Inschriftenkatalog: Stadt Worms
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 29: Worms (1991)
Nr. 284† Worms-Neuhausen, Cyriakusstift (M.9. Jh.?)/um 1479?
Beschreibung
Spruchinschrift bei einer Darstellung des Christus Salvator. Beim Eingang der Kirche des Cyriakusstiftes, im Paradies.1)
Nach Jüngerer Bischofchronik im Chronicon Wormatiense.
En mare, terra, poli suberunt mihi subdita soli.Tempora trina rego,a) trinus et unus ego.Est nova digna domus, regit hanc sanctus Ciriacus.Qui regit, is regitur, sed rego solus ego.b)
Übersetzung:
Siehe, das Meer, das Land und der Himmel werden zu dem gehören, was mir allein untertan ist. Dreifache Zeiten beherrsche ich, dreifach und eins bin ich. Es ist ein neues würdiges Haus, der hl. Cyriakus regiert es. Wer lenkt, wird beherrscht, doch ich bin der einzige, der herrscht.
Textkritischer Apparat
- Nach Brusch u. Zorn-Wilck, rogo in Bischofschronik.
- Letzte Zeile nach Brusch, Wormser Bischofschronik, Zorn-Wilck u. Kraus.
Anmerkungen
- Lateinische Bistumschronik: „super januam ecclesie Nuhausen“; Brusch: „in introitu templi sub paradiso adstat salvator cum tali inscriptione vetustissima“.
- Villinger 13f., 31ff. u. vorangehende Nrr.
- Ebd.
- Villinger 54 u. Abb. 3.
- Villinger 32f. u. Abb. 2 u. 4f.
- Vgl. Nr. 594.
Nachweise
- Jüngere Bischofschronik im Chronicon Wormatiense saeculi XV 23*.
- Chronicus liber antistitum fol. 9v.
- Lateinische Bistumschronik fol. 12v.
- Brusch, Epitomes I fol. 108.
- Wormser Bischofschronik fol. 25v.
- Zorn-Wilck (W) 624, (M) 753.
- Kraus, Christliche Inschriften II 83 Nr. 185.
- Villinger, Beiträge Neuhausen 73 Nr. 9.
Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 284† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0028406.
Kommentar
Der wie die Inschrift am Eingang und über dem Altar in durchaus verdächtigem Zusammenhang überlieferte Spruch bei der Salvatordarstellung wird anläßlich der Gründung und Weihe des Cyriakusstiftes durch den Wormser Bischof Samuel im Jahre 847 zitiert.2) Die Anbringung der leoninischen Distichen ist freilich am besten vorstellbar im Zuge einer Neugestaltung des Kircheninneren nach den Zerstörungen von 1460,3) wenngleich die dritte Zeile mit der schon 1253 belegten Siegelumschrift übereinstimmt4) und Neuhausener Salvatordarstellungen u.a. im Evangelistar von 1197 und auf dem Siegel von 1242 bekannt sind.5) Wenn die Datierung der Inschrift wirklich weit nach der Mitte des 9. Jahrhunderts liegt, rückten die Gewährsleute sie dann lediglich in den ihnen bekannten Gründungszeitraum.
Fast identische Verse sind für 1601 am Westportal der Pauluskirche bezeugt;6) die beiden Stifte verband nicht nur Alter und Ansehen, sondern auch eine durchaus ähnliche Entstehungstradition als bischöfliche Gründung aus einem weltlichen Herrschaftszentrum heraus.