Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 524 Großkarlbach, kath. Pfarrkirche, aus Kloster Mariamünster 1583/1596

Beschreibung

Bildbeischrift(?), Spruch- und Stifterinschriften der Kanzel. Innen an der Nordwand, aus Kloster Mariamünster.1) Auf dem fünfseitigen hölzernen Schalldeckel umlaufende Inschrift (A) in Gold auf schwarzem Hintergrund, Kassetten der Unterseite farblich gefaßt. Das polygone Korpus der Kanzel steht auf einem Pfeilerbündel; seine Seiten, hochrechteckige Felder mit farblich gefaßten Reliefs auf rotem Sandstein, zeigen von rechts unter einem Wappen die Lactatio Mariens und den hl. Bernhard von Clairvaux mit aufwendigem Abtstab und Spruchband (B); einen wappenhaltenden Engel über einer Rollwerktafel mit Puttokopf und vier Inschriftenzeilen (C); die drachentötende hl. Margarethe, gekrönt, mit Buch und Stabkreuz, seitlich Äbtissinenstab mit Wappen, über rosettengeschmückter Tafel mit fünf Inschriftenzeilen des Stifters (D), darunter eine Löwenmaske; den hl. Paulus mit Buch und Schwert. Die schwarz-weiß kontrastierende Fassung der Schrift nicht immer geglückt.

Maße: H.(Deckel) 26, B.(Deckel) 180, H.(Korpus) 120, B.(Korpus) 53-67, Bu. 5 (A), 2,2-2,5 (B), 3,5-4 (C), 2,5 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/6]

  1. A

    DVM : VENIO : AT/TENDE : LECTIONI : / : EXHORTATIONI : / ET : DOCTRINAE / I : TIMOTH · · A(NN)o D(OMINI) 1583

  2. B

    MONSTRA · TEa) · · · / ESSE · MATREM

  3. C

    QVEM · DEVS · AETERNA · FA/CIAT · VIRTVTE · VIRENTEM · /IMMARCESCIBILIS · PALMAM · / CONTINGERE · VITAE

  4. D

    MILLEb) · ET · QVINGENTI · NONAGINTAb) · SEXQ(VE)c) STETER(VNT)d) /ANNI · MARGRITA · PIAe) · CLAVSTRA · REGENTE · SIBERTIN /MELCHIOR · INSIGNIS · GOTFRIDI · RECTOR ET · AEDIS /SVGGESTV(V) · CAPTVS · CO(N)STRVXIT · AMORE · PATRONI /BERNHARDI · AERE SVO · NON PARVA · LAVDE · VEREND(VS)

Übersetzung:

Bis ich komme, halte an mit Lesen, Ermahnen und Lehren.2) – Zeige, daß du die Mutter bist. – Ihn lasse Gott in immerwährender Tugend erblühen und die Palme des ewigen Lebens erlangen. – Tausend und fünfhundertneunzig und sechs Jahre standen still; da baute, als Margarethe das fromme Kloster leitete, Sibertin Melchior, des ausgezeichneten Gottfried (Sohn) und Leiter des Gotteshauses, mit eigenen Mitteln die Kanzel, ergriffen von der Liebe zum Schutzherrn Bernhard; er ist mit nicht geringem Lob zu ehren.

Wappen:
Zisterzienser (Mariamünster); Monogramm Mariae;? (griech. Kreuz).

Kommentar

Die beiden Inschriften auf den Tafeln weisen durch gehäufte Ligaturen und einbeschriebene Buchstaben sehr unruhige und in gewissem Maß verwirrende Schriftbilder auf. Aus dem üblichen Formenkanon der schlanken Kapitalis fallen gelegentliche epsilonförmige E heraus. Bei der farblichen Auszeichnung wurden nicht alle Striche nachgezogen, so daß die heutige äußere Form an mehreren Stellen täuscht; es fehlen etwa Cauden von G und Q und Kürzungsstriche, die im Stein vorhanden sind.

Die reich ausgestattete Kanzel aus dem Wormser Zisterzienserkloster Mariamünster wiederholt eine ebenfalls von dort stammende Lactatio Mariens3) und kombiniert sie mit homiletischen Elementen (A, C), einem Marienwappen und einer Stifterinschrift,4) die mit einem persönlichen Motiv, nämlich der Darstellung der Namenspatronin einer amtierenden Äbtissin Margarethe verbunden ist. Nach freilich nicht fehlerfreien Listen müßte das Margarethe Seyfrid gewesen sein.5) Das Kreuzwappen des Stabes ist aber wohl nicht ihr Familienwappen, sondern nur christliches Symbol.

Die Stifterinschrift nimmt in komplizierter Diktion die Hexameter des Spruches auf, ohne die Sachinformationen in ein sauber gestaltetes Metrum zwängen zu können.

Textkritischer Apparat

  1. Wie beim älteren Bildnis fast scriptura continua, vgl. Nr. 570.
  2. I einbeschrieben.
  3. Q(VE) als OB zu STETER gezogen in Kdm.
  4. Das abschließende kleine Zeichen als Kürzung gedeutet. Für den Hexameter könnte man sich auch STETER(E) vorstellen, die Silbe QVE wohl vernachlässigt.
  5. Die weiße Nachzeichnung hat E in A einbeschrieben, nicht I.

Anmerkungen

  1. Kdm. in Übereinstimmung mit der Darstellung, vgl. auch Nr. 570.
  2. I Tim. 4,13.
  3. Vgl. zu Darstellung und Quellen Nr. 570.
  4. Bei den Übersetzungen half Herr Prof. Dr. Otto Zwierlein, Philologisches Seminar der Universität Bonn.
  5. Schannat, Hist. ep. Worm. I 181f., vgl. auch zur Grabplatte der Margarethe Kissel von 1590 Nr. 539.

Nachweise

  1. Kdm. Frankenthal 237f. u. Abb. 181f.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 524 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0052409.