Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 655 Worms-Herrnsheim, kath. Pfarrkirche (1611)/1621/(1639)/1753

Beschreibung

Epitaph Wolff Friedrich Kämmerers von Worms gen. von Dalberg, seiner beiden Ehefrauen und seiner sieben Kinder, zur Zeit der Renovierung 1753 als Altar bezeichnet. Erhöht in die Ostwand der Grabkapelle eingelassen. Monumentales Denkmal aus Sandstein und Stuck, in verschiedenen Farben bemalt. Über einem Sockel mit querovaler Rollwerkkartusche, die eine achtzeilige Inschrift (A) enthält, erhebt sich eine Pilasterädikula mit Beterreihe, bestehend aus drei Männern links und sechs Frauen rechts, vor einer Rundbogennische mit Kruzifix; zu ihren Füßen sind kleine Wappenschilde mit Namen, gegebenenfalls Todesdaten und Eheverbindungen angebracht, von links Wolff Friedrich (B), Wolff Johann (leer), Philipp Balthasar (C), Anna Magdalena (D), Maria Barbara (E), Ursula (F), Anna Catharina (G), Anna Margaretha (H), Ursula von Kerpen (leer u. I). Seitlich des Kruzifixes (K) stehen anbetend links Maria, rechts Johannes. Die Pilaster mit Akanthuskapitellen werden begleitet innen von zwei Ahnenproben mit jeweils acht Wappen samt Beischriften, außen von Engelrümpfen. Über den Pilastern stehen zwei Bischöfe mit Buch und Ornat einen Giebel flankierend, dessen kleinere Pilasterädikula, außen von Putten, Voluten und Fruchtdolden geschmückt, eine Auferstehungsszene enthält. Architrav und Pilaster sind mit insgesamt acht Ahnenwappen und ihren Beischriften besetzt, der Giebel ist von ein Dalbergisches Prunkwappen haltenden Putten bekrönt.

Maße: H. ca. 500, B. 197, Bu. 1,5 (A), 0,5 cm aufwärts (B-I).

Schriftart(en): Kapitalis (A), gotische Minuskel (K), barokke? Schreibschrift (B-I).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/5]

  1. A

    ALTARE HOC A WOLFFG(ANGO) FRID(ERICO) CAMER(ARIO) DE WORMATIA L(IBERO) B(ARONI) A DALBERG IN KROBSBERG IN MONUMENTVM / S[UI] AMBARVM[QU]E CONJUGUM SUARUM URSULAE A KERPEN ET MARGARETH(AE) KUNIGUND(AE) LÖ[WIN] A ST]EIN = /[FUR]T AC S[EPTEM] PROLIUM S[UA]RVM EX PRI[MO] CONJUGIO SUSCEPTARVM [QU]AS FLEXO POPLITE UNA / CVM [........ M]ATRE HIC CONSPICIS, NEC NON IN [...] FRIDERICI PATRIS AC BARBARAE A ROSENBERG MATRIS / ME[MORI]A[M] E[R]ECTVM QU[.....ART]E CINERES AD PEDEM HUJUS ALTARIS IN PACE QUIESCUNT RENOVARI / [............]RON[....] FRANCI[SC(US) HEN]ERIC(US) CAM[ER](ARIUS) DE WOR[MAT]IA L(IBER) B(ARO) [A DALBERG D]ŸNASTA IN / H[ERRNSH]EIM, A[BEN]HEIM ET G[EROL]SHEIM C[UM CO]NJUGE SUA SOPHIA M[ARIA ANNA....] AB ELTZ:KEM/[PENICH], ANNO DOMI[NI] 1[7]53a) · QVOTIE(N)S EX SEPTEM RELIQVAS PAR[..]BILE [...] / VID[.....C]IVIS / [S.I.......]TVA [ELO..]VI[........]

  2. B

    Wolffg(angus) frider(icus)/[............]

  3. C

    Philipp(us) Baltha(sar) / C(amerarius) à W(ormatia) L(iber) B(aro) à / Dalberg †〈1639〉 / Conjux Magdalen[a à W]arsberg

  4. D

    Anna Magda/[lena.....]

