Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 552 Worms-Herrnsheim, kath. Pfarrkirche (1589)/(1590)/1591/(1612)

Beschreibung

Epitaph der Familie Philipp Kämmerers von Worms gen. von Dalberg (†1590). Oben an der Nordwand des Chores; früher rechts des Hochaltares. Hochrechteckiges Holzbild mit rechteckigem Aufsatz in schlichter Renaissancearchitektur. Flankiert von kannelierten Säulen und jeweils acht Wappen mit Beischriften befindet sich in der Mitte die anbetende Familie, bestehend aus je sechs Männern und Frauen, einem Knaben, zwei Mädchen und drei Säuglingen, unter einer Himmelfahrtsszene, in der Engel Christus in die Arme Gottvaters geleiten, über dem die Taube des Heiligen Geistes schwebt. Die 1591 bereits Verstorbenen sind durch kleine schwarze Kreuzchen kenntlich gemacht. Zu Häupten der Erwachsenen sind kaum kenntliche Wappen angebracht, die wohl die jeweiligen Eheverbindungen andeuten sollen. In die Rundbogennische des Renaissanceaufsatzes ist eine Golgathaszene gemalt. Unter dem Bild steht eine fünfspaltige Inschrift mit jeweils 14 gereimten Zeilen (A), darunter abgesetzt in einer Beschlagwerkkartusche das Entstehungsjahr (B).

Maße: H. ca. 450, B. 240, Bu. 1,8 (A), 4,2-6 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A,B), Kapitalis (B), beide leicht kursiv.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/4]

  1. A

    Der Gestreng V(nd) Vest Philips Cam(m)erer.Von Wormbs seins geschlechts ein dalberger.Verschiedt in Gott Christlich vnndt wol.Aus diesem betrübten Iamerthall,Als fünffzeche(n)hundert. Neüntzig IarNach Christi geburt Verlaufen war,des herbstmonats Am Sechste(n) tag.Zu Abent vmb Sieben Vhrn Schlag.Seins Alters Sechtzig vndt ein Iar.Von dieser welt sein Abschiedt war,Mit frau helena Röderin V(on) Rodeckh.die erste ehe vierzeche(n) Iar Volstrekt,Ertzielten sieben lieber kindt,deren gott fünf heimgebe(n) sindt,//Die Mutter Freudt auch christlich bschlos,Vndt Zu Steinbach begraben Was,Ain Sohn Vndt dochter aus den siebe(n),Sindt bis in ehestandt vberplieben,Zur Ander(n) ehe fürth er Im Heimfraw An(n)am geborne v(on) hendtschuchshei(m),Welch Im vff fünfundzwantzig Iar,Vier lieber Kindt zur welt gebar,dere(n) zweÿ gott zu sich genomen,Ehe sie zum rechten Alter kom(m)en,die Mutter auch Von dan(n)e(n),den 〈9. octob(ris)〉 Im 〈1612.〉 Iar,Der sohn Philips fridrich gena(n)dt,Vertrawt Im zum heilige(n) Ehestandt,//Mariam Appolloniam,ein gebor(n)e Wölfin V(on) Sponheim,War seins Alters · 29 · Iar,Als Im diselb Vermählet war,Lebt nur · 29 · Wochen beÿ Ir.darnach Cristlich v(on) hin(n)en fuhr,den · 16 · Nouembris Zwar.Als Achtzigneun geschriebe(n) war,Junckfraw An(n)a sein schwester zartzur heilige(n) ehe Verhewrat wart,Juncker Hans Bocken V(on) Gersheim.Lebt ein Iar, 13 Wochen beÿ Ir.darnach selig Im her(n) entschlief,Sie mit Rhat zur Ander(n) ehe berief,//der Vest Juncker Philips Knebell,Von Catzenelnbogen,Von Welcher Im drei lieben kindt,durch gottes sege(n) geboren sindt,Jungfraw Maria die dochter zart,dem Veste(n) Georg Philipsen Camerer,Von Wormbs genandt v(on) Dalberg,Ehelich Vermählet warth,Lebt beÿ Ir ein Jar,Viertzig fünf wochen drei tag,darnach Christlich den · 2 · Iuli.des Neuntzigisten Iars zwar,Aus diese(m) Iamerthal abgeford(er)t War,dem Gott gnädig seÿ.//Vnd ein fröliche Auferstehung Verlej.Amen, das werde war,Hie vnd dort Im him(m)els thron,der Jüngst Sohn Eberhart Cam(m)erer,Von Wormbs, gena(n)dt v(on) dalberg her,Seins Alters damals · 16 · Jar,durchs vaters todt beküm(m)ert war,das im der selig also baldt,verfallen war durch Todts gewalt,dem Verlej gott weisheit v(nd) versta(n)d,zu Regir(n) nach seine(m) Adeliche(n) stand,Vnd wan sein stindlein kompt herbej,Im auch ein Seligs endt Verlej.Ist Verschieden, 〈..............〉

  2. B

    Anno Domi(ni) M D XCI

Wappenbeischriften:
DalbergHendschuchsheim
CronbergFleckenstein
GemmingenStauffenberg
BachIngelheim
GreiffenklawDalberg
ReiffenburgHendschuchsheim
VenningenLandtschadt
Aurbach1)Andla[u]2)

Kommentar

Das 1591 entstandene Epitaph für Philipp Kämmerer und seine Familie enthält in goldener Schrift auf schwarzem Grund eine relativ ausführliche Beschreibung der Eheverbindungen, ihrer Dauer sowie Todesdaten. Das Todesdatum der zweiten Gattin Anna von Handschuhsheim, wurde nachgetragen, das Eberhards (†1614) nicht.3) Philipp war der Sohn Philipps (†1533) und der Katharina von Kronberg; die rechte Ahnenreihe verweist auf seine zweite Gemahlin Anna von Handschuhsheim, Tochter Damians und der Ursula von Fleckenstein.4)

Der Text besteht aus deutschen Knittelversen mit prosodischen Verstößen und teilweise plumpen Reimen, wenn Sachinformationen und Namen eingepaßt wurden. Trotz lutherischen Bekenntnisses in diesem Familienzweig besteht eine enge Verwandtschaft zum Hängeepitaph des katholischen Wolffgang Kämmerer aus demselben Jahr.5)

Anmerkungen

  1. Urbach.
  2. Aus Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXV v. XXVIII ergibt sich eine Stammfolge: Handschuhsheim (1), Fleckenstein (2), Stauffenberg (3), Ingelheim (4), Helmstatt (5), Andlau (6), Landeck (7), Handschuhsheim (8).
  3. Zu seiner Grabplatte vgl. Nr. 634.
  4. Möller, Stammtafeln AF II Taf. LXVI, I Taf. XXVIII u. Armknecht. Zu ihren Grabdenkmälern vgl. Nr. 541 u. 629.
  5. Vgl. vorangehende Nr.

Nachweise

  1. Abriß der herrschaftlichen Epitaphien.
  2. Armknecht, Grabmäler der Dalberg 254 Nr. 13 (nur B u. Wappen).

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 552 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0055205.