Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 530† Worms, Zum Laub 1586

Beschreibung

Spruchinschrift auf einem Schild, der den „Graffen Domherrn zu Straßburg“ gehörte; Logis hatten sie in der Herberge Zum Laub genommen und „... die haben daselbst auf ihren Schildt diese Distichon laßen schreiben.“

Nach Zorn-Wilck.

  1. Vna fides, quatuor, signum unum, animus, Deus unusa)Trinus in aeternum, Romulab) bulla vale.

Übersetzung:

Vier, ein Glaube, ein Zeichen, eine Seele, ein Gott, dreifach in Ewigkeit; römische Wasserblase, lebe wohl!

Kommentar

Die Gelegenheit für die Anwesenheit von Straßburger Domherren in Worms bestand in dem damals, Januar bis Februar 1586, dort stattfindenden Reichsdeputationstag, der die unerledigten Geschäfte des Augsburger Reichstages von 1582 zu Ende führen sollte und mitten in den Kölner Krieg fiel.1) Die reformatorischen Bestrebungen des Kölner Erzbischofs Gebhard Truchseß von Waldburg hatten auch dazu geführt, daß er 1583 zusammen mit drei weiteren Kölner Domherren, nämlich Georg von Sayn, Graf zu Wittgenstein, Hermann Adolf Graf zu Solms und Johann Freiherr zu Winnenberg(-Beilstein), aus dem Domkapitel von Straßburg ausgeschlossen wurde.2) In dem konfessionellen Spannungsfeld des sogenannten Straßburger Kapitelstreites diente der Spruch auf einem Schild quasi als Losung und Devise der protestantischen Straßburger Delegation in Worms, mit der in Anspielung auf die ursprüngliche Vierzahl der Ausgestoßenen vier Forderungen erhoben und der römischen Obödienz eine Absage erteilt wurden. Provozierend als „römische Wasserblase“ bezeichnend, stellt das Distichon die katholische Gegnerschaft neben das Vergänglichkeitssymbol des „homo bulla“.3) An einer Blendarkade im Straßburger Dom befindet sich übrigens eine Inschrift TRINVS ET / VNVS DEVS.4)

Textkritischer Apparat

  1. quattuor durchgestrichen in Zorn-Wilck (F); Aphärese, die Silbe „-um“ erscheint in scriptura plena, aber prosodisch elidiert.
  2. Sic; abgeleitet aus Romulus/Romuleus; statt Romana, um den Pentameter nicht zu stören.

Anmerkungen

  1. Boos, Städtekultur IV 393f.
  2. Vgl. A. Meister (Hg.), Akten zum Schisma im Straßburger Domkapitel 1583-1592, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Elsass 19 (1898) 5f. zum Ausschließungsdekret vom 3. Dezember 1583 u. ders., Der Straßburger Kapitelstreit 1583-1592. Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation. Straßburg 1899, v.a. 175ff. zur Werbereise im Jahre 1586 und zum Mißerfolg in Worms.
  3. Varro, De re rustica 1,1,1; Petronius, Satyrica 42,4.
  4. O. Schmitt, Gotische Skulptur am Straßburger Münster I. Frankfurt a. M. 1924, Taf. 68b.

Nachweise

  1. Zorn-Wilck (W) 641, (F) o.fol., (M) 772f.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 530† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0053001.