  5. E

    Maria Barbara / C(ameraria) à W(ormatia) à Dalberg / Conjux Joann(es) / Philipp(us) ab / Hoheneck

  6. F

    Ursula C(ameraria) à W(ormatia) à / Dalberg † 〈....〉 / [...........]1)

  7. G

    An(n)a Cath(arina) C(ameraria) à W(ormatia) / à Dalberg †〈....〉 / Conjuges I. Jo(hannes) Dietr(icus) / Echter à M[espelb(runn)] / II Jörg (Chr)[istoph ../.......]2)

  8. H

    Anna Marg(retha) C(ameraria) à W(ormatia) / à Dalberg †〈....〉 / Conjux Jo(hannes) Gernand(us) / Ulner à Dieburg / [....]

  9. I

    Ursula à Kerpen / † 1616b) Conjux / Wolffg(angus) Frider(icus) / C(amerarius) à W(ormatia) L(iber) B(aro) / [à Dalberg..]

  10. K

    · i(esus) · n(azarenus) · r(ex) · i(udeorum)c)

Übersetzung:

Dieser Altar wurde errichtet von Wolff Friedrich Kämmerer von Worms, Freiherr von Dalberg in Krobsberg, zu seinem und seiner beiden Frauen Gedächtnis, nämlich der Ursula von Kerpen und der Margarethe Kunigunde Löwin von Steinfurt, ferner seiner sieben Kinder aus erster Ehe, die du zugleich mit der ... Mutter vor dem Kreuze hier knien siehst; auch zum Andenken an die Eltern, den Vater Friedrich und die Mutter Barbara von Rosenberg. (Ihre) Gebeine ruhen zu Füßen dieses Altars in Frieden. Erneuern (ließ dieses Denkmal) Franz Heinrich Kämmerer von Worms, Freiherr von Dalberg, Herr von Herrnsheim, Abenheim und Gerolsheim zusammen mit seiner Gemahlin Sophia Maria Anna von Eltz-Kempenich im Jahre des Herrn 1753. Wie oft aus sieben ...... die restlichen ........

Kommentar

 

Wappen und Beischriften:

Dalberg3); [Kämmerer von Worms gen. von Dalberg], [Fleckenstein-Dagstuhl]4), [Helmstatt]5), [Ingelheim]6); V. ROSENBERG, [Crantz von Geispitzheim],7) [Fleckenstein-Dagstuhl],8) [Greiffenclau zu Vollrads].9)

 

 

 

 

 

 

 

 

V. KERPEN

LOEW V. STEINFVRT

V. SCHAWENBURG

V. GREIFFE(N)CLA[W]

V. SCHMITTBERG10)

BUCHES V. STADEN

V. DER FELS

V. SCHAENENBURG

V. WOLFFENSTEIN

V. MOSCHENHEIM11)

V. BRANDENBURG

BUCHES V. STADEN

V. SCHWARTZBURG

V. SICKINGEN

V. SCHWARTZBURG

V. DALBERG12)

Das monumentale Denkmal Wolff Friedrichs und seiner Familie befindet sich unmittelbar über dem heutigen Ursulaaltar. Seit 1347 ist eine Ursulakapelle nachweisbar; im Wormser Synodale ist ein Ursulaaltar „a dextris“, also auf der rechten, südlichen Seite der Kirche festgehalten, für den der unmittelbar davor begrabene Philipp Kämmerer (†1492) eine Samstagsmesse stiftete.13) Aus alledem ist zu vermuten, daß der Ursulaaltar noch an seiner ursprünglichen Stelle steht und der Schöpfer der Inschrift von 1753 die räumliche Nähe von Altar und Grabdenkmal mißverstand. Die Entstehungszeit des Denkmals wird man zwischen 1616 und 1621 ansetzen dürfen, wenn man voraussetzt, daß die 1753 umgestaltete Inschrift wenigstens inhaltlich die ursprüngliche Inschrift des Stifters wiedergibt. 1621 starb Wolff Friedrich ausweislich seiner Grabplatte.14) Nachträge wurden an den persönlichen Wappenschilden vorgenommen, etwa beim Nachtrag des Todesjahres von Philipp Balthasar. Ungewiß ist freilich deren Zeitstellung; das falsche Todesjahr für die erste Gattin Ursula von Kerpen (†1611) deutet zumindest wesentlich spätere Nacharbeiten an. Ein Bruch in der Konzeption ist in dem Fehlen einer Figur der zweiten Ehefrau Margaretha Kunigunde geb. Löwin von Steinfurt (†1626) zu sehen, deren Ahnenprobe parallel zu der der ersten Ehefrau gesetzt ist; begraben lag sie in St. Martin zu Worms.15) Als einziger der abgebildeten Personen schaut Philipp Balthasar vom Kreuz weg; das wurde als möglicher Hinweis auf konfessionelle Spaltung in der Familie gedeutet.16)

