist nicht zu erkennen, aber über den Wochentag Dienstag im gregorianischen Kalender abzusichern.
  2. Sic.
  3. Einem Q ähnliches Zeichen; ein Wort mit QV.. ist hier unnötig.

Anmerkungen

  1. Links neben dem Wappen Ev, gehört nicht zur Inschrift.
  2. Vgl. oben S. XXXVII; Umschriftplatten wie in der Magnuskirche lagen gewöhnlich im Boden und bilden eine Ausnahme im lutherischen Denkmalbestand.
  3. Sap. 4,11: „Raptus est ne malitia mutaret intellectum eius, aut ne fictio deciperet animam illius.“

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 672 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0067208.