Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 551 Worms-Herrnsheim, kath. Pfarrkirche (1590)/1591/(1606)

Beschreibung

Hängeepitaph des Wolffgang Kämmerer von Worms gen. von Dalberg und seiner Familie. Oben in der Südwand des Chores; früher rechts des Hochaltares. Hölzernes Epitaph mit schlichter Renaissancearchitektur und monumentalem Bild im Zentrum, das von Wappenpilastern mit jeweils acht Wappen und Beischriften flankiert wird. Das Bild zeigt die betende Familie vor einer Auferstehungsszene mit geöffnetem Sarkophag, Christus und Wächtern; davor knien je drei erwachsene Männer und Frauen, ein Knabe, ein Mädchen und zwei Säuglinge. Zu Häupten bereits Verstorbener sind kleine schwarze Kreuze zu erkennen sowie kleine schwach gezeichnete Wappen. Im Rundbogen des Giebelaufsatzes ist der segnende Gottvater dargestellt, eingefügt in schlichte Renaissancearchitektur mit Säulen und spitzem Giebel. Seitwärts jeweils Voluten und Beschlagwerkornamentik. Das Inschriftenfeld im Sockel enthält fünf Inschriftenspalten mit jeweils zehn Zeilen (A) in goldener Farbe auf schwarzem Grund, flankiert von das Entstehungsjahr (B) in schwarzer Farbe angebenden Postamenten. Farben teilweise verblaßt.

Maße: H. ca. 350, B. 228, Bu. 1,1 (A), 3-3,5 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B), beide leicht kursiv.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/2]

  1. A

    Der Edell Vndt Vest Wolffgang Cäm(m)rer,Von Wormbs genandt Von Dalberg her.Seins Alters 〈.................〉 Jahr,Christlich hieher begraben W[ar],In Georg Cam(m)erer seins Vatern grab,Als er 〈.......〉 den 〈.....〉 im herrn schidt ab,Auch die Edell fraw Anna Cam(m)erin,Von Dalberg ein geborne MüllinVon Vlmen 43 Jahr sein gemahl,begraben worden in diesem Saal//Verschiedt Christlich aus dieser Welt,den 〈26 tag〉a) als man 〈1606〉 zehltt,Erzielten bede Vier Kinderlein,Ein Sohn sampt Dreÿen Töchterlein,Dauon zweÿ Töchterlein Alsbaldt,Der Todt abfordert mit gewaldt,Das erst zu Geispiesheim ins Chor,das andr hierein begraben War.Der Sohn so Georg Philips genandtVertrauth Ihm zum heÿligen Ehestand//Jungfraw Mariam Cämmerin,Von Wormbs eine Dalbergerin,War zwaintzig dreÿ Iahr. 11b) wochen altt,Als Ihm dieselbig wardt Vermähltt,Lebt mit Ihr in der Ehe hernach,Ein Iahr viertzig fünff wochen .3. tag.Ohn Leibserben Von Hinnen fuhr,Den 2 Iulÿ Im Neüntzigsten Jahr,In seins anuatters grab hier vorAls Er verschid gelegt War.//Die dritt Tochter Anna MargrethDem Vesten Hans Geörgen V(on) CronbergkVerehligt, Ihm ein Sohn gebar,Der Harttman Wolffgang genen(n)et war,Lebt ·5· Wochen, Wardt glegt hiereinIns grab des zweÿtten Tochterlein,Kurtz hernach sie Gott bas Verehrt,Vndt ein Jung Tochter beschertt,Welch Anna Maria geheissen ist,Gott in Ihr zartes leben frist.//In Gott selig Ihr endt beschlos,Als 〈...........〉 geschrieben was.Diesen Gott allen gnedig seÿ,Vndt ein frölich Vrstend Verleÿ,die Elter gleichsfals beder theilBeÿ gsundem leben hegen Wol,Bis sie entschlaffen seliglich,Sein Reich besitzen Ewiglich.Sindt Verschieden 〈..............................................〉

  2. B

    AN(N)O / D(OMI)NI // M.D. / LXXXXI.

Wappenbeischriften:
[Dalberg]c) Mühl v(on) Ulmen
FlersheimBechell V(on) Lamp3)
Helmstatt[..........]d)
[Greiffenklaw]Enschringen
Krang v(on) Kirch(heim)Dalberge)
Homburg1)Geÿer v(on) Gibelstatt
Rottehanhause[n]2) [............]f)

Kommentar

Das 1591 entstandene hölzerne Epitaph für Wolffgang Kämmerer und seine Familie enthält in goldener Schrift auf schwarzem Grund eine relativ ausführliche Beschreibung der Eheverbindungen, ihrer Dauer sowie Todesdaten und ganz außergewöhnlich die Erwähnung lokaler und auswärtiger Bestattungsorte. Nur das Todesdatum der ersten Gemahlin Anna Mühl von Ulmen wurde nachgetragen; sie war die Tochter Philipps und der Margarete Bechel von Siersberg.4) Wolffgang Kämmerer war der Sohn Georgs und der Anna von Flersheim.5) Ihre Grabdenkmäler von 1606 und 1616 sind nicht mehr vorhanden.6)

Der Text besteht aus deutschen Knittelversen mit prosodischen Verstößen und teilweise plumpen Reimen, wenn Sachinformationen und Namen eingepaßt wurden. In Idee, äußerem Aufbau und einzelnen Ornamenten gleicht dieses Epitaph dem des Philipp Kämmerer aus demselben Jahr; beide Frakturschriften sind mit Elementen der Rotunda durchsetzt und einer Kursive angenähert.7) Die äußere Ähnlichkeit der beiden Familienepitaphien ist umso erstaunlicher, als die beiden Linien in konfessioneller Spannung lebten: Philipp war Lutheraner, Wolffgang Erzkämmerer des Wormser Bischofs. Über die Konfession des Dorfes und den Gottesdienst lagen sie in langer Fehde.8) In der kinderlosen Ehe Georg Philipps mit Maria Kämmerer gelang auf kurze Zeit die Vereinigung der beiden Linien.9)

Textkritischer Apparat

  1. Im Nachtrag fehlt der Monatsname Mai, vgl. wie Anm. 6.
  2. Eine Unterscheidung zwischen 11 und ii für 2 ist kaum zu treffen.
  3. Beischrift falsch in andere Ahnenreihe eingefügt, vgl. Anm.e.
  4. Beischrift fehlt. Identifizierung nach Armknecht: Wolckringen.
  5. Nicht das Wappen der Dalberg; die Beischrift wurde wohl falsch wieder angebracht und gehört zur linken Ahnenreihe. Stommel nach Armknecht; Vogt von Leuttersdorff nach Humbracht Taf. 240 entspricht nicht der Wappenzeichnung (in Gold fünf rote Ringe).
  6. Beischrift fehlt.? (Wilder Mann); nach Humbracht Taf. 288 Schiffteltingen.

Anmerkungen

  1. Puller von Hohenberg.
  2. Rathsamhausen.
  3. Mant von Limbach.
  4. Armknecht.
  5. Ebd. u. Nr. 477.
  6. Vgl. Nr. 614 u. 644.
  7. Vgl. folgende Nr.
  8. Bardong, Harlesheim 60f.
  9. Man vgl. auch die nur vielleicht einer Inschrift entnommene und einem möglichen Grabfragment zugeordnete Information bei Ockhart fol. 145v u. Nr. 544.

Nachweise

  1. Abriß der herrschaftlichen Epitaphien.
  2. Armknecht, Grabmäler der Dalberg 255 Nr. 15 u. Abb.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 551 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0055106.