Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 133 Weckerlingplatz 8, aus Andreasstift(?) M. 14. Jh./4.V.14. Jh.

Beschreibung

Grabplatte eines Kanonikers, Verwandter eines Anselm und in Zweitverwendung wohl eines Anselm aus derselben Familie. In die Gartenmauer des Anwesens Weckerlingplatz 8 eingelassen. Ehemals rechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien (A), innerhalb zweite Inschrift nach innen durch Linie abgegrenzt (B). Nur linke obere Ecke erhalten, Oberfläche punziert.

Maße: H.(erh.) 120, B.(erh.) 34, Bu. 9 (A), 7 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A,B).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Rüdiger Fuchs) [1/1]

  1. A

    + AN[(N)O ...... / ................ / ............ / ......] ANSH(E)LMI CAN(ONICUS) H(UIUS) ECC(LESI)E

  2. B

    + A[NNO .... / ................ / .......... / ....AN]SH(E)LM(US) · CAN(ONICUS) · H(UIUS) · ECC(LESI)E

Kommentar

Für die Identifizierung der beiden Verstorbenen kann angesichts der spärlichen Reste nur wenig beigetragen werden. Die Nähe des Fundortes zum alten Andreasstift legt nahe, die beiden anscheinend verwandten Kleriker unter dessen Angehörigen zu suchen. Die durch die Punzierung nur schemenhaft erkennbaren Buchstaben, deren Haarstriche so gut wie verloren sind, stammen aus dem 14. Jahrhundert, und zwar die der äußeren Umschrift aus der Mitte, die der inneren aus der späten zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Die äußeren Majuskeln weisen eine schlanke Proportion auf, die frühestens auf der Grabplatte der Guda Kämmerer von Worms (†1346) begegnet.1) Die späteren sind mit deutlich stärkeren Schwellungen und Bogenkrümmungen versehen und wirken daher gedrungener; an Einzelformen fallen pseudounziales A und E mit Einzug für eine Datierung in das letzte Viertel bis Ende des 14. Jahrhundert ins Gewicht.2)

Ein Kanoniker namens Anselm ist in Worms nur im Andreasstift für 1345 bekannt;3) bei diesem Anselm von Jugenheim könnte es sich um den zuerst Verstorbenen der Grabplatte handeln, wenn man den Genetiv ANSELMI patronymisch versteht; der Nachbestattete müßte wegen Namensgleichheit und nur geringem Zeitabstand von weniger als zwei Generationen ein Verwandter gewesen sein, da Kollegialität nur in Ausnahmefällen zu kurzfristigen Nachbestattungen führte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 127.
  2. Noch nicht die sogenannte „hohe Form“, vgl. zum Problem der Proportion gotischer Majuskeln oben S. LXI.
  3. Boos, UB II 249 Nr. 353 von 1345 eine Anniversarstiftung u.a. zugunsten Anselms, der wie der ebenfalls bedachte Wilhelm von Wattenheim wohl schon verstorben war.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 133 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0013300.