Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 347 Speyer, Historisches Museum der Pfalz, aus Liebfrauenstift? 4.V.15. Jh.?

Beschreibung

Spruchinschrift/Bildbeischrift auf der Rückwand eines dreiflügligen Altarschreines. Im spätgotischen Saal, angeblich aus der Wormser Liebfrauenkirche.1) Drei Kiefernholzplatten mit Temperabemalung, Stöße mit Leinwand überzogen, Grundton grün. Vor spätgotischem Ranken- und Blattwerkhintergrund links die hl. Veronica mit Schweißtuch, in der Mitte Schmerzensmann, rechts der hl. Sebastian als junger, modisch gekleideter Ritter mit Geißel und Rutenbündel. Über dem Heiland einzeilige Inschrift am oberen Rand der Tafel, rechts letztes Wort senkrecht nach unten geschrieben. Bestoßen und v.a. oben abgeschliffen, Schrift im oberen Drittel beschädigt.

Maße: H. (Mitte) 173, B. 270, H. (Seiten) 167, B. 47,5, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/2]

  1. mensch getenck ana) mich vnda) an die grose marter die ich geliten han vurb) / dichb)

Kommentar

Die 1874 von Bildhauer Renn in Speyer geschenkten Holztafeln stammen angeblich aus der Liebfrauenkirche in Worms.1) Für diese Kirche ist freilich kein Altar mit den passenden Patrozinien überliefert, so daß eine Zuschreibung für die Liebfrauenkirche in Landau nicht von der Hand zu weisen ist, da dort eine Sebastiansbruderschaft einen Altar ihres Patrons gestiftet hatte und eine vage Überlieferung „Liebfrauenkirche“ vielleicht voreilig auf die bekanntere Wormser Stiftskirche übertragen wurde.2)

Die Altarrückwand wird um 1470/80 datiert und dem Meister des Wolfskehlaltars3) oder einem Nachfolger in jener Werkstatt zugeschrieben.4) Diesem Ansatz widerspricht die jüngste Datierung des Wolfskehlaltars auf um 1490 und die Zuschreibung der Figurenmalerei an den Schnitzmeister.5)

Schmerzensmann und Tuch der Veronika wurden im 15. Jahrhundert häufig kombiniert und gehen auf ostkirchliche Bilderverehrung zurück.6) Der Spruch „Mensch, denk am mich, wie ich gelitten hab durch dich“ begleitet auch das Schmerzensmannbild des niederländischen Malers Geertgen tot Sint Jans (um 1490) in der Willibrordkirche zu Lüttich.7)

Textkritischer Apparat

  1. im leben din Inventar BS 3059 u. folgende, Frommberger-Weber.
  2. am / creuz Inventar BS 3059 u. folgende, Frommberger-Weber.

Anmerkungen

  1. Inventar BS 3059.
  2. Frommberger-Weber 74.
  3. Inventar BS 3059. Alle älteren genannten Titel datieren auf 1501.
  4. A. Stange, Deutsche Malerei der Gotik. Oberrhein, Bodensee, Schweiz und Mittelrhein in der Zeit von 1450 bis 1500 (Deutsche Malerei der Gotik 7). München/Berlin 1955, 97.
  5. Frommberger-Weber 74, freilich ohne Diskussion der Meisterfrage und der Datierung; Anklänge an den Stil des Hausbuchmeisters sah Hotz.
  6. W. Mersmann, Der Schmerzensmann (Lukas-Bücherei zur christlichen Ikonographie 4) Düsseldorf 1952, IXf.
  7. Ebd. XXIIf. u. Abb. 22.

Nachweise

  1. Inventar des Historischen Museums der Pfalz, Speyer, BS 3059.
  2. Führer durch das Historische Museum der Pfalz zu Speyer. Speyer 1910, 25.
  3. Sprater, Kurzer Führer 15.
  4. Katalog der Gemäldegalerie des Historischen Museums der Pfalz zu Speyer. Speyer 1910, 28 Nr. 563.
  5. Alte Kunst am Mittelrhein 74 Nr. 332f.
  6. A. Tschirner, Alt-Wormser kirchliche Kunstwerke in der Pfalz, in: Heimat am Rhein Nr. 3 vom 18. Mai 1929 S. 21.
  7. Hotz, Hausbuchmeister 112 Anm. 88.
  8. U. Frommberger-Weber, Spätgotische Tafelmalerei in den Städten Speyer, Worms und Heidelberg (1440-1500), in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 14 (1974) 73f.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 347 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0034708.