Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 543† Dom, innen (1571)/1590

Beschreibung

Epitaphaltar des Kantors, Dekans und Kustos am Wormser Dom und Kanonikers am Mainzer Domstift Wilhelm von Schönenburg, gestiftet von seinem Bruder, dem Bischof Georg von Schönenburg. Prächtiges Steindenkmal in der Herz-Jesu-Kapelle, früher die Georgskapelle, an der Ostwand.1) Zwei Tafeln mit Widmung (A) und Stiftervermerk (B), verloren.2) Nach der Beschreibung bei Hertzog muß man davon ausgehen, daß das Epitaph Wilhelms in ganz engem Zusammenhang mit dem noch an Ort und Stelle befindlichen Georgsaltar stand, was im weiteren noch zu klären sein wird. Zu dem allerdings im 18. und 19. Jahrhundert umgebauten und neu gestrichenen Altaraufbau führt Hertzog an: „über dem Altar zimlich hoch Viereckicht von lauwrem Stein außgehawen und mit Farben außgestrichen mit diser Histori Erstlich oben auff Marien Bildtnus mit dem Kindlin Jesu...“, dann das bischöflich-wormsische Wappen mit drei Helmen, das heute wieder neu den Giebel ziert, und ehedem acht Ahnenwappen auf den flankierenden Kolumnen der ehedem zweifach getreppten Renaissancearchitektur, die kaum verändert wurde: zweistufiges Sandsteinretabel zu drei Feldern in Form einer Pilasterädikula mit jonischen und korinthischen Säulen, unten allegorisch, oben ornamental geschmückt. Vollfigur des hl. Georg, vom Pferd aus einen Drachen tötend; ehemals die Figuren der hll. Petrus und Paulus, heute noch vier Evangelistenfiguren in Nischen. Vor dem zentralen Bild der Auferstehung Christi heute eine Herz-Jesu-Statue. Bemalung und erhaltene Inschriften (C) gehen auf die Restaurierungen zurück. Wohl ganz unten befanden sich die Inschriften der Schönenburger mit Darstellung Wilhelms rechts in geistlichem Gewand, Georgs links in Bischofstracht mit roten Handschuhen und Inful, beide gegeneinander auf einem Kissen kniend, darunter Abendmahlsdarstellung. An den Postamenten der unteren Evangelisten beiderseits Wappen des Domdekans Franz Karl Friedrich von Hohenfeld (†1757), der für eine Restaurierung gesorgt hatte.3)

Nach Hertzog und Helwich.

Maße: Fast die gesamte hohe Wand der Kapelle ausfüllend, Bu. 6 cm (C).

Schriftart(en): Druckschrift 18. Jh.

  1. A

    Reverendus ac stemmatis nobilitate praeclarus Dominus Wilhelmus à Schonenburg,a) huius cathedralis Divi Petri et Moguntiaeb) ecclesiarum canonicus, qui anno MDLIc) in cantorem electus, post annos quinquec) in decanum assumitur, quo in munere annos xiiiic) integros exegit, custos moritur,d) humatus ante summum altare beatae Mariae ad gradus Moguntiae MDLXXI.

  2. B

    Reverendissimus in Christo pater ac dominus dominus Georgius à Schonenburg, Dei gratia episcopus Wormatiensis et praepositus Moguntinus, postquam annis xxiiie) praepositum huius ecclesiae gessisset,f) in episcopum anno domini MDLXXXc) eligitur et confirmatur, Moguntiae vero post annos 18 in decanatu seduleg) prudenterque obitos,h) in praepositum MDLXXXIIc) eligitur, pio in fratrem affectu hoc monumentum vivens posuit et sacravit anno MDXC.

