Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 662 Liebfrauenstift und Speyer, Historisches Museum 1625

Beschreibung

Reste eines Chorgestühls mit Handwerkerinschrift, Meistermonogramm, Meisterzeichen1) und Jahreszahlen. Auf der Wange eines Betpultes auf der Südseite des Liebfrauenchores Meistermonogramm mit Jahreszahl (A) im Buch einer Thomasbüste. Die Halbfigur des Heiligen ist im Ton des Pultes und der übrigen Gestühle gebeizt, die Konturen des Mantels und der Attribute Buch und Winkelmaß tragen goldene Einfassung. Andere Teile des ursprünglichen Gestühls wurden im dortigen Kirchenmobiliar verarbeitet.2)

Im Historischen Museum der Pfalz in Speyer existieren zwei gleichartige Schränke mit später Renaissanceornamentik und Teilen aus dem Chorgestühl der Wormser Liebfrauenkirche. An der Vorderseite jeweils schmuckreiche Pilaster mit Engelsköpfen, an der Tür Laubwerkvoluten mit der Jahreszahl 1625 (B1, B2) unter einem kleinen Gesims, aufgesetzt eine ovale Kartusche zwischen Laubwerkvoluten. Die linke Seite eines Schrankes zeigt den hl. Christophorus mit Jesuskind in einer Rundbogennische über einer Kartusche mit achtzeiliger Meisterinschrift und Meisterzeichen des Christoph Franck aus Speyer (C). Bei dem zweiten Schrank besteht die rechte Seite aus einer Relieffigur der hl. Katherina mit der Jahreszahl 1625 und dem Heiligennamen (D).

Maße: A: H. ca. 125, B. 31, H.(Buch) 14, B.(Buch) 13,5, Bu. 3, Z. 2,5 cm. Schränke: H. 228, B. 127 cm. B1, B2: Z. 5,5 cm. C: Bu. 3,3 cm. D: Bu. 6,0-11,1 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/4]

  1. A

    16 25 / C(HRISTOPH) F(RANCK)

  2. B1

    1 · 6 · 2 · 5

  3. B2

    1 · 6 · 2 · 5

  4. C

    · M(EISTER) · / CHRISTOFFEL · / FRANCK · VON · / SPEIER · HAT · / DAS · GESTIEL · / GEMACHT · / AN(N)O CHRISTIa) / 16 25

  5. D

    · S(ANCTA)b) · / CATH = /ARINA / 1625

Kommentar

Meisterzeichen: Christoph Franck (Monogramm C F und Bildschnitzerwerkzeuge).

Die Identifizierung des Wormser Heiligen mit Thomas ist durch Buch (in der linken Hand) und Winkelmaß (in der rechten Hand) gesichert.3) Die Zuschreibung der Speyerer Spolien zum Wormser Liebfrauengestühl bietet sich wegen Identität von Meister und Entstehungsjahr an; die Flachschnitzerei der Türfüllung stammt wohl vom Umbau zu Schränken in der Mitte des 18. Jahrhunderts.4)

Daß Mitte der 1620er Jahre in einem sonst wenig begüterten Stift noch in künstlerisch hochwertige Ausstattungsstücke investiert wurde, zeigt die vergleichsweise geringe Kriegsbelastung des spanisch besetzten Worms an. Unter der Protektion des „katholischen Königs“ nahmen die geistlichen Institutionen anscheinend einen gewissen Aufschwung,5) wie ja auch für 1625 der Abschluß von Baumaßnahmen an St. Martin inschriftlich verewigt wurde.6)

Textkritischer Apparat

  1. H in größeres C inseriert.
  2. Überhöhte Versalie.

Anmerkungen

  1. Meisterzeichen Nr. 23, 8 cm.
  2. Kdm. Worms 219f., Dehio/Caspary.
  3. Braun, Tracht und Attribute Sp. 695f.
  4. Kdm. Speyer nach Mitteilung des seinerzeitigen Museumsdirektors Sprater; Inventar-Nr. 23.III. 1911 a+b. Jüngste Beschreibung der Ornamentik bei Jöckle.
  5. Vgl. etwa zur Niederlassung der Kapuziner in Worms bei Nr. 701.
  6. Vgl. folgende Nr.

Nachweise

  1. Kdm. Worms 220 (nur A).
  2. Sprater, Kurzer Führer 16.
  3. Der Meister des Chorgestühls der Wormser Liebfrauenkirche festgestellt, in: Wormser Zeitung vom 14. August 1931 (nur A).
  4. Kdm. Speyer 721 u. Abb. 504. (nur B bis D).
  5. Busch, Chorgestühl 60 (nur A).
  6. Dehio/Gall 81 (nur A).
  7. Dehio/Caspary 21171 (nur A).
  8. Villinger, Kirche Unserer Lieben Frau von Worms (1962) 29, (1963) 29 (nur A).
  9. Schalk u.a., Kirche Unserer Lieben Frau 23 u. Abb. S. 29 (nur A).
  10. C. Jöckle, Speyerer Künstler der Vergangenheit. Speyer 1986, 22ff. u. Abb. 14.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 662 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0066200.