Inschriftenkatalog: Stadt Worms
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 29: Worms (1991)
Nr. 251 Stadtmuseum, aus Pfarrkirche? 1458/1481
Beschreibung
Grabplatte des Wormser Bürgers Friedrich Hamann und in Zweitverwendung des Bürgermeisters Johann Wolf gen. Kobel, beide auch Kirchengeschworene. Südlicher Stein im Boden der 1. Nische des Kreuzgangsüdflügels, früher im großherzoglichen Kreisamt, d.i. die alte Dompropstei,1) aus einer Pfarrkirche. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien (A); im Feld oben zwei erhabene Wappen, darunter zweite Umschrift (B), die mit vier Zeilen im Mittelfeld fortgesetzt wird. Abgetreten, bestoßen und teilweise stark abgewittert. Als Worttrenner paragraphenförmig ausgezogene Punkte.
Maße: H. 246, B. 120, Bu. 7,3 (A), 11-13 cm (B).
Schriftart(en): Gotische Majuskel, spät (A), sehr spät (B).
- A
ANNO · D(OMI)NI · M · CC/CC · LVIII · XVa) · DIE · ME(N)S(IS) · APP(RI)LI(S)b) · O(BIIT) · FRI[.] / HAN[M]ANc) · SE(N)IOR · / CIVIS · WORM(ATIENSIS) · ET · JVRAT(VS) · H(VIVS) · ECC(LESI)E · C(VIVS) · A(NIMA) · R(EQVIESCAT) · I(N) · P(ACE) ·
- B
AN(N)O · D(OMI)NI · M / CCCC · LXXXI XXV · AVGVSTI · / O(BIIT) · HERd) · JOHA(NN) / WOLF · GENA(N)T · KOBEL · P(RO)/CO(N)SVLe) · W/OR(MA)CIE(N)S(IS) [ET] / JVRAT(VS) · H(VIVS) · / ECC(LESI)E ·
Wolf? (Wolf und Wolfsangel im Andreaskreuz),? (gestürzter Anker?). |
Textkritischer Apparat
- X · X zu IN verbessert Mus.Inv.
- AN ebd.; weitere Varianten nur noch ausgewählt.
- FRI./DAMM Kdm. FRIE./... Mus.Inv. FRI auf Foto StA Worms Neg.Nr. F 1767/39 noch erkennbar.
- DER Mus.Inv.
- Fehlt PRO Kdm.
Anmerkungen
- Kdm.; Alte Aufzeichnungen Nr. 81: Stadtbibliothek, ebenso Aufstellungsplan mittelalterlicher Grabplatten Nr. 13, nur Zwischenstationen nach ersten Bergungen des Altertumsvereins.
- Vgl. oben S. LXII.
- Wormser Urkunden Nr. 330 u. 475.
- Boos, Städtekultur II 345-347.
- Wormser Urkunden Nr. 474 u. 552; Dalberger Urkunden Nr. 338.
- Boos, Quellen III 661.
- Vgl. oben S. XXVIII.
Nachweise
- Kdm. Worms 267.
- Mus.Inv. MG Nr. 13.
Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 251 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0025105.
Kommentar
Die sehr schlanken gotischen Majuskeln weisen die für Wormser Belege typischen Formen auf, variieren aber in der zweiten Umschrift stark hinsichtlich der Größe. Das A ohne Trabs mit geschwelltem linken Bogen und die hohen wenig gekrümmten C sowie die Ligaturen aus dem E leiten schon zu den sehr späten Wormser Formen über.2)
Die freilich hypothetische Lesung des Namens des zuerst Bestatteten geht von markanten Buchstabenresten, der Deduktion der Verlesung im Kdm. und der Überlegung aus, daß ein „senior cives“ urkundlich nachweisbar sein müßte. Alle drei Bedingungen werden von der vorgeschlagenen Lesung erfüllt; bei der Buchstabenrekonstruktion lassen sich Differenzierungen anhand einer fiktiven zur Mittelachse der Buchstabenhöhe höher oder tiefer liegenden Achse treffen, die durch den Scheitelpunkt der Bogenschwellungen gedacht wird und so besonders N von D unterscheiden hilft.
Friedrich/Fritz Hamann ist als Schöffe zwischen 1431 und 1446 urkundlich nachweisbar;3) auch gehörte er in den Jahren 1429/30 und 1430/31 dem Rat an.4) Johann Wolf gen. Kobel, Bürgermeister und Ratsherr, ist zwischen 1446 und 1457 urkundlich genannt;5) 1464 und 1473 war er Bürgermeister der Stadt Worms.6) Obwohl eine Verwandtschaft unbekannten Grades nicht nachweisbar ist, muß eine solche angenommen werden, da anderenfalls die Wiederverwendung kaum zu erklären ist. Die erhabenen, die obere Hälfte des Mittelfeldes ausfüllenden Wappen wurden schon zusammen mit der älteren Inschrift angefertigt und gehören daher zur Grabplatte Friedrich Hamanns. Im linken Wappen ist aber bezeichnenderweise ein Wolf als Schildfigur enthalten; daher könnte ein Ahnen- oder Ehewappen Hamanns aus der Familie des nachbestatteten Johann Wolf stammen.
Die im ehemaligen Großherzoglichen Kreisamt, früher die Dompropstei, vom Kdm. überlieferten Steine sind nicht durchgängig einem Standort zuzuordnen, stammen aber wohl aus Kirchen, die im 19. Jahrhundert zerstört oder anderen Zwecken zugeführt wurden;7) der vorliegende Stein muß aus dem Bereich einer der Pfarrkirchen stammen, darauf weist jedenfalls der Titel „Kirchengeschworener“ hin.