  3. C

    Iesu Mitis // Humilis CordeFac / Cor Meum // Secundum / Cor Tuum4)

Übersetzung:

Der ehrwürdige und vom Adel der Abstammung berühmte Herr Wilhelm von Schönenburg, dieser Kathedrale des hl. Petrus und der Kirche in Mainz Kanoniker, der im Jahre 1551 zum Kantor gewählt, fünf Jahre danach zum Dekan angenommen wurde, in welchem Amt er 18 ganze Jahre verbrachte, verstarb als Kustos; begraben liegt er vor dem Hochaltar der Kirche Mariengreden in Mainz; (er starb) 1571. – Der höchstehrwürdige Vater in Christo und Herr, Herr Georg von Schönenburg, von Gottes Gnaden Bischof von Worms und Mainzer Propst, wurde, nachdem er 23 Jahre lang die Propstwürde dieser Kirche bekleidet hatte, im Jahre des Herrn 1580 zum Bischof gewählt und bestätigt; in Mainz wurde er, nachdem er 18 Jahre lang geschäftig und umsichtig im Dekanat verbracht hatte, 1582 zum Propst gewählt; in frommer Zuneigung zum Bruder setzte er lebend dieses Denkmal und weihte es im Jahre 1590. – Jesus, sanftmütig und demütig von Herzen, bilde mein Herz nach deinem Herzen.

Wappen:
Viergeteilt von Bistum Worms und Schönenburg; Schönenburg, von der Leyen, Eckbrecht von Dürkheim, Wiltz; Stumpf von Simmern, Eltz, Gülpen von Heddesheim, Elter.

Kommentar

Das heutige Aussehen des Georgsaltares stimmt nach den Restaurierungen von Hohenbergs und der von wohl 1876 nur noch teilweise mit der Beschreibung Hertzogs überein, die vom Altar unmittelbar zum Epitaph übergeht; die Bemerkung in der Inschrift, daß Bischof Georg das Denkmal 1590 errichten ließ und weihte, kann sich nur auf seine Funktion als Altar beziehen; der gleichzeitige Epitaphteil befand sich wohl im unteren Teil an der Mensa und gehörte zum Programm, da die Stiftung der Georgskapelle auch „ad ... memoriam et monumentum familiae“ gedacht war.5) Zur Entstehung des ganzen Komplexes im Jahr 1590 paßt eben diese Jahreszahl am ehemaligen schmiedeeisernen Gitter der Annakapelle, dem das Gitter der Georgskapelle genau entsprach.6) In den Ornamenten wurde wenigstens teilweise der Stil des Niederländers Cornelius Floris/de Vriendt erkannt.7)

Wilhelm von Schönenburg starb am 7. Februar 1571 und wurde vor dem Hochaltar von Liebfrauen in Mainz bestattet, wo zwei weitere Denkmäler überliefert sind.8) Georg von Schönenburg, gestorben am 11. August 1595, wurde vor dem Georgsaltar beigesetzt.9)

Textkritischer Apparat

  1. Schonenberg Hertzog, Schannat.
  2. Nicht et Divi Petri wie Helwich; Moguntinensis Schannat.
  3. Arabische Ziffern bei Helwich.
  4. quo ... moritur fehlt Schannat, stattdessen obiit anno MLXXI.
  5. xxiiii Hertzog, 23 Helwich, wohl richtig, da wie Amtslisten bei Schannat.
  6. egisset Helwich.
  7. sedulo Hertzog.
  8. obitus ebd.

Anmerkungen

  1. Dort heute; vielleicht dasselbe gemeint bei Hertzog: „...in dem Thum in St. Georgen Capellen uf der rechten handt wie man von St. Johannis Pfarkirchen hinein geht nach dem Chor zu...“
  2. Ebd. „in altera tabula“.
  3. Beschreibung nach Hertzog, Schmitt u. Abb. in Kdm.
  4. Litanei vom allerheiligsten Herzen Jesu, nach dem Römischen Meßbuch, dort nostrum statt meum.
  5. Illert, Regesten 40.
  6. Kdm. Worms 203 u. Schmitt.
  7. Schmitt nach Rivoir, Typenentwicklung.
  8. DI II (Mainz) Nr. 1281f.
  9. Vgl. ebd. Nr. 517f., Helwich, Prodromus 53 sowie Haupt, Gräber im Dom 359 Nr. 38. Vgl. auch zur Biographie A.Ph. Brück, Art. Georg von Schönenberg, in: NDB 6 (1964) S. 232.

Nachweise

  1. Hertzog, Beschreibung I 2 fol. 224v.
  2. Helwich, Syntagma 6.
  3. Schannat, Hist. ep. Worm. I 83 (nur A).
  4. Kdm. Worms Abb. 89 (nur Altar).
  5. Schmitt, Bildwerke 315f.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 543† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0054306.