Inschriftenkatalog: Stadt Worms
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 29: Worms (1991)
Nr. 451† Dom, Kreuzgang (1543)/1550/1551
Beschreibung
Epitaph des Wormser Domkustos und Domkanonikers in Mainz und Würzburg Lorenz Truchseß von Pommersfelden, gleichzeitig auch Epitaph des Domkantors Heinrich von Schaumberg. Im Kreuzgangsüdflügel?1) Steinbildwerk mit Darstellung der hl. Dreifaltigkeit; davon seitlich Figuren der beiden knienden Geistlichen, Truchseß rechts, Schaumberg links mit ihren Stammwappen; unter ihnen quer Inschrift (C). In einer Sockelzone Sterbeinschriften jeweils unter die Figuren gesetzt (A,B), darüber hexametrische Spruchinschrift (D), im oberen Bogenabschluß Bibelspruch (E).
Nach Hertzog, ergänzt mit Helwich.
Schriftart(en): Kapitalis.2)
- A
REVERENDO ET NOBILI VIRO LAVRENTIO TRVCHSES A BOMERSFELDENa), HVIVS CVSTODI, MOGVNT(INENSIS) ET HERBIPOLENS(IS) ECCLESIARVM CANONICO JVBILARIO, PER VARIA FORTVNAE LVDIBRIA EXERCITO AMICI POSVERVNT MONVMENTVM. MORITVR HERBIPOLI ANNO DOMINI M.D.XLIII XX. DECEMBRIS ET IBIDEM SEPVLTVRAE TRADITVR, CVIVS ANIMA DEO VIVAT.
- B
REVERENDVS ET NOBILIS VIR D(OMI)NVS HENRICVS A SCHAWENBORG, HVIVS ECCLESIAE CANTOR ET CANONICVS JVBILARIVS, POST XVI A SE CELEBRATVM JVBILARIVM ANNVM VIVVS ET BENEVALENS HOCCE SIBI MONVMENTVM FIERI CVRAVIT. MORITVR ANNO D(OMI)NI M.D.〈LI〉 DIE 〈XII.〉 MENSIS 〈FEBRVARII〉,b) HIC IN PROXIMA AREA SEPELITVR,c) COMMVNEM VNIVERSAE CARNIS RESVRRECTIONEM EXPECTANS, CVIVS ANIMA DEO VIVAT.
- C
VT IN VITA SVA DILEXERVNT SE, ITA ET IN MONVMENTO NOLVERVNT SEPARARI.
- D
OMNIS IN HOC VANAE RECIDIT VAGAd) GLORIA CARNIS.
- E
VOS AVTEM SACERDOTES DOMINI VOCABIMINI ET MINISTRI DEI NOSTRI.3)
Übersetzung:
Dem ehrwürdigen und edlen Mann, Herrn Lorenz Truchseß von Pommersfelden, dieser Kirche Kustos und der Mainzer und Würzburger Kirchen Jubilarkanoniker, von verschiedenem Blendwerk des Schicksals geprüft, errichteten die Freunde dieses Denkmal. Er starb in Würzburg im Jahre des Herrn 1543 am 20. Dezember und wurde ebendort dem Grabe übergeben. Seine Seele lebe in Gott. – Der ehrwürdige und edle Mann, Herr Heinrich von Schaumberg, Kantor und Jubilarkanoniker dieser Kirche, stellte sich dieses Denkmal zu Lebzeiten und bei bester Gesundheit im 16. Jahr nach der Feier seines Jubiläums. Er starb im Jahre des Herrn 1551 am 12. Tag des Monats Februar; bestattet wurde er unmittelbar daneben, die gemeinsame Auferstehung allen Fleisches erwartend. Seine Seele lebe in Gott. – Wie sie sich in ihrem Leben schätzten, so wollten sie auch im Denkmal nicht getrennt sein. – Aller unstete Ruhm des eitlen Fleisches vergeht in diesem Grab. – Ihr werdet Priester des Herrn heißen und Diener unseres Gottes.
Truchseß von Pommersfelden; Schaumberg.4) |
Truchseß von Pommersfelden, Schaumberg; Aurach, Pfaffenbalck. |
Schaumberg, Thüngen; Hutten, Sparneck. |
Textkritischer Apparat
- TRVCHSES DE BOMMERSFELT Helwich, Schannat; DRVCHSES à BOMERSFELDEN. Wickenburg.
- Unmittelbar danach fährt Hertzog fort mit CVIVS ANIMA ....
- SEPVLTVS Helwich, Schannat.
- Sic; VASA Hertzog, Schmitt; IN HAC ... VAGA Wickenburg. Derselbe Hexameter mit Totenschädel auf dem Epitaph des Würzburger Dompropstes Kilian von Bibra (†1494), DI XXVII (Würzburg) Nr. 341.
