Inschriftenkatalog: Stadt Worms
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 29: Worms (1991)
Nr. 712 Liebfrauenstift 1663
Beschreibung
Grabplatte des Wormser Bischofs Hugo Eberhard Cratz von Scharffenstein. Innen vor der Wand des nördlichen Chorumganges, 1. Stein von Westen; früher im Boden des nördlichen Seitenschiffs im 2. Joch von Westen mit der Markierung XVI.1) Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift vertieft in Leiste. Im Feld großes Prunkwappen in Einzelheiten schwach erkennbar. Stark abgetreten und ausgebrochen; zusätzlicher Schriftverlust durch Ausbesserungen mit Zement.
Maße: H. 217, B. 123,5, Bu. 4,7 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
[..... / .....HVG]O EBERHARDVS · D(EI). G(RATIA). ELE[CTVS ET] (CON)FIRM(ATVS) [EP(ISCOPV)S / WORM.......]a) OB[IJT RAT]/ISBONAEb) IN COMITIJS · 13 · MARTIJc) · AN[NO] 16[63]d)
Übersetzung:
....Hugo Eberhard, von Gottes Gnaden erwählter und bestätigter2) Bischof von Worms, er starb auf dem Reichstag zu Regensburg am 13. März im Jahre 1663.
Viergeteilt von Bistum Worms und Cratz von Scharffenstein; Kleinode von links: Bistum Worms (bequastetes sechseckiges Schirmbrett mit Schlüssel und Rauten); Mitra mit Stab; geöffneter Flug mit Scharffensteinischem Wappenbild. |
Textkritischer Apparat
- ELECTVS EP .... OB. Kdm.; ELECTVS .... WORM(ATIENSIS): EPISCOPVS / ... Schalk, vgl. auch Anm. 2. Die Buchstaben FIRM sind auf dem Foto des StA Worms Neg.Nr. F 1937/19 schwach zu erkennen; danach wurde eine Rekonstruktion der Kürzungen und der Verteilung versucht.
- Unsichere Lesung nach dem Foto StA Worms Neg.Nr. F 1937/19.
- Mit MARTIS bricht Kdm. ab.
- Jahreszahl ergänzt nach folgender Nr.
Anmerkungen
- Nach Lageplan von 1911, vgl. oben S. XXIII.
- Die Ergänzung entspricht dem Formular auf der Grabplatte des 1604 verstorbenen Bischofs Philipp von Rodenstein, vgl. Nr. 607. Auf dem noch 1654 in der Thomas und Dionysius-Kapelle des Mainzer Domes für seinen 1631 verstorbenen Neffen Hugo Lothar gestifteten Altar ließ sich Hugo Eberhard „electus episcopus Wormatiensis“ nennen; vgl. zur verlorenen Inschrift Arens, Mainzer Inschriften Nr. 1606.
- Angaben zu Person und Karriere bei Schannat, wie Anm. 4, und Dohna, Ständische Verhältnisse 108 Nr. 61: weitere Würden waren die eines Chorbischofs tituli S. Lubentii in Trier, Domkantor, Domkustos und zeitweise Kämmerer in Mainz. Zu den Eltern vgl. Humbracht Taf. 9.
- Schannat, Hist. ep. Worm. I 443f; zu Einzelheiten vgl. auch G. Sofsky, Die verfassungsrechtliche Lage des Hochstiftes Worms in den letzten zwei Jahrhunderten seines Bestehens unter besonderer Berücksichtigung der Wahl seiner Bischöfe (Der Wormsgau, Beih. 16.) Worms 1957. Eintritt ins Kapitel 1608, vgl. Hersche, Domkapitel I 189.
- Schannat/Bärsch, Eiflia illustrata II 2, 500 falsch zu 1652 u. Dohna, Ständische Verhältnisse 108 Nr. 61.
- Acta Pacis Westphalicae, Serie III Abt. A I,1. Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie 1645-1647, bearb. von W. Becker. Münster 1975, LXXVII u. LXXXVI.
- Schannat wie Anm. 4.
- W. Fürnrohr, Der immerwährende Reichstag zu Regensburg. Das Parlament des Alten Reiches, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 103 (1963) 165-255; 241 eine Liste der Reichsdirektoren.
- Nähere Umstände des Jahres 1662/63 faßte Schmitt, Pfarreien St. Amandus und Liebfrauen 39 nach der Zorn-Meixnerschen Chronik zusammen.
- Vgl. folgende Nr.
Nachweise
- Kdm. Worms 222.
- Ihm, Grabplatten.
- Schalk, Gräber 225 Nr. 14 u. Abb 17.
Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 712 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0071207.
Kommentar
Der Dompropst in Worms und Trier Hugo Eberhard Cratz von Scharffenstein, Sohn des kurtrierischen Rats und Amtmanns Anton und der Katharina von Metternich,3) wurde am 18. Mai 1654 nach mehr als eineinhalbjähriger Vakanz zum Bischof von Worms gewählt.4) Als Trierer Domherr hatte er sich 1650 im Kampf gegen Franzosen durch die Besetzung der Stadt Cochem ausgezeichnet.5) Bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden sammelte er als erster kurmainzischer Gesandter diplomatische Erfahrungen und Ansehen.6) Der Regensburger Reichstag im Winter 1663, den Hugo Eberhard als kurmainzischer Reichsdirektor leitete,7) blieb ohne greifbares Ergebnis; die Reichsstände ließen sich von da ab durch Gesandtschaften in Regensburg auf dem sogenannten „immerwährenden Reichstag“ vertreten.8) Die Überführung der Leiche des Bischofs aus Regensburg mußte der Mainzer Erzbischof Johann Philipp von Schönborn militärisch gegen Übergriffe seitens der Kurpfalz schützen lassen.9)
Der für einen Wormser Bischof ungewöhnliche Begräbnisplatz in der Stiftskirche von Liebfrauen, deren Propstei ihm als ehemaligem Dompropst von Worms automatisch zugestanden hatte, geht nach einem heute verlorenen Epitaph auf den ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen zurück.10)