Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 382 Andreasstift 1510?

Beschreibung

Wohl Bauinschrift aus dem Bereich des Andreasstiftes. Steinsammlung im Hof, in der südöstlichen Ecke nahe der Stadtmauer. Bogenstein aus rotem Sandstein mit rundem Innenprofil und Büste des hl. Andreas mit seinem Kreuz; hinter dem Kopf Schriftband mit Jahreszahl. Bestoßen und abgewittert. Wenn die Identifizierung stimmt, dann ehemals im Haus Nr. 3 am ehemaligen Andreasplatz, jetzt Weckerlingplatz, vermauert.1)

Maße: H. 50, B. 70, Bu. 5, Z. 4 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis?

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/1]

  1. · A(NNO) · / · 1[5 / ..]a)

Kommentar

Der unsymmetrisch beschnittene Stein stieß mit der ebenfalls unsymmetrischen Plazierung des Heiligen links an den Scheitel eines Bogens an; Größe und Stärke des Bogens legen nahe, daß es sich hier um den Rest eines Eingangportales des Andreasstiftes handelte, zu dem ein zweiter mit ihm im Scheitel zusammenstoßender Stein gehörte.

Ob die Jahreszahl noch auf dem erhaltenen ausgeführt war, läßt sich kaum ermessen, da die quasi herabhängenden Enden des Schriftbandes in sich zusammengerollt aussehen. Gesicht und Oberkörper des Heiligen sind zu stark verwittert, als daß man damit eine engere Datierung überprüfen könnte. Nahezu spitzes A mit nach links versetzter, fahnenartiger Trabs könnte zu frühen Kapitalisformen gehören, deren früheste klassische Ausführung in Worms schon 1488, aber neben Bastarden begegnet. Die hier vorliegende Form gehört aber nicht zu den aus der gotischen Majuskel abgeleiteten noch zu den maniriert ausgezierten der Domschlußsteine. Zwar ist eine beträchtliche Zahl von Inschriften an der Zeitenwende verloren, doch ist dieses A in Worms nur in der Grabinschrift für Katharina zum Phil von 1514 neben symmetrischen A und meist kapital geprägten Buchstaben nachweisbar.2)

Zusammen mit dem übereinstimmenden Figurenschmuck legt dieser zeitliche Ansatz eine Identifizierung mit dem von Wörner auf 1510 angesetzten Stein nahe; der heutige Zerstörungsgrad erlaubt keine Überprüfung seiner Lesung, die sich sonst nicht immer als zuverlässig erwiesen hat.

Textkritischer Apparat

  1. Stark beschädigt, die 5 von einer halben 8 kaum zu unterscheiden; Buchstaben und Zahlen getrennt jeweils von Kopf und Kreuzbalken (/); rechts davon nichts mehr zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Kdm.
  2. Vgl. Dalberg-Relief Nr. 316, Grabplatte Nr. 385 (1514) u. oben S. LXIIIff. zur Kapitalis und Frühformen. Trabs nach links, aber mit gebrochenem Mittelbalken bei einem A von 1505, vgl. Nr. 373.

Nachweise

  1. Kdm. Worms 269.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 382 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0038205.