Anmerkungen
- Schmitt.
- Hertzog: „mit Universalbuchstaben“.
- Is. 61,6.
- Die Ahnenwappen nach Helwich.
- Zur ersten Bepfründung Hartmann, Domherren 158.
- O. Frhr. v. Schaumberg, [Stammfolgen des uradelig fränkischen Geschlechts von Schaumberg], Bamberg 1953, Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, H.-B. 709/3, Stammfolge IV.
- Vgl. Nr. 393.
- Aus Schannat, Hist. ep. Worm. I 82 las Schmitt, Bildwerke 281 das Todesjahr 1527 ab.
- Hartmann, Domherren 158 u. Kißling 5f. sowie Fouquet, Speyerer Domkapitel II 835f.; dort auch zu Karriere und kleineren Pfründen. Seine Jubiläen feierte er freilich schon 1532, vgl. Kißling 189 u. 195.
- Nr. 417. Salbuch Domstift 65: silbervergoldetes „receptaculum sacrarium reliquiarum“ von 7 Mark Gewicht und eine Kasel.
- Kißling 26f., 93ff.
- Ebd. 198 mit Inschrift einer zu Lebzeiten gesetzten und noch vorhandenen Bronzeplatte; Totenschild ehemals im Mainzer Dom, vgl. DI II (Mainz) Nr. 395. Er starb übrigens während einer Epidemie als einer der wenigen in Würzburg zurückgebliebenen Kleriker, vgl. Urkunden und Regesten zur Geschichte der Augustinerklöster Würzburg und Münnerstadt von den Anfängen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts I, bearbeitet von A. Zumkesser (Regesta Herbipolensia 5) Würzburg 1966, Nr. 523.
- Salbuch Domstift 71f.
- Toepke I 383.
Nachweise
- Hertzog, Beschreibung I 2 fol. 234r-v Nr. XIII.
- Helwich, Syntagma 11f. (A,B).
- Schannat, Hist. ep. Worm. I 87 u. 94 (A,B).
- Wickenburg II 158f. (A,B,D).
- Kißling, Lorenz Truchseß 198.
- Schmitt, Bildwerke 301f. Nr. 16.
Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 451† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0045109.
Kommentar
Die Konzeption des Denkmals, die auch inschriftlich in C bestätigt wird, lief bei der Herstellung auf ein doppeltes hinaus, so daß man das Ganze als eine gemeinsame Stiftung Heinrichs von Schaumberg und anderer Freunde des Lorenz Truchseß verstehen muß. Als Anhaltspunkt für die Entstehung oder wenigstens den Auftrag an den unbekannten Verfertiger dienen die Angaben der zweiten Sterbenachricht: Der Auftrag erging im 16. Jahr nach dem Jubeljahr Heinrichs, also noch 1550 oder zu Anfang von 1551, da die erste Bepfründung 1485 geschah und die Jubelfeier 1534/35 anzusetzen ist.5) Wegen der Bemerkung „vivus et benevalens“ ist 1550 sogar wahrscheinlicher.
Heinrich von Schaumberg, Sohn des Heinz und der Anna von Hutten,6) hatte während seines Dekanats zur Erbauung des Kreuzganges beigetragen, wie ein Schlußstein von 1516 nahelegt;7) er starb nicht schon 1527, als er nur die Dekanswürde niederlegte.8) Lorenz Truchseß von Pommersfelden, geboren am 8. August 1473 als Sohn Albrechts und der Margarethe oder Katharina von Aurach, erhielt nach Studium in Heidelberg 1486 in Worms und Würzburg und 1487 in Mainz Installationen auf Domkanonikate sowie 1522-1524 eine kurzfristige Bepfründung in Speyer;9) er stiftete 1528 wohl für Worms eine Monstranz.10) Als Mainzer Domdekan war er maßgeblich bei der Kaiserwahl von 1519 und an der gegenreformatorischen Politik in Mainz beteiligt; seine Einkünfte flossen reich in Kunstund Literatursammlungen.11) Nach schwerwiegenden Differenzen mit Erzbischof Albrecht starb Lorenz Truchseß im Würzburger Exil und wurde auf eigenen Wunsch dort begraben.12) Der Wunsch, ein gemeinsames Denkmal zu besitzen, wurde im Salbuch dafür angeführt, den Anniversartag des Lorenz Truchseß auf den 8. Februar, nämlich den Heinrichs von Schaumburg, zu verlegen.13) Beide Verstorbene hatten sich übrigens am selben Tage, am 19. Juni 1486, in die Heidelberger Matrikel eingeschrieben.14)