Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 9† Kilianskapelle um 1034

Beschreibung

Gedenk- und Fürbitteinschrift für den Bauherrn und den Werkmeister der Kilianskapelle. Am Turm.

Nach Zorn und Schannat.

  1. Azechoni ep(iscop)o et Benzoni, qui fecit,a) veniam rogate.

Übersetzung:

Für Bischof Azecho und Benzo, der (dies) machte, erfleht Vergebung.

Kommentar

Die Inschrift am Turm der von Hamman und anderen an der Kreuzung von Zwerch- und Hangasse (heute Römer- und Hagenstraße) lokalisierten Kilianskapelle1) hält um Fürbitten für Bischof Azecho und den Werkmeister Benzo an. Es gibt keinen Grund ihre Entstehung während der Amtszeit Azechos (1025-1044) anzuzweifeln,2) wenngleich weder die Nachricht Schannats einer Kapellengründung noch seine Angabe des Jahres 1034 aus ihr hervorgehen.3) Obwohl die Kilianskapelle erst 1223 urkundlich erwähnt wird,4) lassen sich Bau und Inschrift jedoch gut in die von Schannat vorgeschlagene Zeit datieren, weil Bischof Azecho 1033 die Mauritiuskapelle im Domkreuzgang und 1035 den Kiliansaltar im Kloster Limburg weihte und über die kaiserliche Familie enge Beziehungen zu dem seit 1034 amtierenden Bischof Bruno von Würzburg als dem Hüter der Kiliansreliquien bestanden.5)

Sollte der genannte Benzo mit dem gleichnamigen Zeugen einer Burchard-Urkunde identisch sein,6) könnte man in ihm dessen Baumeister vermuten. Mit dem geraden Chorschluß des vorromanischen Domes stimmt der der Kapelle augenfällig überein.7) Da es im Dom keinen Kiliansaltar oder -kapelle gab,8) ist die einleitende Beschreibung bei Zorn, „Dieser Azecho hat S. Kilian capell entweder gebaut oder erneuert, dessen anzeigung geben die wort am selbigen dom geschrieben: Azechoni ...“, entgegen der suggestiven Worte nicht auf den Dom zu beziehen, es sei denn man unterstellt Zorn hier eine sinnentstellende Verkürzung, die erst die Verbindung der Inschrift mit der Kilianskapelle fälschlich herstellte; dann müßte man die Inschrift als älteste Bauinschrift des Domes ansehen. Spätere Versionen plazieren die Inschrift aber „am selbigen Thurm“, nämlich der Kapelle.

Die Inschrift ist übrigens in gewisser Weise funktional verwandt mit jener älteren der Mainzer Willigistür.

Textkritischer Apparat

  1. civi fecit Zorn-2, Zorn-Wilck; Benzoni fecit Zorn, Chronik bei Arnold, Druckfehler. Die von Schannat vorgenommene Zeileneinteilung ist wohl willkürlich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kranzbühler.
  2. Zweifelnd Kraus wegen der in den Hauptüberlieferungen Zorn und Brusch enthaltenen Pseudo-Grabinschriften der Bischöfe, vgl. oben S. XLVf.
  3. Schannat 336: „sub divi Kiliani ... condidit.“ Demgegenüber hat Zorn nur: „hat ... entweder gebaut oder erneuert“.
  4. Boos, UB II 722 Nr. 128.
  5. Gensicke 131f.; Bruno war übrigens Kanoniker in Worms.
  6. Boos, UB I 37 Nr. 46.
  7. Vgl. Gensicke 135 mit Ansichtskizzen von 1831. D. Weirich, Baubefund der ehemaligen Kapelle St. Kilian, in: Der Wormsgau 3,3 (1953) 135f.
  8. Gegen Kranzbühler, Nachrichten 7 Nr. 7 schon Illert, Regesten 30 zu 1031.

Nachweise

  1. Brusch, Epitomes I fol. 112v.
  2. Zorn-2 (F) 62, (W) fol. 18v.
  3. Zorn, Chronik bei Arnold 41.
  4. Zorn-Wilck (W) 79, (M) 103.
  5. Schannat, Hist. ep. Worm. I 66f. u. 336.
  6. Kraus, Christliche Inschriften II 81 Nr. 177.
  7. Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten 64.
  8. Gensicke, Kapelle St. Kilian 131.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 9† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0000900.