Für den Erneuerer des Epitaphs Franz Heinrich Kämmerer von Worms, Freiherr von Dalberg (†1776), und seine Ehefrau Sophia Maria Anna von Eltz-Kempenich (†1764) steht an der Südwand der Kapelle ein Denkmal.17) Den Gepflogenheiten ihrer Zeit entspricht auch der 1621 anachronistische Titel liber baro für Wolff Friedrich „Freiherr“ von Dalberg, da der Zusatz „Freiherr von Dalberg“ urkundlich wohl erst nach 1653 belegbar ist.18) Formulierungen der Inschrift sind daher mindestens teilweise dem 18. Jahrhundert zuzurechnen. Das Chronogramm im Spruch am Ende der Inschrift ist wegen Schriftverlust nicht mehr nachprüfbar; aus dem Erkennbaren ergibt sich eine Summe von 1692.

Textkritischer Apparat

  1. Ergänzt nach der Übersetzung bei Schmitt, Herrnsheimer Dalberg 36; eine 6 mit Bleistift falsch nachgemalt.
  2. Falsch, müßte 1611 heißen, vgl. Humbracht Taf. 16.
  3. Die gotischen Minuskeln wohl im 18. Jh. archaisierend.

Anmerkungen

  1. Nach Armknecht, Grabmäler der Dalberg 257f. Nr. 22: Ursula ∞ Hans Schweickard von Sickingen.
  2. Nach ebd. zu ergänzen zu Haßlang.
  3. Viergeteilt aus Kämmerer von Worms gen. von Dalberg u. Dalberg, das ist das neue Dalberg-Wappen des 17. Jh.s.
  4. Hier dürfte nur Fleckenstein stehen, vgl. Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXV.
  5. Nach Humbracht Taf. 15; unkenntlicher Rest.
  6. Ebd. u. Möller wie Anm. 4; fehlt.
  7. Nach Möller, Stammtafeln AF II Taf. LXXV Ingelheim oder Crantz von Geispitzheim; dieses Wappen wurde auf Wolff Friedrichs Grabplatte, Nr. 653, erkannt; hier leer.
  8. Nach Möller wie Anm. 7 Kranch von Kirchheim; anscheinend vertauscht für Wappen bei Anm. 9.
  9. Nach Humbracht Taf. 250; richtig wäre Fleckenstein-Dagstuhl.
  10. Das ist Schenk von Schmittburg.
  11. Das ist Muschenheim.
  12. Kurz für Kämmerer von Worms gen. von Dalberg.
  13. Vgl. Bardong, Harlesheim 56-58 u. Weech, Synodale 261.
  14. Vgl. Nr. 653; dort zu ihm und seiner ersten Ehefrau.
  15. Vgl. Nr. 664.
  16. So vermutet bei Schmitt.
  17. Vgl. Armknecht 259 Nr. 26. Franz Heinrich, Ururenkel des Wolff Friedrich, stiftete auch 1768 ein marmornes Epitaph für die 1679 in Speyer bestattete Anna Catharina Francisca, ihren Vater Johann von Dalberg und ihren Ehemann Philipp Franz Eberhard, vgl. Ockhart fol. 152v-153 aus Helwich, Epit. Dalb. 118.
  18. Dalberger Urkunden Nr. 2588.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 655 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0065509.