Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 669 Liebfrauenstift 1629/1683

Beschreibung

Grabplatte des Kanonikers Johann Georg Anselm (A) und in Zweitverwendung des Kanonikers Cornelius In...?(B). Innen vor der Wand des südlichen Chorumganges, 3. Stein von Westen; früher ebendort im Boden mit der Markierung VI rechts unten.1) Hochrechteckige Platte aus gelbrotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, die in zwei Zeilen im Feld oben fortgesetzt wird (A). Über und unter unkenntlichem Wappen 12zeilige Inschrift der Zweitbestattung (B). Besonders rechts stark bestoßen und abgemehlt mit erheblichem Schriftverlust, linke obere Ecke gerissen. Reste von weißer Tünche erkennbar, Buchstaben heute mit Blei- und Rotstift nachgezogen.

Maße: H. 208,5, B. 107,5, Bu. 6,3 cm (A), 6 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/2]

  1. A

    ANNO. 1629a) [IN DIE....../...A]POSTOLI PIE I(N) CHRISTO OBD[ORMIVITb)... / ... ERV]DITVSc) D(OMI)NVS M(AGISTER) IOAN/NES. GEORGIVS ANSELM CANONICVS CAP(ITV)LARIS HVIVS [EC]CL(ESI)AE / AETATIS [SVAE .]5d) / R(EQVIESCAT) [. I(N) · P(ACE) · A(MEN)]e)

  2. B

    LAPISf) INTEGIT DVOS / CANONICOS · SACERDO/TES · D(OMIN)V(M) I.GEORG/EM AN[SELMVM...]g) / POST[RE]MVM / D[.E.....] D(OMIN)VMh) / CORNELIVM IN[....] / 1683 5 IAN(VARII)i) PIE DE[FVNC]/TVM QVORVM ANI/MAE · REQVIESCA[NT] / I(N) · S(ANCTA)k) · P(ACE) · / [A]MEN

Übersetzung:

Im Jahre 1629 am Tag des Apostels ........... entschlief fromm in Christo der .......... gelehrte Herr Magister Johann Georg Anselm, Kapitularkanoniker dieser Kirche im Alter von .. Jahren. Er ruhe in Frieden. Amen. – Der Stein bedeckt zwei Kanoniker und Priester, Herrn Johann Georg Anselm, dann als letzten den am 5. Januar 1683 fromm verstorbenen ... Herrn Cornelius In.....?, deren Seelen in heiligem Frieden ruhen mögen.

Wappen:
geteilt (mehr nicht erkennbar).

Kommentar

Gegenüber der schlanken und exakten Kapitalis der älteren Inschrift wirkt die der zweiten plump; durch das Wappen gestört, wird sie zeilenuntreu und weicht gelegentlich von der Senkrechten ab. Die starke Zerstörung des Steines erforderte einige Ergänzungen nach Sinn und Formulargewohnheiten, bei denen nach Raumabschätzung gekürzt wurde; für Buchstabengenauigkeit kann hier nicht garantiert werden. Die Zweitverwendung der Grabplatte rief eine ungewöhnliche Kombination der Sterbenachrichten mit gemeinsamem Segenswunsch hervor, der eine über Kollegialität hinausgehende verwandtschaftliche Beziehung der beiden Geistlichen andeuten könnte.

Johann Georg Anselm ist nach Johann Harttmann (†1622) als Inhaber eines Wingerts am Rabenstein um 1616 erwähnt.2) Ob er mit Johann Anselm aus Antwerpen, der 1617 in Heidelberg immatrikuliert war,3) identisch ist, bleibt unbewiesen.

Die Inschrift B enthält eine der seltenen Aussagen über den Inschriftenträger als eine das Grab deckende Platte.

Textkritischer Apparat

  1. Von der Rundung her ist 1620 wenig wahrscheinlich, unsicher ist ein langer Bogen der 9 bis unter die 2 zu erkennen. 1679 las Ihm, Grabplatten.
  2. Ab der Jahreszahl las Schalk N..P..SA/...O..SI...S.../.
  3. Die Lesung LEG.TVS für LEGATVS bei Schalk läßt sich kaum nachvollziehen, vielmehr erwartet man ein ehrendes Epitheton, dessen Ergänzung oben versucht wurde.
  4. Die Lesung ..8 bei Schalk nach Foto im StA Worms Neg.Nr. F 1937/32 vielleicht doch eher als 5 zu sehen; das ist unbedeutend, da man die Zehnerzahl der Altersangabe nicht kennt.
  5. So aus Raum und Symmetrie ergänzt; fehlt Schalk.
  6. Beschädigung und Buchstabenunregelmäßigkeiten erschweren die Lesung; ein sehr kleiner Bogen des P auch inPOST.
  7. Bei den ersten fünf Zeilen nur die Anfänge sicher lesbar.
  8. Die in POSTN...MVL / D...EPN.. von Schalk zusätzlich gelesenen Buchstaben sind nicht zweifelsfrei verifizierbar noch ließe sich eine Deutung geben.
  9. 1683 IA PIE Schalk.
  10. S(EMPITERNA) Schalk.

Anmerkungen

  1. Nach Lageplan von 1911, vgl. oben S. XXIII.
  2. Liebfrauenstiftsprotokolle, Dom- und Diözesanarchiv Mainz, Kasten 116/118 Nr.1 fol. 99; zu Johannn Harttmann vgl. Nr. 657.
  3. Toepke II 282 Nr. 51; für Kanoniker des Liebfrauenstifts ist im 17. Jh. mehrfach Herkunft aus dem niederrheinisch-belgischen Raum nachweisbar, vgl. oben S. LXXXVf.

Nachweise

  1. Schalk, Gräber 221 Nr. 12 u. Abb. 15.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 669 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0066900.