Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 343† Paulusmuseum, vom alten Tanzhaus um 1498?

Beschreibung

Bauinschrift(?) des Ratsmitgliedes und Baumeisters Hamann Lisberg und des Bürgermeisters Hans Zoller. Zuerst wohl Sturz, dann Eckstein am abgebrochenen Tanzhaus, dann im Paulusmuseum, heute verloren, aber fotografisch überliefert.1) Fragmentarischer Steinquader mit späteren Bearbeitungsspuren. Erhalten ist der rechte Teil einer vierzeiligen Inschrift; unter Einzelbuchstaben oder Initialen (A) die beiden mittleren Zeilen durch kräftige Linien eingerahmt, die vierte Zeile (B) mit einem Drachensymbol abgeschlossen. Bestoßen mit Ausbrüchen.

Nach Foto.

Maße: unbekannt.

Schriftart(en): Gotische Majuskel, Übergangsschrift (A), gotische Minuskel (B).

  1. A

    [.....R] · Ca) ·

  2. B

    [.....] · ha(m)ma(n)b) lÿßberck · / [.....]tez · Bumeyster · / [.....ha]nß c) · Zoller ·

Kommentar

In der Zeit des Baues des Tanzhauses, von dem 1498 in Briefen des Reinhard Noltz unter anderem an Hamann Lisberg die Rede ist,2) kommen sowohl Hamann Lisberg als auch Hans Zoller mehrfach als Ratsmitglied, Bürgermeister und Baumeister vor.3) Die Entstehung der Inschrift kann um das Jahr 1498 angesetzt werden, weil der Nachricht in dem ersten Brief von Noltz im Juli 1498 über das „nuwe Dantzhuse, dasz nun uszgemacht ist“ die Mitteilung im August folgt: „Dasz Dantzhusz kann so uff eyn stuck nitt gemacht werden.“ Mit guten Gründen hielt man daher den Rohbau für fertig, während der Innenausbau noch weiterzuführen war.4) Eine Anbringung der Inschrift im Jahr 1498 oder kurz darauf läßt sich erst recht vertreten, wenn man berücksichtigt, daß Hans Zoller nur bis 1501 urkundlich nachweisbar ist. Die Bezeichnung Baumeister bezieht sich auf die vom Rat aus seinen Reihen für Bauangelegenheiten der Stadt beauftragte Personen, wie etwa Hamann Lisberg 1507 städtischer Baumeister für das Liebfrauenstift war.5) Mit dem Datierungsansatz läßt sich die entwickelte gotische Minuskel vereinbaren, die bei der Versalie B eine nach links schwingende Cauda und für das Z eine vergrößerte Form des entsprechenden Minuskelbuchstabens benutzt.

Eine Deutung der Inschrift A war bisher nicht zu leisten; es handelt sich kaum um ein Datum, eher um eine Formel mit C(URAVERUNT). Der geringe Überrest entspricht nicht regelhaften Buchstaben von gotischer Majuskel oder Kapitalis und muß als zur zeitgenössischen Übergangsschrift gehörig angesehen werden.

Die Zeichnung des Drachen am Ende der letzten Zeile sollte nicht nur als Füllung betrachtet werden, sondern steht bei einer quasi offiziellen Inschrift wohl als Hoheitszeichen der Stadt, ohne freilich schon den Charakter eines Wappen zu besitzen.6)

Textkritischer Apparat

  1. R[?]. C[oder G] Kranzbühler.
  2. han(n) vo(n) Kdm., Boos.
  3. auß Kdm., Boos.

Anmerkungen

  1. Foto im StA Worms Neg.Nr. 5720.
  2. Boos, Quellen III 576 u. 578.
  3. Zu Hamann Lisberg vgl. Wormser Urkunden Nr. 791f., 795, 814-816, 818, 822, 834; Boos, Quellen III 688 zu 1483-1509; Kraus, Quellen II 122 zu 1474; zu Hans Zoller vgl. Wormser Urkunden Nr. 783, 785, 834; Boos, Quellen III 721 zu 1483-1501.
  4. Kranzbühler.
  5. Boos, Quellen III 513.
  6. Vgl. Kranzbühler 112ff.

Nachweise

  1. Kdm. Worms 272.
  2. Boos, Quellen III 397 Anm. 1.
  3. Kranzbühler, Worms und die Heldensage 122 u. Abb. 26.
  4. (C.J.H. Villinger), Verschwundene Wormser Bauten: Das Tanzhaus bei der Neupforte, in: Wonnegauer Heimatbll. 5 (1960) Nr. 2.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 343† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0034302.