Inschriftenkatalog: Stadt Worms
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 29: Worms (1991)
Nr. 743 Stadtmuseum, aus Stadt Worms E.17.-1.H.18. Jh.
Beschreibung
Spruchinschriften auf zwei Richtschwertern der Stadt Worms, angeblich von einem Nachkommen des letzten Wormser Scharfrichters ins Paulusmuseum gestiftet.1) Inschriften beidseitig jeweils in der Blutrinne ursprünglich eintauschiert, beim zweiten Schwert (B) zweizeilig, Kupfereinlage nur teilweise erhalten. Beide Klingen mit Rad und Galgen als Hinrichtungssymbolen verziert, das zweite Schwert zusätzlich mit opulentem Rankenornament. Spitze jeweils beschädigt.
Maße: Länge (erh.) 71, B. 5-5,5, Bu. 0,7 cm (A), Länge (erh.) 65,5, B. 5,5-6, Bu. 0,6 cm (B).
Schriftart(en): Kapitalis (A), humanistische Minuskel (B).
- A
+a) SOLI DEO + GLORIA2) ++ ME FECIT + SOLINGEN +
- B
Wan Ich das Schwert thu Auff HebenSo wünsche Ich dem Armen Sünder das Ewige Leben
Die F[ürst]en Steuren dem VnheilIch Exequire Ihr Vrtheil
Übersetzung:
Gott allein die Ehre. – Mich machte Solingen.
Textkritischer Apparat
- Jeweils fünf Quadrangeln kreuzförmig angeordnet.
Anmerkungen
- So nach Weckerling.
- Verbreitete Inschrift auf Schwertklingen und an Häusern, verkürzt auf mehrere neutestamentliche Varianten zurückgehend; u.a. Rm. 16,27, I. Tim. 1,17, Iud. 25.
- Vergleichsbeispiele bei U. Kühn, Das Richtschwert in Bayern, in: Waffen- und Kostümkunde 12 (1970) 89-126, bes. 95-97 Liste von Inschriften.
- Ebd. 98 u. zu ähnlich lautenden Beschriftungen, teils in identischer Kombination ebd. 108ff. Nr. 1, 5, 10, 21-23, 27, 29f., 35, 42, 57, 84.
Nachweise
- A. Weckerling, Zwei Richtschwerter der freien Stadt Worms im Paulusmuseum, in: Vom Rhein 5 (1906) 61 (mit Abb.).
- Höfel, Rechtsaltertümer 54 u. Abb. 102.
- F.M. Illert, „Wann Ich das Schwert thu Aufheben“, in: Wonnegauer Heimatbll. 9,10 (1964) 2.
Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 743 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0074300.
Kommentar
Die merkmalarme Kapitalis und die humanistische Minuskel mit von Kursive geprägten Versalien sowie ausgezogenen Cauden und Schaftenden sind nur weit ausgreifend vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zur 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts zu datieren; dem weiteren Rahmen entsprechen auch Ausführung und Ornamentik. Die Texte der Inschriften können ebenfalls nicht zu einer stärkeren Eingrenzung herangezogen werden.3)
Mit den recht häufig anzutreffenden Inschriften des zweiten Schwertes distanzierten sich Scharfrichter vom Hinrichtungsakt als ihrer persönlichen Tat, indem sie dem Delinquenten Gnade wünschten und ihre Rolle als nur ausführendes Organ des Gerichts betonten.4)